
Zwei Familien aus dem Südsudan klagten mit Unterstützung von PRO ASYL gegen die im Mai 2025 ergangene Absage ihres Resettlementflugs. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gab einer Klägerin Recht und verpflichtete die Bundesregierung, der betroffenen Familie die Einreise zu ermöglichen. Das führte auch zu einem positiven Ausgang des Verfahrens der anderen Familie. Heute landeten die beiden Familien mit weiteren Flüchtlingen – insgesamt 143 Personen – in Leipzig.
Bereits im Mai 2025 sollten die 183 besonders schutzbedürftigen Menschen aus dem Südsudan, Somalia, Kongo und Äthiopien über das bundesdeutsche Resettlement-Programm aus einem der größten Flüchtlingslager in Kenia aufgenommen werden. Zuvor hatten sie monatelange Prüfungs- und Auswahlverfahren durchlaufen, bereits einen Flugplan erhalten sowie Sicherheits- und Gesundheitsprüfungen und einen kulturellen Vorbereitungskurs absolviert. Dann stoppte das Bundesinnenministerium in letzter Sekunde den Flug – offensichtlich, um für die angekündigten härtere Flüchtlingspolitik Fakten zu schaffen.
Beide Familien aus dem Südsudan wehrten sich und klagten mit Unterstützung von PRO ASYL gegen die Absage. Am 29. Oktober gab das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Klägerin Recht und verpflichtete das Bundesinnenministerium, sie und ihre vier Familienangehörigen einreisen zu lassen. Infolge des Urteils werden nun auch die Resettlement-Verfahren der anderen, die von der Absage des Fluges betroffen waren, fortgesetzt.
„Die kurzfristige Absage des Resettlement-Flugs durch das Bundesinnenministerium war nicht nur kaltherzig, sondern auch rechtswidrig“, sagt Helen Rezene, Co-Geschäftsführerin von PRO ASYL. „Es ist bitter. Unter der Ägide von Bundesinnenminister Dobrindt müssen die Einhaltung von Flüchtlingsaufnahmezusagen und die Wahrung von Menschlichkeit vor Gericht erstritten werden“, so Rezene weiter.
Matthias Lehnert, Rechtsanwalt einer der Familien, stellt fest: „Die Bundesregierung beweist in der Flüchtlingspolitik bislang vor allem eins: eine Verachtung gegenüber Recht und Gesetz. Es ist bedenklich, wie häufig bereits im ersten halben Regierungsjahr die Justiz gegenüber der rechtswidrigen Abschottungspolitik intervenieren musste.“
Der Rechtsstaat muss sich an seine eigenen Grundsätze halten
Rechtsanwältin Myrsini Laaser, die die Einreise mit ihrer Mandantin vor dem OVG Berlin- Brandenburg erstritten hat, gibt zu bedenken: „Das Oberverwaltungsgericht hat klargestellt, dass der Abbruch des Resettlement-Verfahrens rechtswidrig war. Nach Abschluss der umfangreichen Auswahl-, Sicherheits- und Vorbereitungsmaßnahmen durften die betroffenen Familien berechtigterweise davon ausgehen, dass ihre Aufnahme verbindlich zugesagt war. Der Staat ist an solche Entscheidungen gebunden; eine politische Neuausrichtung begründet keine veränderte Sachlage, die ein Abweichen von bereits erteilten Aufnahmezusagen rechtfertigen könnte. Erfreulich ist, dass sich der Rechtsstaat hier durchgesetzt hat und das Oberverwaltungsgericht dabei so klare Worte gefunden hat. Bedenklich bleibt jedoch, dass die Durchsetzung dieses offenkundigen Rechtsanspruchs nur unter erheblichem zeitlichem und finanziellem Aufwand und über zwei Instanzen möglich war. Einen solchen Zugang zu anwaltlicher Unterstützung und zur Begleitung durch NGOs haben die wenigsten.“ (PRO ASYL)