Zum Tode von Desmond Tutu: „Don’t raise your voice, improve your argument“

 

Zum Tode von Desmond Tutu: „Don’t raise your voice, improve your argument“
Foto: ia

Der Bischof („The Arch“) und Friedensnobelpreisträger Desmond Mpilo Tutu ist am 26. Dezember 2021 im Alter von 90 Jahren verstorben. Er wurde am 7. Oktober 1931 in Klerksdorp/Transvaal in Südafrika geboren. Nach dem Weggefährten Nelson Mandela war der anglikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu der prominenteste und angesehenste Freiheitskämpfer Südafrikas. „Don’t raise your voice, improve your argument“, war eines seiner Bonmots. Tutu war noch viele Jahre im „Ruhestand“ als Vermittler gefragt.

Wie kaum ein anderer setzte er sich für Versöhnung und ein harmonisches Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen in seinem Land ein.

Nach dem Studium arbeitete er von 1954 – 1958 als Lehrer. 1955 heiratete er Leah Nomalizo. Das Paar hat vier Kinder und neun Enkelkinder.1958 gab er den Lehrerberuf wegen politischer Vorgaben auf und wurde 1961 anglikanischer Priester. Er lebte von 1962 bis 1966 und 1972 bis 1975 in London, wo er einen Masterabschluss der Theologie erwarb.

1975 kehrte er nach Johannesburg zurück, wo er als erster schwarzer Afrikaner Dekan der anglikanischen St. Mary’s Kathedrale wurde. Nach einer Tätigkeit als Bischof von Lesotho wurde er 1978 Generalsekretär des South African Council of Churches.

Als Mitte der 70er Jahre des vorherigen Jahrhunderts die meisten Anführer der Schwarzen im Gefängnis saßen, wuchs der anglikanische Priester zur „Stimme der Schwarzen“, wie ihn Mandela nannte. Je mehr Tutu an weltweitem Ansehen und Autorität erwarb, desto weniger angreifbar wurde er im eigenen Land. Er wurde mit Ehren überhäuft, u.a. Gandhi-Friedenspreis, Presidential Medal of Freedom/USA. Miles Davis widmete ihm ein ganzes Album.

Der Erzbischof bleibt der „Quälgeist“
1984 erhielt Tutu für sein Engagement gegen die Apartheid und seine Predigten für einen gewaltlosen Wandel den Friedennobelpreis. 1985 wurde er Bischof von Johannesburg und 1986 Erzbischof des Erzbistums Kapstadt. 1996 bis 1998 wurde er auf Vorschlag von Nelson Mandela Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika, die die Vergangenheit aufarbeiten sollte. In der Wahrheits-Kommission klammerte er auch nicht die Verbrechen, derer sich der der Afrikanische Nationalkongress (ANC) schuldig gemacht hatte, aus. Tutu wollte jedoch einen Mittelweg zwischen Siegerjustiz und Amnestie finden und plädierte für Versöhnung und Vergebung.

In der Kommission wurde er Zeuge von Schilderungen grausamer Folter und Morde. Gemeinsam mit seiner Tochter Mpho (Priesterin einer Episkopalkirche) hat er 2014 das „Buch des Vergebens“/Allegria veröffentlicht: Versöhnung sei nur denkbar, wenn das Opfer dem Täter vergeben könne und der Täter dem Opfer das Vergeben möglich mache.

Der Film „The Forgiven“ (2017 ) erzählt von den Schwierigkeiten des Aufbruchs nach dem Ende der Apartheid. Im Mittelpunkt steht Erzbischof Desmond Tutu (gespielt von Forest Whitaker).

Tutu war unabhängig, unbequem, streitbar, humorvoll und rhetorisch brillant. Er bezeichnete sich selbst als „Quälgeist“. Er kritisierte die südafrikanische Regierung, weil sie Waffen nach Nigeria und Ruanda lieferte. Wutentbrannt rechnete er mit der südafrikanischen Regierung ab, als sie 2011 aus Rücksicht auf China dem Dalai Lama bereits zum zweiten Mal ein Visum verweigerte. Er macht mehrfach deutlich, dass die ANC-Regierungen das Erbe der Anti-Apartheids-Kämpfer schlecht verwalten. Die Partei beanspruche das Ende der Apartheid allein für sich und vergesse die Hilfe der internationalen Gemeinschaft und der Kirchen.

Tutus letzter Kampf
Tutu, von einer jahrelangen Krebserkrankung in den Rollstuhl gezwungen, schrieb 2016 in einem Gastbeitrag für die „Washington Post“, er setze sich für das „Recht auf das eigene Sterben“ ein. Nun, da das „Abflugterminal näher als die Ankunftshalle ist“, sei es an der Zeit, sich auch um die Würde sterbender Menschen zu kümmern.

Die die südafrikanische Organisation „Dignity SA“, die sich für das Recht von unheilbar Kranken einsetzt, wurde von Tutu finanziell unterstützt.

Seither hat Tutu keine Interviews mehr gegeben, nicht mehr an Konferenzen teilgenommen noch Vorträge gehalten. Er meinte, „dass alles, wofür wir gekämpft haben, erreicht wurde.“(Quelle: achgut.com, mit freundlicher Genehmigung des Autors Volker Seitz*)

*Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“.  Die aktualisierte und erweiterte 11. Auflage erschien am 18. März 2021. Volker Seitz publiziert regelmäßig zu afrikanischen Themen und hält Vorträge (z.B. „Was sagen eigentlich die Afrikaner“, ein Afrika-ABC in Zitaten).