G20-Gipfel in Rio de Janeiro: Am Dienstag endete das zweitägige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der G20 in Rio de Janeiro, Brasilien. Unter Brasiliens Präsidentschaft und unter dem Motto “Aufbau einer gerechten Welt und eines nachhaltigen Planeten” nahm zum ersten Mal auch die Afrikanische Union (AU) als Mitglied teil, nachdem diese beim letzten Gipfeltreffen 2023 in die Gruppe aufgenommen worden war.
Schwerpunkte von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bildeten die Themenkomplexe soziale Inklusion und Bekämpfung von Hunger und Armut, Reform der Institutionen der globalen Ordnungspolitik sowie nachhaltige Entwicklung und Energiewende – Themen, die es auch in die Abschlusserklärung des Gipfels schafften. Bereits am Montag wurde die sogenannte Globale Allianz gegen Hunger und Armut ins Leben gerufen. An der Allianz sind neben den G20 Staaten – mit Ausnahme von Argentinien – insgesamt 81 Staaten sowie internationale Organisationen und Institutionen beteiligt. Darunter auch die Neue Entwicklungsbank (NDB) der BRICS und die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB), die 25 Milliarden US-Dollar für die Initiative bereitstellen wird. Konkret sieht die Allianz Programme wie Bargeldtransfers, Schulmahlzeiten mit Lebensmitteln aus lokalem Anbau sowie besseren Zugang zu Mikrofinanzierungen, zum formellen Finanzsystem und zur sozialen Sicherung vor – angelehnt an Brasiliens Armuts- und Hungerbekämpfungsmaßnahmen während Lulas erster Amtszeit. Ihren Sitz wird die Allianz beim Welternährungsprogramm (FIA) in Rom haben, den Vorsitz sollen Vertreterinnen und Vertreter aus Brasilien, China, Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Südafrika und Bangladesch sowie von internationalen Organisationen übernehmen. Lula erntete viel Lob für die Allianz, insbesondere unter Nichtregierungsorganisationen. Auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa bekräftigte, dass Südafrika Brasilien bei der Bekämpfung voll und ganz unterstütze und das Thema Ernährungssicherheit zu einer Priorität während seiner G20-Präsidentschaft in 2025 machen werde. Ebenfalls große Unterstützung von Seiten Südafrikas und der AU fanden die Reformforderungen für den UN-Sicherheitsrat. Dieser solle “repräsentativer, inklusiver, effizienter, effektiver, demokratischer und rechenschaftspflichtiger” werden, um eine bessere Vertretung der bislang unterrepräsentierten oder nicht vertretenen Regionen innerhalb Afrikas, Lateinamerikas, der Karibik und der Asien-Pazifik-Region zu gewährleisten.
Lulas ambitioniertes Vorhaben, sich auf die Einführung einer globalen Miliardärsteuer in Höhe von 2% zu einigen, scheiterte hingegen. So wurde der Vorschlag, der Schätzungen zufolge jährlich zu Einnahmen von rund 250 Milliarden US-Dollar führen würde und der unter anderem von Frankreich, Spanien und Südafrika unterstützt wurde, bereits beim G20-Treffen der Finanzministerinnen und -minister im Juli abgelehnt. So heißt es im Abschlussdokument lediglich, man werde eng zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass ultrareiche Personen effektiv besteuert werden. Dennoch ist es das erste Mal, dass die Frage nach einer Miliardärsteuer auf der G20-Bühne diskutiert wurde. Auch im Bereich Klimaschutz konnte beim Gipfeltreffen der führenden Industrie- und Schwellenländer lediglich ein Minimalkonsens erreicht werden. Zwar erkannten die Staats- und Regierungschefs der G20 den Bedarf an Klimafinanzierung in Billionenhöhe (US-Dollar) für einkommensschwache Länder an – die Frage, wie dieser Bedarf gedeckt werden soll, blieb jedoch offen. Darüber hinaus findet auch die Notwendigkeit der Abkehr von fossilen Brennstoffen keine Erwähnung. So bekennen sich die G20 in ihrer Abschlusserklärung lediglich zu den Pariser Klimazielen und verweisen auf die Beschlüsse der heute endenden COP29 in Baku, Aserbaidschan.
Ebenfalls konnte bei den Themen Ukraine und Nahost nur ein Minimalkonsens gefunden werden. So gab es keine Mehrheit für die Verurteilung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und im Abschlussdokument wurde lediglich auf “das menschliche Leid und die negativen Auswirkungen des Krieges in Bezug auf die Nahrungs- und Energiesicherheit, Lieferketten, makrofinanzielle Stabilität, Inflation und Wachstum” verwiesen. Mit Bezug auf den Nahostkonflikt heißt es in der Abschlusserklärung, man sei besorgt über die humanitäre Lage im Gazastreifen und die Eskalation im Libanon und fordere die Ausweitung von humanitärer Hilfe und dem Schutz der Zivilbevölkerung. Darüber hinaus wird das Recht der Palästinenserinnen und Palästinenser auf Selbstbestimmung bekräftigt und betont, man werde sich “unerschütterlich” für eine Zweistaatenlösung einsetzen.
Neben geopolitischen Spannungen wurde der G20-Gipfel vor allem von der Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten überschattet. Es wird befürchtet, dass die USA unter Trump unter anderem aus dem Klimaabkommen aussteigen und Strafzölle gegen Importe verhängen werden, darunter einen Zoll von “60 Prozent auf alles aus China sowie Zölle von 10 bis 20 Prozent auf alle anderen Importe”, was auch die Bedeutung der Beschlüsse des G20-Gipfels einschränkt. Beim offiziellen Abschluss des Gipfeltreffens würdigte Lula die historischen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Werte, die den afrikanischen Kontinent und Lateinamerika vereinen und übergab die G20-Präsidentschaft an Südafrika. Der einjährige Vorsitz wird offiziell am 1. Dezember beginnen.
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