Mehr tun, um Frauen in Uganda zu stärken

Mehr tun, um Frauen in Uganda zu stärkenWie in Uganda die Anerkennung von Sorgearbeit Geschlechtergerechtigkeit fördern könnte. Ein FES W7-Blogbeitrag von Tricia Gloria Nabaye*.
Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie unverzichtbar und gleichzeitig vulnerabel Frauen sind. Ein Beispiel: In Uganda profitierten Frauen nicht von (wirtschaftlichen) Hilfsmaßnahmen; sie wurden aus dem Arbeitsmarkt gedrängt, damit sie ihre Familien versorgen konnten. Dadurch wurden Frauen wirtschaftlich abgehängt; gleichzeitig litt die Volkswirtschaft als Ganzes. Wenn wir bis 2030 Geschlechtergerechtigkeit erzielen und Frauen stärken wollen, braucht es gezielte Maßnahmen zur Förderung der Menschen, die unbezahlte Sorgearbeit leisten und im informellen Sektor arbeiten.

Eine Studie des Economic Policy Research Centre kam zu dem Schluss, dass „Frauen und Mädchen in Uganda etwa 20 Stunden pro Woche unbezahlte Sorgearbeit leisten – doppelt so viel wie Männer und Jungen.“ Dieses Missverhältnis festigt gesellschaftliche Geschlechternormen, die Frauen nach wie vor benachteiligen und daran hindern, gute Beschäftigungsverhältnisse zu finden. Unbezahlte Sorgearbeit absorbiert viel Zeit und Energie von Frauen, worunter ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt leidet. Als Folge sind Frauen eher bereit, geringer bezahlte und prekäre Arbeitsplätze anzunehmen – oft im informellen Sektor. Dadurch werden Frauen wirtschaftlich gegenüber Männern benachteiligt. Uganda hat sich dazu verpflichtet, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und Frauen zu stärken – aber die Arbeit von Frauen ist für das Land auch von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.

Unbezahlte Sorgearbeit, einschließlich Kochen, Putzen, Kinderbetreuung und Alten- sowie Krankenpflege, galt lange als „Frauenarbeit“. Verstärkt wird diese tiefsitzende Einstellung durch einen religiösen und traditionalen Fundamentalismus, der Frauen als Bürgerinnen zweiter Klasse betrachtet. Unbezahlte Sorgearbeit ist wichtig für das Überleben und Wohlergehen von Menschen und ihren Familien. Auch die Wirtschaft des Landes und der lokalen Gemeinschaften hängt von ihr ab. Unterziel 5.4 der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) ruft die Länder dazu auf, die „[u]nbezahlte Pflege- und Hausarbeit durch die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen, Sozialschutzmaßnahmen und die Förderung geteilter Verantwortung innerhalb des Haushalts und der Familie entsprechend den nationalen Gegebenheiten [anzuerkennen] und [wertzuschätzen].“

Dafür zu sorgen, dass Sorgearbeit anerkannt und aus nationalen und subnationalen Haushaltsmitteln gefördert wird, ist von essenzieller Bedeutung, wenn die wirtschaftliche Gleichheit von Männern und Frauen gefördert werden soll. So könnte die Kluft zwischen Männern und Frauen in diesem Bereich verringert werden, die Frauen daran hindert, ihr Potenzial für eine (aktive) Teilhabe am Arbeitsmarkt voll auszuschöpfen und bessere Jobs zu finden. Um das Zentrum für Entwicklungsarbeit der OECD zu zitieren: „Jede zusätzliche Minute, die eine Frau für unbezahlte Sorgearbeit aufwendet, ist eine Minute weniger, die sie potenziell für marktbezogene Aktivitäten oder Investitionen in ihre Bildung oder berufliche Weiterbildung zur Verfügung hat.“ Eine ungleiche Verteilung der Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen führt zu immer weiter wachsender Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt, worunter die Geschlechtergerechtigkeit weiter leidet. In Uganda werden 50% des BIP im informellen Sektor erwirtschaftet, der 75% aller Arbeitsplätze stellt. In diesem informellen Sektor arbeiten mit 85% überproportional viele Frauen, etwa als Näherinnen oder Händlerinnen.

Für Frauen ist es schwierig, unbezahlte Sorgearbeit mit einer bezahlten Arbeit zu vereinen, die gute und sichere Arbeitsbedingungen bietet. In Uganda sind Frauen stets mit dem Risiko der Abwertung ihrer Arbeitskraft konfrontiert. Mangelnder Zugang zu besseren Alternativen treibt Frauen dazu, schlechte Arbeitsbedingungen oder Arbeitsplätze unter ihrem Qualifikationsniveau (oft im informellen Sektor) zu akzeptieren. Dies birgt erhebliche Risiken für ihr Wohlergehen. Laut ILO überwiegen „die negativen Aspekte der Arbeit im informellen Sektor“ die positiven Aspekte deutlich. Weiter heißt es: „Wer im informellen Sektor beschäftigt ist, wird nicht anerkannt, ist nicht registriert, profitiert nicht von arbeitsrechtlichen Regulierungen oder sozialen Schutzmaßnahmen, die auch bei unklarem Beschäftigungsstatus greifen würden. All dies hindert Frauen daran, ihre Grundrechte wahrzunehmen, auszuüben oder zu verteidigen. Da sie in der Regel nicht organisiert sind, haben sie wenig bis gar keine kollektive Repräsentation gegenüber Arbeitgebenden oder Behörden. Arbeitnehmende in der informellen Wirtschaft sind von zahlreichen Abhängigkeiten und Vulnerabilitäten betroffen.“  Darüber hinaus ist die Arbeit im informellen Sektor oft durch kleine oder undefinierte Arbeitsstätten, unsichere und gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen, ein niedriges Qualifikations- und Produktivitätsniveau, geringe oder unregelmäßige Bezahlung, lange Arbeitstage und mangelndem Zugang zu Informationen, Märkten, Finanzen, Weiterbildung und Technologie gekennzeichnet. Hinzu kommt noch, dass Frauen sich oft für Teilzeitarbeit entscheiden, was sich wiederum negativ auf ihre Wirtschaftskraft und die Machtverhältnisse auswirkt.

