Anlässlich des Tags der Menschenrechte ruft das zivilgesellschaftliche Bündnis der Kongo-Kampagne die Regierungskoalition auf, für eine menschenrechtsgeleitete Außen- und Wirtschaftspolitik einzustehen. Menschenrechte zur Grundlage insbesondere ihrer Außen- und Wirtschaftspolitik zu machen, gilt auch im Blick auf sexualisierte Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo (DRC): Dort sollte Deutschland sein Engagement im Kampf gegen Straflosigkeit und für faire Rohstofflieferketten verstärken.
Es vergeht keine Woche ohne neue Nachrichten aus der DRC über wiederkehrende Menschenrechtsverletzungen. Seit über 25 Jahren leidet die Bevölkerung unter den andauernden bewaffneten Konflikten und sexualisierten Gewaltverbrechen, ohne dass die Täter juristische Folgen zu befürchten haben. Daher begrüßt die Kongo-Kampagne, dass der Koalitionsvertrag die Beseitigung von Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen als Aufgabenfeld benennt. Der Gynäkologe und Mitinitiator der Kongo-Kampagne, Dr. Denis Mukwege, der im Panzi-Hospital mehr als 50.000 Überlebende sexualisierter Gewalt behandelte und vor genau drei Jahren den Friedensnobelpreis erhielt, fordert: „Wir brauchen nicht noch mehr Beweise. Wir brauchen Taten.“ Die Kongo-Kampagne ruft die künftige Bundesregierung dazu auf, es nicht bei einem Bekenntnis im Koalitionsvertrag zu belassen. Sondern sie muss sich dafür einsetzen, dass den Überlebenden der Verbrechen im Kongo endlich Gerechtigkeit widerfährt, indem sie auf eine Verbesserung des kongolesischen Justizapparates und auf faire und geeignete Gerichtsverfahren hinwirkt.
Dringlichkeit im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte – faire Lieferketten
Ein Treiber der Gewalt ist der Kampf um die Bodenschätze des Landes, die oft auch unter Einsatz von Kinderarbeit abgebaut werden. Die bewaffneten Konflikte um die Kontrolle über die in Industrieländern begehrten Rohstoffe beinhalten regelmäßig auch sexualisierte Gewalt. Deshalb dürfen auch in der Wirtschaft menschenrechtliche Fragen nicht länger aufs Abstellgleis gestellt werden. Die Bundesrepublik Deutschland steht als Nutzerin kongolesischer Konfliktrohstoffe in der Verantwortung. Insbesondere Coltan ist beispielsweise in Handys, Laptops, Digitalkameras, Fernsehern, Spielekonsolen, in KFZ-Elektronik, Navigationsgeräten, Geräten für die Luftfahrt, in medizinischen Geräten wie Herzschrittmachern, Hörgeräten und künstlichen Gelenken enthalten. Das im Juni 2021 verabschiedete deutsche Lieferkettengesetz vernachlässigt weiterhin die gravierenden Menschenrechtsverletzungen am Beginn der Wertschöpfungskette. Die Kongo-Kampagne fordert die künftige Bundesregierung dazu auf, das Lieferkettengesetz nachzubessern, und darüber hinaus, sich konstruktiv und inhaltlich gestaltend in die laufenden Verhandlungen der Vereinten Nationen über ein internationales Abkommen zum Schutz der Menschenrechte im globalen Wirtschaftsverkehr (UN Binding Treaty) einzubringen. Bislang hat sich die bisherige Bundesregierung nicht an den Verhandlungen beteiligt.
Über die Kongo-Kampagne
Die Kongo-Kampagne ist ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einem gemeinsam angestrebten Zukunftsbild: Frauen und Kinder im Kongo sollen mit ihren Familien ein selbstbestimmtes Leben in Frieden, ohne Angst, ohne Gewalt oder sexualisierte Gewalt führen können. Als wichtige Schritte auf diesem Weg müssen die Kultur der Straflosigkeit durchbrochen und Menschenrechtsverletzungen als Verbrechen durch unabhängige Gerichte verfolgt werden. Darüber hinaus sehen wir die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union als Nutznießerinnen kongolesischer Konfliktrohstoffe in der Verantwortung – und auch uns selbst als Verbraucher*innen –, für eine Wirtschaft einzustehen, die im Einklang mit den Menschenrechten steht. Dazu gehören das Recht auf Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Zugang zum Recht und Sicherheit der Person. Zur Achtung, Förderung und zum Schutz dieser Rechte hat sich die Weltgemeinschaft in verschiedenen Konventionen verpflichtet und diese Verpflichtung immer wieder bekräftigt. Diese Verpflichtung gilt allen Menschen gegenüber – auch den Frauen und Kindern im Kongo!
Die Kongo-Kampagne wird gefördert von Brot für die Welt, Difäm Weltweit, der Hauptabteilung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, dem Katholischen Fonds und Mission EineWelt. Weitere unterstützende Organisationen und Gruppen sind die Evangelischen Frauen Baden, die Handy-Aktion Baden-Württemberg, die International Justice Mission Deutschland, der Landesfrauenrat Baden-Württemberg, Micha Deutschland, Ndwenga e.V., pax christi – Deutsche Sektion, Studifäm, Terre des Femmes und das Zentrum für Mission und Ökumene – Nordkirche Weltweit.