Bauxit-Abbau in Guinea: Bundesregierung muss bei Außenwirtschaftsförderung Menschenrechte einhalten

Bauxit-Abbau in Guinea: Bundesregierung muss bei Außenwirtschaftsförderung Menschenrechte einhalten
© CBG/facebook

Mehr als 94.000 Personen fordern die Bundesregierung auf, beim Bauxit-Abbau in Guinea Menschenrechtsverletzungen zu stoppen und eine angemessene Entschädigung der Betroffenen zu garantieren. FIAN, PowerShift und Rettet den Regenwald haben die Petition heute dem Bundeswirtschaftsministerium übergeben. Die deutsche Bundesregierung bürgt mit einem ungebundenen Finanzkredit an den Minenbetreiber für mehrere hundert Millionen Euro. Das abgebaute Bauxit wird in Stade bei Hamburg zu Aluminium für deutsche Autos weiterverarbeitet. Seit Februar 2019 klagen 540 Vertreter*innen aus 13 betroffenen Dörfern vor der Weltbank auf Wiedergutmachung.

„Mitten in der Pandemie wurden mehr als 100 Haushalte auf eine Abraumhalde umgesiedelt. Ihre Häuser sind undicht, Einkommensmöglichkeiten und ein angemessener Zugang zu Wasser fehlen“, kritisiert Gertrud Falk von FIAN. „Die Bundesregierung hätte frühzeitig eingreifen müssen. Jetzt sollte sie sich im Rahmen der Mediation vor der Weltbank offensiv für eine menschenrechtlich angemessene Entschädigung einsetzen.“

„Die Umweltschäden des Bauxit-Abbaus vor Ort sind immens. Das Bergbauunternehmen hat die Umsiedlungsflächen nicht renaturiert. Im neuen Dorf wurden nicht ausreichend Pflanzungen vorgenommen, die Pflege der Pflanzen bleibt der lokalen Bevölkerung überlassen“, ergänzt Marianne Klute von Rettet den Regenwald.

„Im Hinblick auf das Lieferkettengesetz ist es unbegreiflich, dass die Bundesregierung ihre eigenen Hausaufgaben noch nicht gemacht hat“, sagt Michael Reckordt, Rohstoffexperte bei PowerShift. „Dass die Bundesregierung für Kredite im dreistelligen Millionenbereich bürgt, aber keine menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten einfordert, ist ein Skandal. Sie hätte in diesem Fall frühzeitig informiert sein müssen. Damit sich in Zukunft solche Fälle verhindern lassen, sollte im Lieferkettengesetz ein Ausschluss von Außenwirtschaftsförderung für Unternehmen verankert werden, die ihrer menschenrechtlichen Sorgfalt nicht nachkommen.“

Hintergrund

Mit einer Garantie für Ungebundene Finanzkredite (UFK-Garantie) in Höhe von knapp 250 Mio. Euro unterstützt die Bundesregierung die Erweiterung einer Bauxitmine in Guinea. Sie sichert damit einen Kredit der deutschen Bank ING-DiBa ab, die wiederum Kreditgeber für die Compagnie de Bauxites Guinée (CBG) ist, einem internationalen Konsortium, das in der Region Boké seit 1973 Bauxitabbau betreibt.

In der Vergangenheit ist es dabei immer wieder zu Landraub, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen gekommen. Durch die Absicherung der Kredite trägt auch die Bundesregierung eine Mitschuld an den desaströsen sozialen und ökologischen Folgen, denn eine Voraussetzung jeder UFK-Garantie ist, dass alle einschlägigen internationalen Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards eingehalten werden. Dies hat die Bundesregierung vorab offenbar nicht in angemessener Weise geprüft.

Im Februar 2019 haben 540 Beschwerdeführer*innen aus 13 betroffenen Dörfern im Minengebiet zusammen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen Beschwerde beim Ombudsmann (CAO) der International Finance Corporation (IFC) eingereicht, die ebenfalls an der Kreditvergabe beteiligt ist. Die Betroffenen werfen der IFC vor, die Tätigkeit des Minenbetreibers und die Umsetzung seiner Versprechen unzureichend überwacht zu haben und gegen ihre eigenen Sozial- und Umweltstandards zu verstoßen.

Trotz Corona-Pandemie gehen die Zwangsumsiedlungen in Guinea weiter: Am 21. März 2020 mussten hunderte Menschen das Dorf Hamdallaye verlassen. Anwohner*innen und lokale Journalist*innen berichteten FIAN von chaotischen Zuständen: So musste etwa eine Witwe mit sieben Kindern bei Verwandten unterkommen, da im neuen Dorf kein Haus für sie bereitstand.

Das neue Dorf weist zudem große Mängel auf:

Die Umsiedlungsfläche ist eine nicht aufgearbeitete, ehemalige Bergbauabbaufläche. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist erschwert, auch weil CGB nur sechs Wasserhähne im Dorf installiert hat. Ein Dorfbewohner sagte FIAN gegenüber, er müsse hundert Meter bis zum nächsten Wasserhahn laufen.

Noch katastrophaler sieht die Situation in der Krankenstation aus: Zwar ist ein Gebäude errichtet worden, es mangelt aber an einer Ärztin oder einem Arzt und Medikamenten.

Für viele Dorfbewohner*innen ist der Wegfall von Einnahmemöglichkeiten ein zusätzliches Problem: Das neue Gelände kann nicht landwirtschaftlich genutzt werden, sodass sie weit entfernt nach geeigneten Flächen suchen müssen. Besonders kritisch ist dies für Frauen, da sie kaum Jobs außerhalb der Landwirtschaft finden. (FIAN)