IPG-Journal: Wie sich die Gewalt im Sudan auf Nachbarländer auswirkt

IPG-Journal: Wie sich die Gewalt im Sudan auf Nachbarländer auswirktDie Gewalt im Sudan hat auch Auswirkungen auf die Nachbarländer. Wir schauen nach Ägypten und Südsudan.

Die Ereignisse im Sudan sind ständiger Gesprächsstoff in den Kaffeehäusern Kairos, seit dort vor drei Wochen die Gewalt ausbrach. Die Bilder von knapp dreißig ägyptischen Soldaten, die im Sudan kurzfristig durch Milizen der Rapid Support Forces (RSF) festgesetzt wurden, und der Tod eines ägyptischen Diplomaten in Khartum erregten die Gemüter in Ägypten. Die festgesetzten Soldaten befanden sich auf dem von den sudanesischen Streitkräften geführten Luftwaffenstützpunkt Merowe im Norden Khartums- offiziell lediglich für eine vereinbarte Ausbildungsmission. Die RSF und internationale Beobachter bewerteten ihre Anwesenheit aber als langfristig angelegte Unterstützung der sudanesischen Armee unter der Führung des Generals Burhans. Bei vielen Menschen in Ägypten erzeugten diese demütigenden Bilder einen Rally-‚round-the-Flag-Effekt. Auf tragische Weise zeigten sie neben der geographischen Nähe auch die Verbundenheit der beiden Länder. Neben der über 1200 Kilometer langen Grenze im Süden Ägyptens unterhalten die beiden Länder auch vielschichtige Beziehungen. Nicht nur aufgrund der gemeinsamen kolonialen Vergangenheit, sondern ebenfalls aufgrund vergleichbarer politischer Entwicklungen in den vergangenen zehn Jahren. Der Ausbruch des Konflikts zwischen den Milizen der RSF und der sudanesischen Armee setzt der politischen Entwicklung unter Führung des sudanesischen Militärs ein jähes Ende – ein Szenario, mit dem die ägyptische Führung gut leben konnte.

Trotzdem hat Ägypten kein Interesse an einer Destabilisierung des Sudans und ruft alle Seiten zu einem dauerhaften Waffenstillstand auf. Politische Unwägbarkeiten an der Süd-Grenze des Landes und ein im Bürgerkrieg versinkender Sudan sind ein worst-case-Szenario für Ägypten. Der Nilanrainer Sudan ist für Ägypten nicht nur in der Frage des äthiopischen Renaissance-Staudamm-Projektes (GERD) ein wichtiger Verbündeter. Die ägyptische Führung setzte dabei auf das sudanesische Militär, das sie als den besten Garanten auch der eigenen Interessen ansah. Das geopolitische Puzzle verschiedener Unterstützer für die zwei Seiten im sudanesischen Konflikt bringt Kairo in eine diplomatische Zwickmühle. Denn die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), ein wichtiger Verbündeter Ägyptens, unterstützt ebenso die RSF, wie der libysche General Haftar, der im Konflikt in Libyen ein enger Verbündeter Kairos ist. Ägypten, das sich momentan in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise befindet, ist aber auf Investitionen aus der Golf-Region und insbesondere den VAE angewiesen. Der Konflikt im Sudan hat daher auch eine innenpolitische Dimension. Dies macht es für die erfahrene und effektive ägyptische Diplomatie kompliziert, in diesem Konflikt zu navigieren. Ägypten kann kurzfristig eine wichtige und konstruktive Rolle zukommen, um insbesondere auf General Haftar einzuwirken, keine Waffen aus Libyen in die Krisenregion zu liefern. Es wird langfristig zentral für die Stabilität in der Region sein, dass zivile Akteure in die Konfliktlösung im Sudan eingebunden werden. Dies sollte daher auch im langfristigen Interesse Ägyptens sein, um das Szenario eines andauernden Bürgerkrieges zu vermeiden.

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