
• Söldneroperationen verursachen tiefe Risse und wachsende Paranoia innerhalb der malischen Militärjunta
• Massaker, Plünderungen und operative Debakel schüren Terror, Chaos und treiben Terroristen neue Rekruten zu
27. August 2025 (London und Washington, DC) – Eine umfassende Untersuchung von The Sentry, einer investigativen Organisation, die Korruption und ihre Netzwerke aufdeckt, zeigt die Operationen der russischen Wagner-Gruppe in Mali als mehrschichtige Katastrophe – für die Menschen und Gemeinschaften in Mali, für die herrschende Junta, die sie ins Land geholt hat, für regionale Antiterror-Bemühungen und für Russlands brutale Strategie von Machtausbau und Rohstoffausbeutung in Afrika.
Der neue Untersuchungsbericht von The Sentry, „Mercenary Meltdown: The Wagner Group’s Failure in Mali“, beschreibt eine Kette operativer Misserfolge, während die Söldnerarmee immer reaktiver und gewalttätiger geworden ist – „was es den Terrorgruppen, die sie eigentlich neutralisieren sollte, ermöglicht hat, mehr Kontrolle zu gewinnen und ihre Rekrutierung in Mali auszuweiten.“ Zudem offenbart der Bericht, dass das durch Wagner verursachte Chaos wachsende Spaltungen und Paranoia innerhalb der malischen Militärführung hervorruft.
Justyna Gudzowska, Exekutivdirektorin von The Sentry: „Während Moskau seine Tentakel über die Sahelzone ausbreitet und seine Operationen unter dem Dach des Africa Corps neu aufstellt, ist es entscheidend zu verstehen, dass sein Vorgänger – die Wagner-Gruppe – keineswegs die unfehlbare Kampftruppe und erfolgreiche Wirtschaftsmacht war, als die sie sich darstellte. Im Gegenteil: Das malische Beispiel zeigt, dass die Gruppe auf beiden Ebenen scheiterte. Das sollte eine Warnung an andere afrikanische Staaten sein, die erwägen, das vom Verteidigungsministerium unterstützte Africa Corps ins Land zu holen.“
Wagners Engagement in Mali markiert eine andere Entwicklungslinie russischer Interventionen in der Region und steht im Kontrast zu den verheerenden und lukrativen Operationen in der Zentralafrikanischen Republik, die The Sentry bereits 2023 in seinem Bericht „Architects of Terror“ detailliert dokumentierte.
Charles Cater, Direktor der Untersuchungen bei The Sentry: „Die Intervention der Wagner-Gruppe in Mali ist ein Fehlschlag. Brutale und schlecht informierte Anti-Terror-Operationen haben die Allianzen unter den bewaffneten Gruppen gestärkt, die den Staat herausfordern. Sie führten zu erheblichen Verlusten für Wagner auf dem Schlachtfeld und zu höheren zivilen Opferzahlen. Wagners Präsenz hat außerdem die politische Zersplitterung und Spannungen innerhalb der Junta, die sie engagierte, verschärft – bei gleichzeitig untragbar hohen wirtschaftlichen Kosten. Letztlich hat Wagners Einsatz weder den Interessen des malischen Volkes, noch der Militärregierung, noch den Söldnern selbst gedient.“
Oliver Windridge, Senior Advisor für Großbritannien und die EU bei The Sentry: „Bisher haben die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten mit Besorgnis auf das Vordringen Russlands in die Sahelzone und andere afrikanische Länder reagiert. Doch die EU könnte mit einem veralteten Bild von Wagners Stärke und Taktiken arbeiten. Da die Risse in Wagners Operationen inzwischen sichtbar geworden sind, könnten sich auch neue Optionen für Brüssel, London und Washington eröffnen, um gegenüber den Sahel-Staaten Einfluss für bessere Ergebnisse auszuüben.“
Zentrale Erkenntnisse des Berichts:
- Trotz ihres Rufs als kampferprobte Truppe und trotz gelegentlicher öffentlichkeitswirksamer Erfolgsmeldungen in Mali – bis hin zur Behauptung, ihre Mission sei erfüllt – war Wagners Strategie von einer Serie von Fehlschlägen geprägt.
