
Südafrika untersucht Berichte über russische Unternehmen, die junge Frauen für Auslandsjobs anwerben, welche möglicherweise Moskaus Krieg in der Ukraine unterstützen – insbesondere durch Drohnenfabriken. Diese Rekrutierungskampagne, die nun von Südafrika geprüft wird, ist Teil einer größeren russischen Strategie, den akuten Arbeitskräftemangel abzufedern, der durch den demografischen Niedergang und die Kriegsmobilisierung verschärft wird.
Laut Bloomberg gehört die Sonderwirtschaftszone Alabuga in Tatarstan – einer der wichtigsten russischen Industriezentren und zentraler Produzent von Shahed-Drohnen für den Kriegseinsatz – zu den Hauptakteuren bei der Anwerbung.
Wie die Rekrutierung funktioniert
Der Anwerbungsprozess wird unter dem Dach der BRICS organisiert, insbesondere über das südafrikanische Kapitel der BRICS Women’s Business Alliance.
Berichten zufolge unterzeichnete die Allianz im Mai ein Abkommen zur Entsendung von über 5.600 Arbeitskräften an Alabuga und das Bauunternehmen Etalonstroi Ural in Russland.
Auch die BRICS Student Commission in Südafrika bewarb Jobangebote in Russlands Bau- und Gastgewerbe, gezielt für Frauen im Alter von 18 bis 22 Jahren. Diese Stellen wurden zudem über soziale Netzwerke wie Instagram und TikTok als gut bezahlte internationale Jobs beworben.
Lebogang Zulu, Vorsitzende der BRICS Women’s Business Alliance in Südafrika, erklärte gegenüber Bloomberg, die Kampagne solle „Russlands Arbeitskräftebedarf mit Südafrikas Arbeitslosigkeitskrise zusammenbringen“.
Fast ein Drittel der Südafrikaner ist arbeitslos, und fast die Hälfte der Frauen unter 34 hat keinen Job.
Sorgen in Pretoria
Die südafrikanischen Behörden haben eine Untersuchung eingeleitet, um die wahren Ziele der Rekrutierungen zu klären. Dabei vermeidet man jedoch eine direkte Verurteilung, da Südafrika enge diplomatische Beziehungen zu Russland pflegt.
„Die Regierung prüft aktiv Berichte über ausländische Programme, die Südafrikaner unter falschen Vorwänden anwerben“, teilte das Außenministerium (DIRCO) mit.
Insider berichten, Pretoria könne russische Diplomaten einbestellen, um Erklärungen einzufordern.
Die Ermittlungen folgen auf eine Studie des Institute for Science and International Security (ISIS), dem zufolge viele Frauen über das Alabuga-Programm angeworben wurden, ohne zu wissen, dass sie in Drohnenmontagewerken arbeiten würden.
Ukrainische Streitkräfte haben diese Anlagen wiederholt angegriffen, zuletzt am 9. August, was die Risiken für die Beschäftigten verdeutlicht.
ISIS schätzt, dass rund 90 % der angeworbenen Frauen letztlich in der Drohnenproduktion eingesetzt wurden – entgegen den ursprünglich beworbenen Bau- oder Gastgewerbe-Jobs.
Regionale Ausweitung
Bis vor Kurzem stammten die meisten Rekrutierten aus ärmeren afrikanischen Staaten wie Burkina Faso und Äthiopien. Im ersten Betriebsjahr 2023 wurden lediglich 22 Personen angeworben. Mitte 2024 war die Zahl auf 182 gestiegen, darunter sechs Südafrikanerinnen. Dennoch hat das Unternehmen das öffentliche Ziel, bis 2025 mehr als 8.000 ausländische Arbeitskräfte zu gewinnen.
Im April veranstaltete Alabuga Start Werbeevents an der Universität von Botswana, wo Eltern Bedenken äußerten, dass die jungen Frauen in Drohnenfabriken geschickt würden. Vertreter wiesen dies zurück und präsentierten das Programm als „Empowerment-Chance für junge Frauen“.
Auch in Lesotho wirbt die Oppositionspolitikerin und ehemalige Bildungsministerin Mahali Phamotse Jugendliche für Studien- und Arbeitsprogramme in Russland an. Die Regierung warnte Eltern bereits vor solchen Angeboten.
Russlands Arbeitskräftemangel – Afrikas arbeitslose Jugend
Russlands schrumpfende Bevölkerung und die Mobilisierung für den Ukraine-Krieg haben laut Vizepremier Dmitri Tschernyschenko ein Arbeitskräftedefizit von rund 4,8 Millionen Menschen hinterlassen.
Gleichzeitig bleibt die Jugendarbeitslosigkeit im südlichen Afrika erschreckend hoch. Für viele junge Südafrikanerinnen reicht schon das Versprechen eines Auslandsjobs – selbst bei einem Gehalt von 800 US-Dollar im Monat – aus, um die Risiken in Kauf zu nehmen. Zivilgesellschaftliche Gruppen warnen jedoch davor, dass besonders verletzliche junge Menschen in unsichere und ausbeuterische Verhältnisse gelockt werden.
Laut Spencer Faragasso, leitender Forscher am ISIS, gilt: „Sie haben kaum Chancen auf Bildung oder Arbeit, und wenn sie nach Alabuga kommen, erleben sie ein böses Erwachen über die tatsächliche Tätigkeit.“
Die südafrikanische Regierung hat bislang keine eindeutigen Beweise gefunden, dass die Jobs direkt mit der Drohnenproduktion verknüpft sind, räumt jedoch die Risiken ein. Pretoria hält die Ermittlungen offen, während Menschenrechtsgruppen mehr Kontrolle über ausländische Rekrutierungsprogramme fordern.
Der Fall macht die komplexe Verflechtung sichtbar zwischen Afrikas Jugendarbeitslosigkeit, Russlands Arbeitskräftemangel im Krieg und der geopolitischen Rolle der BRICS-Partnerschaften. Er wirft die Frage auf, wie wirtschaftliche Not ausgenutzt werden kann – und wo die Grenze zwischen Chance und Ausbeutung verläuft. (Quelle: Newsletter Businessinsider)