Deutsche Steuergelder finanzieren „Säuberung“ indigener Völker im Namen des Naturschutzes im Kongo

Deutsche Steuergelder finanzieren „Säuberung“ indigener Völker im Namen des Naturschutzes im Kongo
Innocent Mburanumwe (Bildmitte), gegen den bereits 2019 wegen sexueller Belästigung und Gewalt ermittelt wurde, schildert die „freiwillige Umsiedlung“ von Batwa-Gemeinden in einem Imagefilm des Nationalparks. © Kahuzi Biega National Park

Ein neuer Bericht von Minority Rights Group enthüllt, dass Parkranger:innen im von Deutschland finanzierten Kahuzi-Biega-Nationalpark (PNKB) in der Demokratischen Republik Kongo Gruppenvergewaltigungen, Verbrennungen von Kindern und andere schwere Menschenrechtsverletzungen an indigenen Batwa begangen haben. Deutschland ist der wichtigste Geldgeber des Parks und unterstützte auch die „Kampfausbildung“ der Parkwächter:innen, die möglicherweise sogar gegen ein UN-Waffenembargo verstößt, heißt es in dem Bericht.

Die aufgedeckte und durch Zeugenaussagen belegte Gewalt gegenüber den indigenen Batwa umfasst das Niederbrennen ganzer Dörfer, den Einsatz von schweren Waffen wie Mörsern und Panzerabwehrhandwaffen, das gezielte Töten von unbewaffneten Zivilist:innen, Gruppenvergewaltigungen, das Lebendigverbrennen von Angehörigen der Batwa, einschließlich zweier Kinder, und das Schänden von Leichen.

Der Bericht dokumentiert drei Wellen von Angriffen zwischen 2019 und 2021, bei denen paramilitärische Ranger:innen des Nationalparks zusammen mit der kongolesischen Armee (FARDC) das Naturschutzgebiet von Batwa-Indigenen „säubern“ sollten. Mindestens 20 Batwa starben.

Seit 1986 ist Deutschland der wichtigste Geldgeber des Kahuzi-Biega-Nationalparks, obwohl Menschenrechtsverletzungen lange bekannt sind. 2017 hatte eine Batwa-Familie sogar offizielle Beschwerden an die deutschen Entwicklungshilfeorganisationen GIZ und KfW gerichtet, nachdem ihr 17-jähriger Sohn von Parkwächtern getötet worden war.

Trotz ausdrücklicher Warnungen vor bevorstehenden Übergriffen, wurde auch vor der ersten Großoffensive 2019 die finanzielle Unterstützung aufrechterhalten. Weitere Zahlungen gab es 2020 und danach.

Die staatseigene deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die deutsche Unternehmensberatung GFA Consulting Group, die an von Deutschland finanzierten Projekten arbeitet, haben durch ihre Unterstützung der paramilitärischen Ranger:innen dem Bericht zufolge wahrscheinlich auch gegen das Waffenembargo des UN-Weltsicherheitsrats für die Demokratischen Republik Kongo verstoßen.

Andere Unterstützer sind die US-Regierung und die Naturschutzorganisation WCS.

Der Bericht enthält erschütternde Details. Während der Angriffswelle Ende 2021 kam es zur Gruppenvergewaltigung von mindestens 15 Batwa-Frauen, von denen zwei in den folgenden Tagen starben – vermutlich durch die erlittenen Verletzungen. Während der gleichen Zeit wurden zwei Kinder Angaben zufolge vorsätzlich bei lebendigem Leib verbrannt. Augenzeug:innen berichteten, dass Parkranger:innen und Soldat:innen das Haus, in dem sich die beiden Kinder befanden, zuerst ansteckten und anschließend die Tür zuhielten, um ihnen jedwede Fluchtmöglichkeit zu nehmen.

Minority Rights Group kommt in dem Bericht zu dem Schluss, dass es “unwahrscheinlich [ist], dass die in diesem Bericht dokumentierte organisierte Gewalt ohne die entscheidende Unterstützung durch internationale Unterstützer stattgefunden hätte”.

Caroline Pearce, Direktorin von Survival International, sagte heute: „Seit Jahren ist in Berlin bekannt, dass deutsches Engagement im Naturschutz zu Vertreibungen, Misshandlungen und Gewalt an indigenen Gemeinden führt. Es gab und gibt Untersuchungen, Initiativen, Bekundungen – aber sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.“

Ein Batwa-Angehöriger erklärte schon vor einigen Jahren gegenüber Survival: „Sie töten uns und sie bekommen Hilfe von der deutschen Regierung … die gesamte Unterstützung, die der Park von der deutschen Regierung erhält, muss gestoppt werden, damit sie [die Parkverwaltung] begreift, dass das, was sie getan hat, falsch ist.“

Fiore Longo, Leiterin der Naturschutzkampagne von Survival International, sagte heute: „So sehr uns dieser neue Bericht auch empören mag, Kahuzi-Biega ist kein Einzelfall. Die schrecklichen Menschenrechtsverletzungen, die in diesem Park in der Demokratischen Republik Kongo im Namen des ‚Naturschutzes‘ geschehen, finden überall in Afrika und Asien statt, meist bezahlt von unseren Steuergeldern. Deutschland ist einer der wichtigsten Geber für den internationalen Naturschutz und sogenannte ‚Anti-Wilderei-Maßnahmen‘. Der 30×30-Plan, der nun auch von Deutschland als Lösung für den Verlust der biologischen Vielfalt angepriesen wird, soll die Fläche der Schutzgebiete verdoppeln – und damit wahrscheinlich auch die Zahl dieser Verbrechen. Wir müssen das stoppen. Wir können nicht mehr wegsehen“. (Survival International)