
Die jüngsten Proteste in Kenia am 7. Juli (Saba Saba Day) haben Berichten zufolge mindestens 31 Todesopfer gefordert. Hunderte Menschen wurden verletzt, über 500 verhaftet. Außerdem sollen Geschäfte geplündert und beschädigt worden sein – Bürgerunruhen bestimmen aktuell die Lage im Land. Präsident William Ruto hat den Sicherheitskräften als Reaktion deutlich mehr Handlungsspielraum eingeräumt.
Seit über einem Jahr sieht sich die Regierung Ruto mit einer unermüdlichen Protestbewegung junger Kenianer konfrontiert, die tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Veränderungen fordern. Diese Forderungen mündeten in Demonstrationen, die zunehmend gewaltsam verlaufen – ein scheinbar nicht endender Konflikt zwischen der Jugend und dem politischen System.
Die politische Pattsituation entsteht dadurch, dass viele junge Menschen Rutos Rücktritt fordern, während seine parlamentarische Mehrheit einen vorzeitigen Machtwechsel nahezu unmöglich macht.
Das hat die Wut und Frustration in der Bevölkerung jedoch nicht verringert. Die Proteste gegen staatliche Willkür und Missstände gehen unvermindert weiter.
Vor Kurzem erklärte die nationale Menschenrechtskommission, dass bei den Montagsprotesten bereits 31 Menschen ums Leben gekommen seien. Die Polizei hingegen spricht weiterhin nur von 11 Toten.
Wie die BBC berichtet, sollten die Proteste ursprünglich dem jahrzehntelangen demokratischen Kampf Kenias gewidmet sein. Doch sie eskalierten in 17 der 47 Landkreise in Gewalt.
Zahlreiche Demonstrierende riefen Parolen wie „Ruto muss weg“ und „Wantam“ (Kurzform für „one term“), womit sie fordern, dass Präsident Ruto nur eine Amtszeit absolvieren solle.
Auch Geschäfte wurden vielerorts geplündert oder in Brand gesetzt.
Präsident Ruto erklärte daraufhin, die Gewalt werde angeblich von Oppositionsführern gesteuert. In diesem Zusammenhang kündigte er an, diese zur Rechenschaft zu ziehen, und autorisierte die Polizei, auf Plünderer zu schießen – mit dem Ziel, sie kampfunfähig zu machen.
„Wir wollen Frieden und dass die Menschen ihrer Arbeit nachgehen können. Wer aber Geschäfte zerstört oder anzündet, soll in die Beine geschossen und anschließend ins Krankenhaus gebracht werden, bevor er vor Gericht kommt“, sagte Ruto laut dem kenianischen Nachrichtenportal Tuko.
Weiterhin erklärte er: „Wir werden diesen Unsinn nicht dulden. Die Polizei soll nicht tödlich schießen, aber Kriminelle, die Geschäfte geplündert haben, müssen hart angegangen werden.“ Und: „Wir werden alle Mittel nutzen, die uns zur Verfügung stehen, um das Land zu stabilisieren. Wir können nicht zulassen, dass Chaos und Anarchie unsere Fortschritte zerstören.“
Ruto warnte außerdem davor, Sicherheitskräfte anzugreifen: „Wir kommen euch holen. Wer in Kenia Gewalt organisiert, wird nicht ungestraft davonkommen. Ich habe euch lange genug ertragen – jetzt ist Schluss. Wer Polizisten oder Polizeistationen angreift, erklärt dem Staat den Krieg. Wir werden konsequent gegen euch vorgehen.“
Diese Aussagen werfen ein ernstes Dilemma auf, denn viele Kenianer protestieren nicht nur gegen wirtschaftliche Misere, sondern auch explizit gegen Polizeigewalt.
Ursprung der Proteste
Die aktuellen Demonstrationen lassen sich bis ins Jahr 2024 zurückverfolgen, als die Bevölkerung gegen ein Gesetz zur Besteuerung von Grundnahrungsmitteln protestierte. Daraus entwickelten sich regierungskritische Proteste, bei denen erstmals der Slogan „Ruto must go“ aufkam – verbunden mit der Forderung nach dem Rücktritt des Präsidenten.(Quelle: Newsletter Businessinsider)