Das Zusammenspiel aus fragiler Staatlichkeit, der Ausbreitung von Extremismus und organisierter Kriminalität destabilisiert immer mehr Länder in Westafrika. Während der Blick der meisten westlichen Akteure vor allem auf Mali und Niger gerichtet ist, breiten sich Terror und Instabilität weiter Richtung Süden aus. Welche Folgen das haben kann, macht das Beispiel Burkina Faso deutlich.
Mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert sich aktuell die Sicherheitslage in Westafrika – einer Region, in der sich zahlreiche fragile Staaten finden. Inwieweit schwache Regierungsführung in westafrikanischen Ländern ausgeprägt ist, verdeutlicht der Fragile States Index 2021 des Fund for Peace, einer US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation, die sich mit Konfliktbewertung und Frühwarnsystemen beschäftigt. Je weiter oben ein Staat auf der Liste rangiert, desto gefährdeter ist er hinsichtlich eines Verfalls staatlicher Strukturen. Unter insgesamt 179 Staaten finden sich hier zahlreiche zentral- und westafrikanische Nationen auf den oberen Rängen: die Demokratische Republik Kongo (5), die Zentralafrikanische Republik (6), der Tschad (7), Nigeria (12), Kamerun (15), Mali (19), Niger (21), und Burkina Faso (36). Das Governance-Vakuum, das in diesen Ländern vorherrscht, zieht ein der Terrorismusforschung bekanntes Phänomen nach sich, für das die fragile Sicherheitslage in Westafrika geradezu exemplarisch steht: Islamistische und andere extremistische Gruppierungen nutzen das existierende Machtvakuum und den Mangel an staatlicher Handlungsfähigkeit aus, indem sie sich der lokalen Zivilbevölkerung als alternative Anbieter staatlicher Dienstleistungen präsentieren. Die Grenze, an der schwache legitime Regierungsführung endet und die wachsende Macht der Terrornetzwerke beginnt, ist fließend. Dadurch erhöht sich die Verfallsgeschwindigkeit der Sicherheitslage und der politischen Stabilität in vielen Staaten Westafrikas rapide. Doch wie kommt es zu dieser Abwärtsspirale?
Akteure der organisierten Kriminalität und nichtstaatliche bewaffnete Gruppierungen gewinnen in vielen Ländern Westafrikas in der Bevölkerung an Macht und Einfluss. Das gilt vor allem für ISWAP (Islamic State West Africa Province), den westafrikanischen Ableger des Islamischen Staats (IS), aber auch für unzählige militante Gruppierungen in den Grenzregionen, die teilweise nur schwer voneinander abzugrenzen sind. Die Reichweite des IS erstreckt sich dabei mittlerweile auf große Teile des afrikanischen Kontinents. Die Terrorgruppe erlebt nach ihrem Niedergang im Irak und in Syrien geradezu eine Renaissance auf dem Nachbarkontinent, wo sie erfolgreich mit Boko Haram und al-Qaida konkurriert. Laut dem Global Terrorism Index 2022 (GTI), der vom Institute for Economics & Peace (IEP) erstellt wird und 163 Länder und damit 99,7 Prozent der Weltbevölkerung abdeckt, entwickelt sich Subsahara-Afrika zum globalen Epizentrum des Terrorismus. So entfallen mittlerweile 48 Prozent der weltweiten durch Terroristen verursachten Todesfälle auf Afrika südlich der Sahara, wobei die Sahelzone die Region ist, in der sich die am schnellsten wachsenden Terrorgruppen befinden – angeführt von ISWAP, der mittlerweile tödlichsten Terrorgruppe der Welt.
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