DAS-Afrika-Pressespiegel KW 45/2025: Einflusssphären

DAS-Afrika-Pressespiegel KW 45/2025: Einflusssphären

Themen der Woche: Der UN-Sicherheitsrat unterstützt Marokkos Westsahara-Plan, Bundespräsident Steinmeier reist nach Ägypten, Ghana sowie Angola und die Lagos Fashion Week gewinnt den Earthshot-Nachhaltigkeitspreis.

Steinmeier in Ägypten, Ghana und Angola Gestern endete Bundespräsident Steinmeiers mehrtägige Afrika-Reise mit Stationen in Ägypten, Ghana und Angola. Begleitet wurde er unter anderem von Staatsministerin Serap Güler (Auswärtiges Amt) und einer Wirtschaftsdelegation. Zum Auftakt nahm Steinmeier am Samstag auf Einladung seines ägyptischen Amtskollegen Abdel Fattah Al-Sisi an der offiziellen Eröffnungsfeier des Grand Egyptian Museum teil, das über 100.000 Artefakte zeigt, darunter erstmals die vollständige Ausstattung des Grabes von Tutanchamun. Am Sonntag folgten bilaterale Gespräche mit Al-Sisi über die Vertiefung der strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und Ägypten. Im Mittelpunkt standen dabei Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Fachkräftemigration und der Eindämmung irregulärer Migration. Auch die Weiterentwicklung der Partnerschaft mit der Europäischen Union (EU) wurde thematisiert, nachdem Ende Oktober der erste EU-Ägypten-Gipfel stattgefunden hatte. Ein weiterer Gesprächspunkt waren die Entwicklungen in der Region, insbesondere im Gazastreifen. Bereits bei seinem letzten Besuch im September 2024 hatte Steinmeier mit Al-Sisi über Ägyptens Rolle als Vermittler im Konflikt gesprochen; diesmal ging es um die Stabilisierung des Waffenstillstands und die humanitäre Versorgung sowie den Wiederaufbau.

Am Montag reiste Steinmeier weiter nach Accra, wo er Präsident John Dramani Mahama traf. Vor dem Hintergrund zunehmender extremistischer Gewalt und sinkender politischer Stabilität in der Sahelregion waren unter anderem Frieden und Sicherheit wichtige Gesprächsthemen. Zudem traf Steinmeier Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft sowie der ghanaischen Start-up-Szene. Am Abend verlieh er das Bundesverdienstkreuz an vier Personen, darunter den ehemaligen deutschen Fußballnationalspieler Gerald Asamoah, der sich in Ghana mit seiner Stiftung für herzkranke Kinder engagiert. In Kumasi besichtigte Steinmeier ein Projekt zur Impfstoffproduktion und nahm am Spatenstich für das neue Kompetenzzentrum für grüne Technologien des Kumasi Technical Institute teil. Deutschland und die EU unterstützen Ghana dabei, sich als westafrikanisches Zentrum für Impfstoff- und Arzneimittelproduktion zu etablieren. Es war nach 2017 bereits Steinmeiers zweiter Besuch als Bundespräsident in dem westafrikanischen Land, das, wie Ägypten, Compact with Africa-Partnerland ist.

Am Mittwoch setzte Bundespräsident Steinmeier seine Reise in Luanda fort. Im Mittelpunkt der Gespräche mit Präsident João Lourenço standen die Vertiefung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen sowie die Zusammenarbeit bei Rohstoffen. Angola ist der weltweit viertgrößte Diamantenproduzent und verfügt über bedeutende, bislang kaum erschlossene Vorkommen kritischer Rohstoffe. Unterzeichnet wurden mehrere Absichtserklärungen, darunter eine Kooperation zwischen Lufthansa Consulting und der staatlichen Fluggesellschaft TAAG sowie ein Abkommen zum Aufbau eines agroindustriellen Entwicklungszentrums zwischen dem angolanischen Landwirtschafts- und Forstministerium, Gauff Engineering und CHB Investment Holding. Von Huambo aus besichtigte Steinmeier Teile des Lobito-Korridors – ein von der EU im Rahmen der Global-Gateway-Initiative sowie von den USA mitfinanziertes Infrastrukturprojekt, das Angolas Atlantikküste mit den Bergbaugebieten der Demokratischen Republik Kongo und Sambias verbindet. Dabei rief er deutsche Unternehmen dazu auf, entlang des Korridors zu investieren. Angola feiert in diesem Jahr 50 Jahre Unabhängigkeit und hat derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union inne. Ende November richtet Luanda den AU-EU-Gipfel aus – ein Zeichen der wachsenden regionalen und internationalen Bedeutung Angolas, die auch Steinmeiers Besuch als erster deutscher Bundespräsident unterstreicht.

UN-Resolution unterstützt Marokkos Westsahara-Plan Am vergangenen Freitag verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 2797, die den marokkanischen Autonomieplan von 2007 als offizielle Verhandlungsgrundlage für den Westsahara-Konflikt unterstützt. Der Plan sieht vor, dass die Westsahara eigene demokratisch gewählte legislative, exekutive und judikative Organe erhält, jedoch integraler Bestandteil Marokkos bleibt. Eine Autonomie unter marokkanischer Souveränität stelle laut Resolution die „realistischste Lösung“ des Konflikts dar. Zugleich enthält der Text keinen Verweis auf ein Referendum zur Selbstbestimmung der Sahraui, wie es die Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario fordert. Außerdem verlängerte der Sicherheitsrat das am 31. Oktober auslaufende Mandat der UN-Mission für das Referendum in der Westsahara (MINURSO) um ein weiteres Jahr und beauftragte den UN-Generalsekretär, innerhalb von sechs Monaten einen Bericht zur strategischen Überprüfung des Mandats vorzulegen. Elf der 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats stimmten für die Annahme der Resolution, die von den USA eingebracht und von Frankreich sowie dem Vereinigten Königreich aktiv unterstützt worden war. China, Russland und Pakistan enthielten sich, während Algerien, das als engster Verbündeter der Frente Polisario gilt und derzeit nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats ist, nicht an der Abstimmung teilnahm.

