Burkina Faso: Wenn sich ein Autokrat mit fremden Federn schmückt

Burkina Faso: Wenn sich ein Autokrat mit fremden Federn schmückt
Bild: RIA Novosti archive, image #/CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Von *Volker Seitz • Mit einem Staatsstreich hat sich Capitaine Ibrahim Traoré 2022 im Sahelland Burkina Faso an die Macht geputscht. Er versucht, sich als Mann des Volkes darzustellen, ist aber ziemlich genau das Gegenteil.

Nicht nur in Afrika, dem Kontinent der alten machtgierigen Politiker ist Ibrahim Traoré mit 37 Jahren derzeit eines der jüngsten Staatsoberhäupter. Er wurde populär mit dem Image des „Kampfes gegen Imperialismus und Neokolonialismus“ der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Die Franzosen und der Westen hätten dafür gesorgt, dass es auf dem ressourcenreichen Kontinent immer noch sehr viel Armut gibt. Die politischen Schlagwörter wurden nach meiner Erinnerung schon in den 1960er Jahren vom Diktator Sekou Touré in Guinea verwendet, um Kritik abzuschmettern und die eigenen Machtansprüche zu sichern.

Statt kolonialer Abhängigkeiten hat er sich neue Freunde in Russland gesucht (Soldaten, Waffen gegen Gold, Zink, Kupfer, Mangan, Diamanten). Es gibt auch Kontakte nach China, der Türkei und Nordkorea. Jetzt setzt er z.B. bei der Goldsuche auf das russische Bergbauunternehmen Nordgold. Ein neues staatliches Bergbauunternehmen verlangt von ausländischen Firmen einen Anteil von 15 Prozent an ihren lokalen Aktivitäten. Das australische Unternehmen Sarama Resources leitete Ende 2024 nach dem Entzug einer Explorationslizenz ein Schiedsverfahren gegen Burkina Faso ein. 

Ibrahim Traoré stellt sich als Mann des Volkes dar und sieht sich als Nachfolger des in Burkina Faso und ganz Afrika immer noch sehr geschätzten Thomas Sankara. (Sankara war von 1983 bis zu seiner Ermordung 1987 der fünfte Präsident von Obervolta und erster Präsident Burkina Fasos.) Professor Helmut Asche, Afrikawissenschaftler, ist in Leipzig und Mainz sowie als volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Regierungsberater in Burkina Faso, Ruanda und Kenia tätig. Er kritisiert, „sich mit Thomas Sankara in eine Reihe zu stellen, sei eine dreiste Anmaßung“. Sankara habe sich als sozialistischer Revolutionär gesehen, Hunger und Korruption den Kampf angesagt, die Gesundheitsversorgung verbessert und das Bildungswesen gefördert und das, was heute die grüne Mauer im Sahel bezeichnet wird – eine Wiederaufforstung der Wüstenregion.

Ibrahim Traoré sei niemand, dem irgendjemand eine Entwicklungsabsicht, geschweige denn tatsächliche Ergebnisse abkaufen könne. Traoré möchte von der Popularität des bis heute von der jungen Generation in Burkina Faso wie ein Popstar verehrten Thomas Sankara, profitieren. Während seiner kurzen, lediglich vier Jahre andauernden Amtszeit gelang es der Regierung Sankaras, erhebliche Verbesserungen für die Bevölkerung zu erreichen. Traoré ist immerhin schon seit drei Jahren am Machthebel und präsentiert sich eloquent stets als Instrument des Volkswillens.

Die Wirklichkeit erweist sich jedoch als hartnäckiger Gegner seiner in der Bevölkerung erweckten Erwartungen. Die Allgemeinheit spürt immer noch keine Verbesserung, die Korrupten sind immer noch korrupt, und die Schwachen sind immer noch schwach. Anmerkung: Während Sankara die „Grüne Mauer“ noch mit geringen Mitteln in Eigenarbeit errichten ließ, ist die „Grüne Mauer“ (The Great Green Wall/La Grande Muraille Verte) inzwischen ein Milliarden/Millionen-Projekt der Afrikanischen Union, finanziert von Weltbank, EU und BMZ.

Verbot der Personenkults
Sankara lebte Nüchternheit vor, zwang seine Minister, in der Touristenklasse zu fliegen, und propagierte das Fahrrad und den Kleinwagen „R5“ als Verkehrsmittel. Völlig ungewöhnlich war das Verbot des Aufhängens seines Porträts, um einen Personenkult zu verhindern. In der kurzen Regierungszeit hat er seinem Volk Wasser, Nahrung, Gesundheit und Bildung garantiert. Zum ersten Jahrestag der Revolution benannte Sankara Obervolta in Burkina Faso um. Er weigerte sich, die Klimaanlage in seinem Büro zu nutzen. (Besonders kühle Büros in Afrika sollen überall die Rangordnung betonen. Ich habe mich bei Ministerbesuchen warm angezogen.)

Auch im „Land der Aufrechten / Unbestechlichen“, wie Burkina Faso in deutscher Übersetzung heißt, hat die Korruption nach Sankara um sich gegriffen. Wie überall in Afrika ist Bestechung beim Zoll, den Steuerbehörden, der Polizei, den Gesundheits- und Bildungseinrichtungen verbreitet. Die landwirtschaftliche Produktion in Burkina Faso wuchs zwischen 1983 und 1986 um 75 Prozent. Immer mehr Burkinabe konnten von dem leben, was im Land produziert wurde. Baumwolle, der Hauptrohstoff des Landes, wurde in eigenen Fabriken zu Kleidung verarbeitet. In Sankaras Regierungszeit entstanden Dorfkliniken und Gemeindezentren, mobile Gesundheitsteams impften 1984 in drei Wochen mehr als eine Million Kinder gegen Masern, Gelbfieber und Meningitis. (Quelle: achgut.com, mit frdl. Genehmigung des Autors *Volker Seitz.
Volker Seitz’ Bestseller Afrika-wird-armregiert-oder-Wie-man-Afrika-wirklich-helfen-kann, dtv, 2025  (Nachdruck) ist eines der wichtigsten Bücher der Entwicklungshilfe-Debatte).