
In Nigeria ist Entführung längst nicht mehr nur ein Verbrechen, sondern zu einer regelrechten Industrie geworden. Ein am Mittwoch, den 27. August, veröffentlichter Bericht zeigt das Ausmaß des Phänomens: Mehr als 4.700 Menschen wurden innerhalb eines Jahres – zwischen Juli 2024 und Juni 2025 – verschleppt, berichtet RFI.
Die Entführer in Nigeria forderten dabei Lösegeld in Höhe von insgesamt 48 Milliarden Naira (etwa 2,7 Millionen Euro) und kassierten tatsächlich 2,56 Milliarden Naira, also mehr als eine Million US-Dollar. Diese Einnahmequelle zieht immer mehr Nigerianer an – arbeitslose Jugendliche ebenso wie Erwachsene.
Für Confidence Makari, leitender Analyst bei SBM Intelligence, ist Entführung ein direktes Symptom der wirtschaftlichen und sozialen Krise, die Nigeria derzeit durchlebt: „Sie ist zum täglichen Brot fast aller bewaffneten Gruppen geworden, die sich gegen den Staat erhoben haben. Das Phänomen ist so weit verbreitet, dass sogar Menschen, die nicht Teil organisierter Milizen sind, es betreiben. Entführung ist heute eines der sichersten und schnellsten Mittel, um an Geld zu kommen. Schon 2022 hatte es eine Welle von Entführungen katholischer Priester gegeben, bei denen Lösegelder von rund 50 Millionen Naira [etwa 32.000 US-Dollar, Anm. d. Red.] gezahlt wurden. Wenn das Opfer ein Richter oder eine hochgestellte Persönlichkeit ist, steigen die geforderten Summen noch deutlich“, erklärt Makari.
Entführung als Lebensunterhalt
Seiner Einschätzung nach gehört diese kriminelle Industrie mittlerweile zu den am stärksten wachsenden „Wirtschaftszweigen“ des kriminellen Nigeria. Viele Jugendliche inszenieren sogar ihre eigenen vorgetäuschten Entführungen, um zu überleben, da sie nichts zu essen haben. „Doch es ist nicht nur eine Sache der Jugend. Auch Erwachsene in den Vierzigern oder Fünfzigern spielen eine Rolle, indem sie Lösegeldzahlungen erleichtern. Wenn die Wirtschaft weder für die Jungen noch für die Älteren funktioniert, wird Entführung zu einem Mittel des Lebensunterhalts“, so Makari.
Die Regierung des Bundesstaates Kaduna wies den Bericht zurück und bezeichnete ihn als „falsch und böswillig“. Die Behörden betonen, dass sich die Sicherheitslage seit dem Amtsantritt von Gouverneur Uba Sani verbessert habe, und widersprechen den Zahlen, die Kaduna zu den am stärksten betroffenen Bundesstaaten zählen.