Algerien, das vor der Verabschiedung noch versucht hatte, über diplomatische Kanäle Einfluss auf den Text zu nehmen und Russland sowie China zu einem Veto zu bewegen, kritisierte den Text scharf. Zwar sei die Resolution im Vergleich zu früheren Texten eine Verbesserung, dennoch ignoriere sie etwa Kompromissvorschläge der Frente Polisario, so der algerische UN-Botschafter Amar Bendjama. Der Text widerspreche zudem der bisherigen Haltung der Vereinten Nationen zur Entkolonialisierung. Auch die Frente Polisario wies mehrere Passagen zurück und machte deutlich, dass sie sich an keinem Prozess beteiligen werde, der die marokkanische Besatzung legitimiere. Zugleich betonte Brahim Ghali, Präsident der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS) und Generalsekretär der Frente Polisario, dass die Resolution weiterhin „die Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara” als Ziel nenne.

In Marokko wurde die Resolution dagegen als diplomatischer Erfolg gewertet. Zahlreiche Marokkanerinnen und Marokkaner feierten die Verabschiedung auf den Straßen der größten Städte. König Mohammed VI. lobte die Resolution in einer Fernsehansprache als Instrument zur Beilegung eines seiner Meinung nach „künstlichen Konflikts” und kündigte die Vorlage eines aktualisierten Autonomieplans in den kommenden Monaten an. Am Montag berieten zudem beide Kammern des Parlaments über die nächsten Schritte. Auch die USA bezeichneten die Resolution als historischen Erfolg und erklärten, sie wollten die Parteien in den kommenden Wochen zu weiteren Verhandlungen ermutigen.

Mit der Resolution 2797 erkennt der UN-Sicherheitsrat erstmals den marokkanischen Autonomieplan als formale Grundlage für künftige Verhandlungen an. Nach Einschätzungen mehrerer Rechtsexpertinnen und -experten deutet dies auf einen Paradigmenwechsel im Umgang mit dem Westsahara-Konflikt: Weg von der Entkolonialisierungsfrage hin zu einem Ansatz ausgehandelter Regierungsführung unter marokkanischer Souveränität. Dieser Wandel hatte sich bereits in den vergangenen Jahren abgezeichnet, nachdem sich neben den USA auch Frankreich, Großbritannien, Spanien und zunehmend afrikanische Staaten der Position Marokkos angeschlossen hatten (Pressespiegel KW 31/2024, Pressespiegel KW 14/2022). Ob die neuen Vermittlungsbemühungen zu Fortschritten führen oder die Fronten weiter verhärtet, bleibt abzuwarten.

Und sonst? Am Sonntag ging die 15. Ausgabe der Lagos Fashion Week zu Ende. Die diesjährige Veranstaltung brachte mehr als 60 afrikanische Designerinnen und Designer zusammen. Auch in diesem Jahr spielte das Thema ökologische und soziale Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Präsentiert wurden beispielsweise Kollektionen wie die des ghanaischen Designers Titus Doku, die vollständig durch Upcycling hergestellt wurden. Dabei werden gebrauchte Materialien in neue Kleidungsstücke verwandelt, ohne sie zu zerstören, sodass Abfall einen neuen Zweck erhält. In den letzten Jahren ist Nachhaltigkeit zu einer immer wichtigeren Säule der Lagos Fashion Week geworden, was nun auch internationale Anerkennung findet. Am Mittwoch erhielt die Plattform den Earthshot Prize in der Kategorie „Build a Waste-Free World“, einen Umweltpreis, der von Prinz William ins Leben gerufen wurde, um globale Innovatorinnen und Innovatoren zu ehren, die sich mit Umweltproblemen befassen. Der Preis unterstreicht das Engagement der Lagos Fashion Week für die Neugestaltung der Modewirtschaft und die Reduzierung von Textilabfällen.

Veranstaltungshinweis Vom 11. bis zum 16. November 2025 präsentiert das Berliner Filmfestival AFRIKAMERA unter dem Motto „CHANGE“ aktuelle Filmproduktionen aus Afrika. Veranstaltet vom Verein toucouleur e.V., widmet sich das Festival seit 2007 der Förderung afrikanischer Perspektiven im deutschen Kulturraum. Im Zentrum der diesjährigen Edition stehen vor allem Filme, die gängige Geschlechterrollen, Machtverhältnisse und soziale Strukturen hinterfragen sowie Werke von weiblichen Regisseurinnen. Neben Filmvorführungen erwarten die Besucherinnen und Besucher zahlreiche Diskussionsformate und Networking-Events an verschiedenen Spielorten wie dem City Kino Wedding, der Brotfabrik und Sinema Transtopia. Eröffnet wird das Festival mit dem Film Promis le ciel der tunesischen Regisseurin Erige Sehiri, der die Lebensrealität afrikanischer Migrantinnen und ihrer Suche nach Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt. Ein Festival für alle, die Kino aus afrikanischer Sicht erleben wollen. HIER geht es zum detaillierten Programm des Festivals.

(Deutsche Afrika Stiftung – DAS)