Mali: Beliebte TikTokerin von mutmaßlichen Dschihadisten im Norden des Landes hingerichtet

Mali: Beliebte TikTokerin von mutmaßlichen Dschihadisten im Norden des Landes hingerichtet

Die brutale Ermordung der jungen malischen TikTokerin und Content-Creatorin Mariam Cissé hat im ganzen Land Bestürzung ausgelöst. Die aus der Stadt Tonka im Norden Malis stammende Influencerin, die über 100.000 Follower auf TikTok hatte, wurde am 6. November 2025 während eines Livestreams auf einem Markt in der Gemeinde Echel von mutmaßlichen dschihadistischen Kämpfern entführt. Am folgenden Tag wurde sie in der Öffentlichkeit hingerichtet.

Lokale Quellen berichten, dass Cissé in den Tagen vor ihrer Entführung Videos aufgenommen hatte, in denen bewaffnete Männer auf einem Markt zu sehen waren. Diese Aufnahmen verbreiteten sich schnell in der Region und sollen die Aufmerksamkeit der bewaffneten Gruppen auf sie gelenkt haben. Einige Einwohner vermuten, dass die Veröffentlichung dieser Videos sowie ihre öffentliche Nähe zur malischen Armee sie zur Zielscheibe gemacht haben.

Mariam Cissé war in der Region Timbuktu und unter der malischen Diaspora eine bekannte Stimme. In ihren Videos zeigte sie das Alltagsleben in Tonka, nutzte Humor und kurze Alltagsszenen, um Kultur und Gemeinschaft zu präsentieren, und äußerte dabei offen Sympathie für die malischen Streitkräfte. In einigen Videos trug sie sogar Uniform; ein Clip trug den Titel „Vive Mali“ („Lang lebe Mali“). Nach Angaben einer Sicherheitsquelle wurde ihr vorgeworfen, dschihadistische Kämpfer zu filmen und diese Informationen an das Militär weiterzugeben.

Lt. ihrem Bruder sei sie während eines Live-Streams festgenommen worden. „Meine Schwester wurde am Donnerstag von den Dschihadisten verhaftet. Sie beschuldigten sie, die malische Armee über ihre Bewegungen zu informieren.“ Über das Wochenende sei sie per Motorrad zurück nach Tonka gebracht und schließlich auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz erschossen worden – vor den Augen von Anwohnern und Familienmitgliedern. Die Hinrichtung in der Öffentlichkeit zeigt, wie stark die Kontrolle bewaffneter Gruppen in diesem Gebiet inzwischen ist.

Tonka, rund 38 Kilometer von Goundam und über 120 Kilometer südwestlich von Timbuktu entfernt, befindet sich seit Monaten faktisch unter der Kontrolle dschihadistischer Gruppierungen, die mit dem Al-Qaida-Ableger JNIM verbunden sind. Patrouillen, Ausgangsbeschränkungen, die Überwachung von Märkten und die Kontrolle sozialer Abläufe gehören dort mittlerweile zum Alltag. Für Aktivisten, Medienschaffende und Zivilisten entsteht damit eine besonders gefährliche Lage. Die Regierung in Bamako hatte zum Zeitpunkt der Berichterstattung keine Stellungnahme abgegeben. Gemeindevorsteher und Familienangehörige leiten die Trauerrituale gemäß lokalen Traditionen.

Ihr Tod fällt in eine Phase tiefgreifender Krise im Land. Seit Wochen herrscht in Mali ein drastischer Treibstoffmangel, nachdem Dschihadisten Tanklaster angegriffen und Handelswege blockiert haben – insbesondere auf den Routen aus Senegal und der Elfenbeinküste, über die Mali als Binnenland vollständig auf Straßenimporte angewiesen ist. Schulen und Universitäten sind seit Wochen geschlossen, der Alltag im Land ist stark beeinträchtigt. Die Afrikanische Union sprach von „tiefer Besorgnis“ angesichts der „rapiden Verschlechterung der Sicherheitslage“ und verurteilte die gezielten Angriffe auf Zivilisten. Frankreich rief seine Staatsbürger dazu auf, das Land umgehend zu verlassen, solange kommerzielle Flüge noch verfügbar seien.

Obwohl die Militärregierung nach ihrem Putsch im Jahr 2021 bessere Sicherheit versprochen hatte, bleibt ein großer Teil des Nordens und Ostens außerhalb staatlicher Kontrolle. Vor diesem Hintergrund steht der Tod von Mariam Cissé symbolisch für die Gefährdung all jener, die sich öffentlich äußern, mit staatlichen Behörden sympathisieren oder versuchen, das lokale Leben sichtbar zu machen.

Ihr gewaltsamer Tod hat in sozialen Netzwerken, besonders unter jungen Menschen, Empörung, Angst und tiefe Trauer ausgelöst. Für viele war sie eine Stimme ihrer Region – und nun ein weiteres Opfer eines Konflikts, der seit 2012 das Land erschüttert. (Quellen: BBC und North Africa Journal)