
Russland nutzt die Verbitterung der Afrikaner mit der langjährigen politischen und wirtschaftlichen Dominanz des Westens und stärkt seinen Einfluss in Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union. Man hat so ziemlich alles im Angebot außer moralischen Belehrungen.
Business Insider Africa berichtete am 9. Oktober 2025, dass Russland im Rahmen seiner wirtschaftlichen Diplomatie seine Liste visumfreier Partnerländer um weitere vier Länder erweitern wird. Demnach werden bilaterale Verträge vorbereitet, nachdem künftig Russen in 15 afrikanische Länder ohne Visum – für Aufenthalte von 30 bis 90 Tagen – einreisen dürfen. Verhandelt wird mit Mosambik, Sambia, Simbabwe und Eswatini. Für russische Staatsbürger entwickelt sich Afrika zunehmend zu einem bevorzugten Ziel für Tourismus und wirtschaftliche Expansion. Derzeit genießen russische Staatsbürger visumfreie Einreise in 11 afrikanische Länder:
bis zu 90 Tage in Marokko, Namibia, Tunesien und Südafrika,
bis zu 60 Tage in Kap Verde und Mauritius,
bis zu 30 Tage in Angola, Botswana, Malawi und den Seychellen,
sowie bis zu 15 Tage in São Tomé und Príncipe
Russland ist immer mehr in afrikanischen Ländern aktiv, nachdem der Westen auf dem Kontinent auf einem kontinuierlichen Rückzug ist. Von Mali bis zum Sudan, von Libyen bis nach Südafrika – Russland baut seinen Einfluss seit Jahren systematisch aus. Die staatlich kontrollierten Sender RT Africa und Sputnik Africa verbreiten die Kreml-Narrative, auch mehrsprachig, mithilfe von lokalen Ablegern in der Sahelzone (derzeit in Burkina Faso, Mali, Niger). Zusätzlich werden Journalisten geschult. Es gibt zahlreiche Online-Aktivitäten auf dem Kontinent (u.a. in Ägypten, Algerien, Burkina Faso, Senegal, Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik, Tschad und Nigeria) für regionale Zielgruppen.
Auch das diplomatische Netzwerk wird schrittweise erweitert. Selbst in kleineren Ländern wie Gambia, Liberia, den Komoren, Südsudan und Togo werden Botschaften eröffnet oder wie im Niger und Sierra Leone wieder aktiviert.
Moskau sichert sich Rohstoffe In zahlreichen Staaten, zuletzt in Mali und Niger, haben Militärregierungen die Macht übernommen und westliche Länder mussten sich zurückziehen. Derzeit sichert sich Russland Einfluss auf das an Rohstoffen reiche Afrika, obwohl Russland selbst reich an energietragenden Bodenschätzen ist. Erdöl, Uran, Kupfer, Diamanten und Seltene Erden werden auch in den Industrieländern dringend benötigt.
Jahrzehntelang waren französische Truppen in acht ehemaligen Kolonien stationiert. In Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad, Senegal und der Côte d’Ivoire wurde die französische Präsenz überraschend „weder gewünscht noch viel länger geduldet“. Paris bleiben nur noch zwei Stützpunkte in Dschibuti in Ostafrika und Gabun in Zentralafrika. Der französische Präsident Macron hat kein Fehlerbewusstsein und reagierte am 6. Januar 2025 in seiner Rede bei der jährlichen Botschafterkonferenz in Paris gekränkt über den rapide schwindenden Einfluss und meinte, dass keines dieser Länder souverän wäre, „wenn nicht die französische Armee in dieser Region stationiert gewesen wäre“. Er ging noch weiter und sagte „Ich glaube, man hat vergessen, sich bei uns zu bedanken. Das ist nicht schlimm, das wird mit der Zeit kommen.“
Russland nutzt die Verbitterung der Afrikaner mit der langjährigen politischen und wirtschaftlichen Dominanz des Westens und stärkt strategisch seinen Einfluss in einigen der 55 Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union. Moskau bedient die derzeitige antikoloniale Stimmung (vgl. Achgut 11.01.2025 „Afrikanische Staaten werfen französische Truppen raus“) und positioniert sich als verlässlicher Partner, Verteidiger afrikanischer Interessen und als Verbündeter im Kampf gegen Terrorismus.
Söldner, Waffen und Kraftwerke im Angebot Es bietet militärische Dienstleistungen (Ausbildung, Objekt- und Personenschutz, z.B. Ölfelder, und der Militärherrscher in Burkina Faso, Ibrahim Traoré, wird von 100 russischen Leibwächtern geschützt), Beschaffung von Rüstungsgütern (z.B. Luftabwehr – Raketengeschütze) und Verträge in Energie an. Staatsbetriebe wie Gazprom (gasbetriebene Elektrizitätswerke), Rosneft (Öl), Alrosa (Erschließung von Diamanten-Lagerstätten) und Rosatom (Atomindustrie, wegen der mangelhaften Elektrifizierung in vielen Ländern) sowie verschiedene Waffenhersteller. Allerdings ist die Türkei mit der – im Kaukasus und in Äthiopien erprobten – Bayraktar-Drohne auch in Afrika Marktführer.
Anders als westliche Staaten unterwirft sich Russland keinen moralischen, klima- oder umweltpolitischen oder gar menschenrechtlichen Zwängen. Die wertvollen Rohstoffe oder auch Tropenhölzer sind für die russische Wirtschaft von Bedeutung. Moskau schafft sich auch Absatzmärkte für eigene Produkte, wie zum Beispiel als Exporteur von landwirtschaftlichen Geräten und Düngemitteln. Russlands Anteil an den Weizenimporten Afrikas ist in den letzten Jahren von 13 auf 32 Prozent gestiegen. Durch den Getreidehandel hat Russland die Probleme der geringen Ernährungssicherheit afrikanischer Staaten für seinen Einfluss genutzt.
Wirtschaftliche Projekte und Kooperationen im Energie- und Bergbausektor werden vereinbart, z.B. Gold im Sudan, Goldraffinerie in Mali und Diamanten im Kongo (Kinshasa). Über die militärische Präsenz gewinnt Russland auch Zugang zum Bergbausektor.
Manfred Haferburg schrieb kürzlich: „Zielstrebig entwickeln die Russen ihre Reaktortechnik weiter. Die modernen Reaktoren der Bauart WWER-1000-1200 und -1300 sind westlichen Anlagen durchaus ebenbürtig und mit über einem Dutzend laufender Projekte die weltweit meistverkauften Anlagen. Russland ist somit der erfolgreichste Kernkraftexporteur weltweit… Die russische Nuklearindustrie wird meist maßlos unterschätzt. Rosatom, die staatliche russische Atomenergiebehörde mit 250.000 Mitarbeitern, verfügt über umfangreiche Erfahrungen mit großen und kleinen Reaktoren und nahezu unbegrenzte Entwicklungskapazität.“
Russland wird in Afrika mehr und mehr als Partner geschätzt. Im Ukrainekrieg ergreifen die meisten Länder nicht einseitig Partei, weil sie den Konflikt vordergründig als einen zwischen Russland und der Ukraine sehen. Vielleicht auch, weil einige Repräsentanten der Meinung sind, dass die ehemaligen Befreiungsbewegungen den Russen noch einiges schuldig sind seit den Zeiten des Kalten Krieges. (Quelle: achgut.com, mit frdl. Genehmigung des Autors Volker Seitz, Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 2021 (11. aktualisierte Auflage).