Marokko wendet sich Russland zu, um die saharauischen Gewässer zu nutzen

Marokko wendet sich Russland zu, um die saharauischen Gewässer zu nutzen

Die Aufhebung der Handelsabkommen zwischen Marokko und der Europäischen Union durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) am 4. Oktober 2024 verändert die marokkanische Meerespolitik grundlegend. Angesichts dieses bedeutenden Rückschlags intensiviert das Königreich seine Zusammenarbeit mit Russland im Fischereisektor, um die Nutzung der Gewässer der Westsahara trotz rechtlicher Bedenken fortzusetzen.

Die Entscheidung des EuGH vom 4. Oktober 2024, die auf der illegalen Einbeziehung der besetzten saharauischen Gebiete in die Handelsabkommen zwischen Marokko und der EU basiert, zwingt europäische Flotten, ihre Aktivitäten in diesen Gewässern einzustellen. In diesem Kontext hat die russische Fischereibehörde (Rosrybolovstvo) schnell Quoten von 10.000 Tonnen Fische für mehrere russische Unternehmen für 2024 zugeteilt. Grundlage dafür ist ein bilaterales Abkommen zwischen Marokko und Russland, das 2020 unterzeichnet und kürzlich erneuert wurde.

Für Marokko, den weltweit größten Exporteur von Sardinen, steht viel auf dem Spiel. Der Fischereisektor, der 2 % des BIP ausmacht und jährlich Exporte im Wert von 2 Milliarden Euro generiert, muss den Verlust der EU-Kompensation von 50 Millionen Euro sowie den Wegfall der Flotten ausgleichen, die jährlich 90.000 Tonnen fingen. Die Zusammenarbeit mit Russland scheint eine unmittelbare Lösung zu sein, um die Nutzung der Gewässer der Westsahara, aus denen 75 % der marokkanischen Fänge stammen, aufrechtzuerhalten.

Marokkanischer Fischereisektor unter Druck
Diese Neuausrichtung wirft jedoch ernsthafte rechtliche und ethische Fragen auf. Die Polisario, die als legitime Vertretung des saharauischen Volkes anerkannt ist, lehnt jede Nutzung ohne die ausdrückliche Zustimmung des saharauischen Volkes ab. Internationale Organisationen wie „Western Sahara Resource Watch“ prangern regelmäßig einen „Raub der natürlichen Ressourcen“ der Westsahara durch Marokko an.

Auch die ökologischen Auswirkungen geben Anlass zur Sorge. Das wahrscheinliche Ende europäischer ökologischer Überwachungsprogramme, kombiniert mit einer möglichen Intensivierung der Fischerei zur Kompensation wirtschaftlicher Verluste, bedroht die marinen Ökosysteme. Diese Bedenken betreffen auch Grenzgebiete zu Algerien, wo bereits ein Rückgang wandernder Fischarten durch den Druck der marokkanischen Überfischung festgestellt wird.

Angesichts dieser Herausforderungen steht der marokkanische Fischereisektor vor der Notwendigkeit, sich neu zu erfinden. Der Schwenk hin zu Russland deutet jedoch darauf hin, dass wirtschaftliche Überlegungen weiterhin Vorrang vor ökologischen und menschenrechtlichen Fragen haben.

Die fortgesetzte Nutzung der Gewässer der Westsahara, nun unter russischer statt europäischer Flagge, verdeutlicht die komplexen Souveränitätsfragen in der Region. Während sich Europa aus rechtlichen Gründen zurückzieht, etabliert sich Russland als wichtiger alternativer Partner. Es liegt nun am Front Polisario, das Thema aufzugreifen, um sicherzustellen, dass diesmal die saharauische Bevölkerung die Hauptnutznießerin der Einnahmen aus dieser Nutzung wird. (Quelle: afrik.com)