IPG-Journal: Afrika / Kenia – Alles offen

IPG-Journal: Afrika / Kenia - Alles offenKenias Megawahl könnte zu Unruhen führen. Seit Putins Angriffskrieg ist die Bedeutung des ostafrikanischen Landes für den Westen gewachsen. 22 Millionen Kenianerinnen und Kenianer sind am heutigen Dienstag aufgerufen, einen neuen Präsidenten, ein neues nationales Parlament, 47 Bezirksparlamente sowie Gouverneure und Frauenvertreterinnen der Parlamente zu wählen. Für das höchste Staatsamt treten vier Männer an, nur zwei davon haben eine realistische Chance auf den Sieg: Vizepräsident William Ruto (55) und der langjährige Oppositionskandidat Raila Odinga (77).

Der scheidende Präsident Uhuru Kenyatta (60) darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Nach verschiedenen Prognosen wird die Wahl äußerst knapp, in vielen Hochrechnungen hat Odinga einen leichten Vorsprung vor Ruto. Bekommt im ersten Durchgang kein Kandidat die absolute Mehrheit, gibt es eine Stichwahl.

In Kenia stehen politische Kandidatinnen und Kandidaten nicht für politische Programme, sondern machen Wahlkampf mit und für ihre Person. In diesem Jahr ist das jedoch etwas anders. Ruto, ein Kalenjin, stellte ein soziales Thema in den Mittelpunkt, indem er sich als Mann der Massen präsentierte, der sich hochgearbeitet habe. Damit versucht er, sich trotz seines erheblichen Vermögens propagandistisch von der alten politischen Elite zu distanzieren, deren Teil er nicht zuletzt als Vizepräsident jahrelang war. Ruto macht außerdem teure Versprechungen: Mindestpreise für landwirtschaftliche Produkte, Subventionen für Düngemittel, Unterstützung für die Gründung von Kleinstunternehmen.

Sein wichtigster Kontrahent Odinga gehört als Sohn von Kenias erstem Vizepräsidenten Oginga Odinga seit Jahrzehnten zum politischen Establishment und musste auf Rutos Coup reagieren. Er verspricht Arbeit und den 2 Millionen ärmsten Familien monatlich knapp 50 Euro aus einem Sozialfonds. Das ist jedoch nicht einmal die Hälfte des Mindestlohns.

Aussichten auf Einlösung haben die Wahlversprechen kaum. Unter dem Gespann Kenyatta/Ruto hat sich der kenianische Schuldenberg mehr als vervierfacht, die Hälfte der Steuereinnahmen fließt in den Schuldendienst, der Spielraum der Regierung ist dadurch so gering wie nie. Gleichzeitig nimmt die Armut weiter zu: Während der COVID-Pandemie haben weit über 2 Millionen Menschen ihre Jobs verloren und die Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. So hat sich der Preis für Speiseöl teilweise verdoppelt, auch Milch, Haushaltsgas und Maismehl – in Kenia das wichtigste Grundnahrungsmittel – sind deutlich teurer geworden. Seit Juli subventioniert die Regierung Maismehl, aber es ist unklar, ob es nach der Wahl dabei bleiben wird.

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