- Wagner-Kräfte konnten keine Kontrolle über die Regionen im Norden und Zentrum des Landes erlangen, wo terroristische und separatistische Gruppen die Autorität des malischen Staates herausfordern.
- Konfrontiert mit Problemen wie mangelnder Luftunterstützung, fehlendem Vertrauen und unzuverlässigen Informanten ist die Wagner-Gruppe zunehmend reaktiv und brutal geworden.
- Wagners Vorgehen hat nicht nur die Zivilbevölkerung getroffen, sondern auch die Unsicherheit verstärkt und die Fragmentierung des malischen Staates vorangetrieben. Wagner-Kämpfer haben innerhalb der malischen Militärhierarchie Angst und Chaos erzeugt, was die Forces Armées Maliennes (FAMA) dazu zwingt, bei Übergriffen gegen Zivilisten zu schweigen. Zudem hat der Mangel an Ordnung und Kommunikation in der Befehlskette zu einer fortschreitenden Erosion der FAMA geführt.
- Zu Beginn ihres Engagements in Mali suchte Wagner nach Bergbaukonzessionen, um ähnliche Selbstfinanzierungsmodelle wie in anderen Ländern aufzubauen. Doch die malische Junta scheint nicht bereit zu sein, Wagner den Bergbausektor zu überlassen, und bisher waren deren Vorstöße dorthin begrenzt.
- Übergriffe auf die malischen Streitkräfte durch Wagner-Söldner haben zugenommen, ebenso wie die Beschwerden malischer Soldaten.
- Innerhalb der Junta tragen unterschiedliche Abstufungen der Zusammenarbeit mit russischen Akteuren zu einem Machtverschiebungsprozess in Bamako bei – die malischen Führer betrachten einander zunehmend mit Misstrauen.
Zentrale Empfehlungen des Berichts:
- Die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) sollte Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen von Wagner-Truppen in Mali aufnehmen und Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen strafrechtlich verfolgen. Alternativ sollte der UN-Sicherheitsrat die Wagner-Verbrechen in Mali an den IStGH verweisen.
- Die Regierung Malis sollte Schritte zu strafrechtlicher Verantwortung und Entschädigungen für die Opfer von Massakern – wie in Moura – einleiten, ebenso für Misshandlungen und Vertreibungen von Zivilisten nach Wagner-Angriffen im Norden und Westen des Landes.
- Internationale Bergbauunternehmen, die in Mali tätig sind, sowie ausländische Raffinerien, die malisches Gold verarbeiten, sollten umfassende Prüfungen ihrer Geschäftstätigkeiten durchführen, um sicherzustellen, dass sie keine Geschäfte mit sanktionierten Wagner-Akteuren wie Ivan Maslov machen.
- Die algerische Regierung sollte erneute Friedensverhandlungen zwischen Bamako und den nördlichen Rebellen erleichtern. Da sich das politische und sicherheitspolitische Umfeld seit dem 2015 von Algerien vermittelten Abkommen – u. a. durch den Abzug der UN-Mission MINUSMA – stark verändert hat, müssen neue Bedingungen ausgehandelt werden.
- Die EU, die USA, das Vereinigte Königreich, Kanada und Australien sollten Netzwerke von Personen und Unternehmen im Umfeld von Sadio Camara untersuchen und gegebenenfalls sanktionieren, die Wagner unterstützen, begünstigen oder von dessen Präsenz profitieren – sowie jene, die in Korruption und Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind. Eine koordinierte Sanktionspolitik würde deren Wirkung verstärken.
HIER der gesamte Bericht (engl.)