Afrika-Videotipp/ARD Weltspiegel: Südafrika – Jagd auf Kakteen-Schmuggler

Afrika-Videotipp/ARD Weltspiegel: Südafrika - Jagd auf Kakteen-Schmuggler
Gefasst und verurteilt werden meist nur die einheimischen Wilderer. | Bild: NDR

Es ist ein weltweites Milliardengeschäft, der Schmuggel von Sukkulenten. Sukkulenten, etwa Agaven oder Kakteen, sind saftreiche Pflanzen, die an besonders trockene Klima- und Bodenverhältnisse angepasst sind. Sie wachsen nur langsam und viele von ihnen sind selten und streng geschützt. Gerade das macht sie wertvoll für Interessenten, besonders in Europa und Asien.

Das Leben hat es nicht leicht in Namaqualand, einer Halbwüste im Nordwesten Südafrikas. Es herrscht extreme Hitze, kaum Regen. Was hier wächst, muss widerstandsfähig sein. Wie unscheinbare Sukkulenten, „lebende Steine“. Sie nutzen den Tau, der zwischen den Quarzsteinchen gespeichert wird und den Nebel, der manchmal ein wenig Feuchtigkeit bringt. Sie wachsen nur langsam, manche werden Hunderte von Jahren alt. „Das ist wirklich eine Pflanze, die dir zeigt, dass sie viel aushält, dass sie mit ganz wenig Wasser, fast ohne Regen überlebt“, Wynand Pieters vom Knersvlakte-Naturpark, Westkap-Provinz.

Wilderei bedroht Sukkulenten-Arten massiv
Die Ranger im Knersvlakte-Naturpark sind für ein Gebiet von der Größe Berlins zuständig. Sie versuchen, dieses einmalige Ökosystem zu erhalten und zu schützen. Denn von den 190 Arten, die nur hier wachsen, sind durch Wilderer 80 Prozent vom Aussterben bedroht. Die kommen in immer größerer Zahl, reißen Tausende von Pflanzen aus, um einen internationalen Markt zu bedienen, der stetig wächst. „Es ist etwas, was die Leute wollen. Sie wollen das, sie wollen diese Pflanzen sehen, die in einer solchen Umgebung wachsen und gewissermaßen leiden. Es ist eine spezielle Geschichte, die sie über diese Pflanzen erzählen können. Es ist etwas, das seit drei Jahren drastisch zunimmt“, erklärt Zanne Brink vom Knersvlakte-Naturpark.

Dass sie unter schwierigsten Bedingungen überleben, macht sie so attraktiv. Eine Geschichte, die typisch ist für diesen kargen Landstrich, wo kilometerweit keine menschliche Siedlung zu finden ist, die wenigen Farmen weit auseinander liegen. Kobus Visser hält Schafe. „Wenn du hier Landwirtschaft betreiben willst“, sagt er, „musst die die Augen immer auf den Boden richten. Sehen was wächst. Dass nicht zu viele Schafe auf zu engem Raum stehen und die wenigen Pflanzen ausreißen, statt sie nur abzufressen.“

Visser wirtschaftet nachhaltig. Der Boden verzeiht keine Fehler. Und er weiß um die Bedeutung der Sukkulenten für das Ökosystem. Wenn sie fehlen, ist das ganze System gefährdet, der Boden erodiert, das Land wird zur Wüste. Die Wilderer gefährden alles. „Es gibt Leute, die sagen, dass das Wildern von Nashörnern oder von Meerohren nichts ist im Vergleich zu dem, was hier passiert. Das ist so schlimm, dass es die Art, wie die Menschen hier leben, verändern wird. Mein nächster Nachbar wohnt 14 Kilometer entfernt. Die Wilderer gefährden meine Sicherheit, wir sind die meiste Zeit allein hier auf unserem Land.“

Polizei rüstet auf – gegen Wilderer und zum Schutz der Farmer
Die Wilderer seien immer häufiger bewaffnet, sagt Visser. Auch die Polizei rüstet auf, um die Pflanzen und die Farmer zu schützen. Aber sie sind viel zu wenige für das riesige Gebiet, das sie überwachen. Hier in Springbok planen sie heute Nacht eine Straßensperre. Es geht mitten rein in die Halbwüste, zu den Hotspots.

Anfangs kamen die Wilderer aus dem Ausland. Seit den Reisebeschränkungen durch Covid machen Einheimische den Job. Und die kennen die Gegend und die Kniffe der Polizei. Karel Du Toit und seine Leute bekommen es heute Nacht zu spüren. Ihre Falle schnappt nicht zu, kein einziges Auto kommt vorbei. Nach ein paar Stunden brechen sie ihre Aktion ab. Sie sind trotzdem nicht frustriert. „Meine Leute sind zuversichtlich, die Wilderei zu stoppen, heute zum Beispiel sind die K9-Leute hier und meine Einheit. Alle sind wirklich optimistisch, man sieht, wie engagiert sie sind. Man hat nicht jede Nacht Erfolg, aber sie wollen den Wilderern unbedingt das Handwerk legen.“

Milliardengeschäft Sukkulenten-Schmuggel
Ein paar Kilometer weiter südlich waren seine Kollegen erfolgreicher. Vormittags um halb zehn schon zwei Festnahmen, die Polizisten haben Säcke mit Tausenden von Pflanzen beschlagnahmt, ein Wilderer wartet auf seine Vernehmung. Und draußen telefoniert der Captain schon wegen des nächsten Falls. Auch Karel Du Toit bereitet sich auf einen Erfolg vor. Er ist als Zeuge zu einem Prozess geladen, bei dem es um Haftstrafen geht. „Wir gehen hin, um über die Umstände der Taten auszusagen und schauen, was rauskommt. Wir hoffen, dass die Täter sofort ins Gefängnis gehen. Denn dann lautet die Botschaft, dass es sich nicht lohnt zu wildern.“

Gefasst und verurteilt werden meist nur die einheimischen Wilderer. Die Hintermänner aus Europa und Asien bleiben unbehelligt. Sukkulenten-Schmuggel ist zu einem Milliardengeschäft geworden. Der Schaden für die Artenvielfalt und das Ökosystem der Region ist irreparabel. Ein Problem, das noch viel zu wenig Aufmerksamkeit erregt. Denn anders als die afrikanische Tierwelt, haben die Pflanzen bisher keine Lobby. (ARD)

Hier das VIDEO, verfügbar bis 01.04.2023.