Wie wichtig es ist, Menschen zu unterstützen, die unbezahlte Sorgearbeit und Arbeit im informellen Sektor leisten, wurde während der COVID-19-Pandemie immer sichtbarer. Alle Aspekte der Arbeit waren betroffen, und rigorose Lockdowns haben die Vulnerabilitäten vieler arbeitender Menschen noch erhöht. Zum Beispiel sanken als Folge mangelnder Transportmöglichkeiten von landwirtschaftlichen Betrieben auf die Märkte die Lebensmittelpreise. Die Nachfrage war da, aber in Zeiten von Ausgangs- und Reisebeschränkungen war es schwierig, die Endverbraucher_innen zu erreichen. Dies traf überproportional Menschen, die im informellen Sektor arbeiteten und kaum Zugang zu sozialen Schutzmaßnahmen hatten. Staatliche Maßnahmen erreichten die Menschen im informellen Sektor nur unzureichend – nicht zuletzt aus dem Grund, dass gerade diese Menschen wegen der informellen Natur ihrer Arbeit nur begrenzte Möglichkeit zur Interessenvertretung haben. Es gab es keine Richtlinien für direkte Einkommensunterstützung. Geschlechtsspezifische Daten, auf die sich eine informierte Entscheidungsfindung hätte stützen können, waren nicht verfügbar. Das alles wirkte sich besonders nachteilig auf Frauen aus, die den Großteil der Arbeitnehmenden im informellen Sektor stellen. Die Pandemie und die unzureichende Unterstützung trieben Frauen schließlich dazu, auf ihre mageren Ersparnisse zurückzugreifen, um ihre Familien zu ernähren. Das wiederum führte zu einem Anstieg der Armut, der die Wirtschaftskraft von Frauen noch auf lange Zeit beeinträchtigen wird.

Des Weiteren hat die zusätzliche Sorgelast während der COVID-19-Pandemie dafür gesorgt, dass Frauen weiter aus dem Arbeitsmarkt verdrängt wurden. Viele Frauen in Uganda verbringen ohnehin viel Zeit mit unbezahlter Sorgearbeit. Während der Lockdowns hat sich diese Arbeitslast noch einmal erhöht, da Kinder und andere Mitglieder der (Groß-)Familie zu Hause bleiben mussten. Auch die Pflege kranker Verwandter galt als Frauensache. Frauen, die diese Anforderungen nicht erfüllten, liefen Gefahr, der Gewalt unzufriedener Familienmitglieder ausgesetzt zu sein. Unsicherheit und Arbeitslosigkeit haben dieses Risiko zusätzlich erhöht.

Häusliche Gewalt nahm schlagartig zu. Die Zeitschrift The Independent berichtete, dass  zwischen dem Beginn der Lockdowns am 31. März und dem 16. April 2020 insgesamt 328 Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei aktenkundig wurden. Laut dem Jahresbericht über Verbrechen und Sicherheit im Straßenverkehr für 2020/21 war häusliche Gewalt das am häufigsten begangene Verbrechen in Uganda.

Frauen bei der Budgetierung und Planung von Anlaufstellen für öffentliche Dienstleistungen zu priorisieren, kann wirksam zur Durchbrechung des Kreislaufs der wirtschaftlichen Schwächung von Frauen beitragen. Staatlich geförderte zinsgünstige Kredite können Frauen im informellen Sektor helfen, ihre unternehmerische Tätigkeit auszubauen – zum Beispiel durch Ausweitung des angebotenen Warenspektrums. Da diese Kredite zurückgezahlt werden müssen, wird durch die Arbeit der Frauen einerseits die Produktivität gesteigert, andererseits wird Kapital für Unternehmen bereitgestellt, die andernfalls aus Geldmangel schließen müssten. Außerdem wird Frauen eine Alternative zu Kredithaien geboten. Eine solche staatliche Unterstützung kann weiblich geführten Unternehmen Sicherheit bieten. Unterstützung für Branding und Wertschöpfung kann Frauen im informellen Sektor helfen, ihre Einnahmen aus verkauften Waren zu steigern, was wiederum ihrer Wirtschaftskraft zugutekommt.

Es ist an der Zeit, dass Uganda die unbezahlte Sorgearbeit in den Fokus stellt und öffentlich zugängliche Alternativen bereitstellt, damit auch Frauen nachhaltig erfolgreich sein können. Marktfördermechanismen, Zugang zu bezahlbarer Gesundheitsversorgung für Frauen, die auf Märkten arbeiten, und einfacherer Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen würden Frauen in die Lage versetzen, sich auf ihren Lebensunterhalt zu konzentrieren – zum Beispiel, indem sie weniger Zeit dafür aufwenden müssten, für Medikamente Schlange zu stehen. All diese Maßnahmen würden Uganda helfen, die Ziele der Agenda 2030 für alle Menschen im Land zu erreichen.

*Tricia Gloria Nabaye ist ehemalige FES-Stipendiatin und Forscherin am Great Lakes Institute for Strategic Studies. Sie ist Gastautorin beim Daily Monitor und Co-Moderatorin der Sendung The Women’s Show auf dem Kanal Civic Space TV. Sie hat einen B.A. in Entwicklungsstudien.