Südafrika: In Kapstadt forderte Bandengewalt in sechs Monaten 490 Todesopfer

Südafrika: In Kapstadt forderte Bandengewalt in sechs Monaten 490 Todesopfer

In Kapstadt wütet die Bandengewalt und kennt immer weniger Grenzen. Seit April wurden drei Menschen sogar in Gerichtsgebäuden erschossen. Am Freitag, dem 20. September, legte der amtierende Polizeiminister bei einer Parlamentsdebatte über die zunehmende Schusswaffengewalt erschütternde Zahlen vor. Von April bis September kamen 490 Menschen durch Bandengewalt ums Leben, darunter 23 Minderjährige, berichtet RFI.

 Die überwältigende Mehrheit dieser Morde wurde in den Cape Flats verübt – einer Ansammlung von Armenvierteln am Rand von Kapstadt, die während der Apartheid geschaffen wurden. Die Bewohner sind dort täglich mit Gewalt und Drogenhandel konfrontiert.

Eine besonders schockierende Szene ging viral: Schüsse fielen in der Nähe eines Kindergartens, und ein Video zeigt vier- bis fünfjährige Kinder, die sich auf den Boden werfen, während ihre Lehrerin versucht, sie zu beruhigen. „Macht die Augen zu, hört auf die Musik“, sagt die Lehrerin. Diese Szene zeigt eindringlich, wie sehr der Bandenkrieg das Leben der Menschen in den Cape Flats beeinträchtigt. Mitten in einer neuen Welle der Gewalt fühlen sich die Bewohner erneut von den Behörden im Stich gelassen. „Dass der Minister sagen kann, es gebe keinen Aktionsplan, macht mich wütend. Es bestätigt das Gefühl dieser Gemeinschaften, im Stich gelassen zu sein und zu den vergessenen Gemeinschaften zu gehören“, erklärt Dereleen James, Parlamentsabgeordnete und Anti-Drogen-Aktivistin.

Bewohner fordern Militäreinsatz
Vor dem Parlament räumte der amtierende Polizeiminister ein, dass es keinen wirksamen strategischen Plan gebe, um die zunehmend besser bewaffneten und stärker mit internationaler organisierter Kriminalität vernetzten Banden zu bekämpfen. Nach Ansicht von David Africa, Geheimdienstexperte und Direktor des African Centre for Security and Intelligence Practice, gibt es zwei Entwicklungen, die die Gewalt eskalieren ließen: „Die Gewalt in den Cape Flats ist seit mindestens zehn Jahren extrem hoch. Neu ist jedoch, dass es immer mehr Schießereien mit einer großen Zahl an Opfern gibt. Diese Opfer scheinen zunehmend völlig wahllos getroffen zu werden“, so Africa. Frustriert über die mangelnde Wirksamkeit der Polizei fordern einige Bürgerorganisationen den Einsatz der Armee oder sogar die Ausrufung des Ausnahmezustands.