SOS Humanity veröffentlicht Einsatzbericht der Humanity 1 und kritisiert neuerliche Zuspitzung der EU-Abschottungspolitik

SOS Humanity veröffentlicht Einsatzbericht der Humanity 1 und kritisiert neuerliche Zuspitzung der EU-Abschottungspolitik29.11.2022. Die zivile Seenotrettungsorganisation SOS Humanity kritisiert eine neuerliche Zuspitzung der EU-Abschottungspolitik in den letzten Wochen. In ihrem am heutigen Dienstag veröffentlichten zweiten Einsatzbericht des Rettungsschiffes Humanity 1 wirft SOS Humanity der italienischen Regierung Rechtsbruch vor. Der am 21. November veröffentlichte Aktionsplan der EU-Kommission zur Fluchtroute zentrales Mittelmeer setze zudem weiter auf Migrationsabwehr statt auf die Einhaltung von See- und Menschenrechten.

In drei Rettungen am 22. und 24. Oktober rettete die Besatzung der Humanity 1 180 Menschen aus Seenot, darunter mehrheitlich unbegleitete Minderjährige. Alle Menschen waren aus Libyen geflohen, viele berichteten von Misshandlungen und willkürlicher Haft, die sie dort erleiden mussten: „I’ve been to prison three times. Even if you haven’t done anything people kidnap you in Libya, they lock you up and you have to do everything in their compound. You can’t leave”, berichtet Bakary (Name geändert), ein 16-jähriger Jugendlicher aus Gambia. Andere Überlebende hatten mitansehen müssen, wie Freunde und Familienangehörige in der Nacht vor der Rettung aus dem überbesetzten Schlauchboot fielen und ertranken.

Trotz dieser traumatischen Erfahrungen der Geretteten und zunehmend schlechten Wetterbedingungen verweigerten die relevanten Behörden bis zuletzt die Zuweisung eines sicheren Hafens. In Verletzung von internationalen See- und Menschenrechten ordnete die italienische Regierung die selektive Ausschiffung von Geretteten in Catania an. Der darauffolgenden Anweisung, den Hafen mit den verbliebenen 35 Überlebenden zu verlassen, kam der Kapitän nicht nach, da dies einer illegalen kollektiven Zurückweisung gleichgekommen wäre. Derweil geht SOS Humanity vor dem regionalen Verwaltungsgericht in Rom gegen das rechtswidrige Dekret vor.

„Das Dekret der neuen rechten italienischen Regierung gegen das Rettungsschiff Humanity 1 stellt eine weitere Zuspitzung der Missachtung geltenden Rechts dar“, sagt die politische Referentin von SOS Humanity, Mirka Schäfer. „Aus Seenot Gerettete müssen umgehend in einem nahegelegenen sicheren Ort an Land gehen können, wie es das Seerecht vorschreibt.“

Laut Einschätzung von SOS Humanity bietet der am 21. November von der Europäischen Kommission vorgelegte Aktionsplan keine neuen Ansätze, um die Lage auf dem Mittelmeer zu verbessern. Stattdessen setzt die EU weiter auf eine Politik der Migrationsabwehr. Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten wie Libyen soll weiter ausgebaut werden, obwohl die EU-finanzierte sogenannte libysche Küstenwache allein 2022 mehr als 20.800 aus Seenot Gerettete völkerrechtswidrig nach Libyen rückgeführt hat, wo flüchtende Menschen erwiesenermaßen schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

„Mit dem vorgeschlagenen EU-Aktionsplan wird die bestehende tödliche Abschottungspolitik fortgesetzt“, erklärt Mirka Schäfer. „Statt geltendes internationales Seerecht einzuhalten und umzusetzen, soll ein neuer Rechtsrahmen diskutiert werden. Darüber hinaus sollen erneut Millionen von Euro für die Kooperation mit Drittstaaten bereitgestellt werden, in denen es zu massiven Menschenrechtsverletzungen kommt.“

SOS Humanity fordert die EU und ihre Mitgliedsstaaten anlässlich der EU-Innenministerkonferenz am 8. und 9. Dezember in Brüssel auf, dem Recht auf Leben und der Einhaltung von See- und Menschenrechten an der europäischen Außengrenze zentrales Mittelmeer oberste Priorität einzuräumen. (SOS Humanity)

Den vollständigen Einsatzbericht finden Sie HIER.