Tragischer Tod des südafrikanischen Botschafters in Paris: Porträt eines umstrittenen Politikers

Tragischer Tod des südafrikanischen Botschafters in Paris: Porträt eines umstrittenen Politikers
Symbolbild

Am Dienstag, dem 30. September 2025, wurde der Körper von Nkosinathi Emmanuel Mthethwa am Fuße des Hyatt Regency Hotels entdeckt, das an der Porte Maillot im 17. Arrondissement von Paris liegt. Laut der Pariser Staatsanwaltschaft soll sich der Diplomat aus dem 22. Stock des Gebäudes gestürzt haben; das gesicherte Fenster war zuvor gewaltsam geöffnet worden. Dies hat die südafrikanischen und französischen Behörden in Bestürzung versetzt.

Mit 58 Jahren hatte der ehemalige Minister und prominente Vertreter des African National Congress (ANC) gerade schwierige Wochen hinter sich, geprägt von der Wiederaufnahme alter Vorwürfe aus seiner Zeit im Polizeiministerium. Porträt eines Mannes mit einer ebenso beeindruckenden wie turbulenten politischen Laufbahn.

Am Vorabend hatte seine Ehefrau ihn als vermisst gemeldet, nachdem sie am Abend eine „beunruhigende Nachricht“ von ihm erhalten hatte. Ermittlungen ergaben, dass sein Telefon zuletzt am Montag gegen 15 Uhr in der Nähe des Stadtwalds Bois de Boulogne eingeloggt war. Mit der Untersuchung wurde die Brigade zur Bekämpfung der Kriminalität gegen Personen (BRDP) beauftragt.

Die südafrikanische Regierung würdigte Mthethwa und lobte seinen „unerschütterlichen Patriotismus und seinen Dienst an der Nation“. Doch über die offiziellen Formeln hinaus wirft der plötzliche Tod des Diplomaten zahlreiche Fragen über den Druck auf, unter dem er gestanden haben könnte.

Vom Anti-Apartheid-Aktivisten zur Schlüsselfigur des ANC
Geboren am 23. Januar 1967 in der Provinz Natal, begann Nkosinathi Emmanuel Mthethwa sein politisches Engagement bereits im Alter von 15 Jahren in der anti-apartheidischen Gewerkschaftsbewegung. 1988 wurde er Mitglied der Gewerkschaft Food and Allied Workers Union und trat in die Untergrundarbeit des ANC im Rahmen der Operation Vula ein. 1989 wurde er während des Ausnahmezustands verhaftet, doch seine Haftzeit bestärkte ihn nur in seinem Willen, für die Demokratie zu kämpfen.

Nach dem Ende der Apartheid nahm seine politische Karriere Fahrt auf. Von 1994 bis 2001 war er Organisationssekretär der Jugendliga des ANC. 2002 zog er ins Parlament ein, wo er den Vorsitz im Ausschuss für Bergbau und Energie übernahm.

2008 wurde er Minister für Sicherheit und Schutz, anschließend von 2009 bis 2014 unter Präsident Jacob Zuma Polizeiminister. In dieser Funktion leitete er die Sicherheitskräfte während der FIFA-Weltmeisterschaft 2010. Danach war er von 2014 bis 2019 Minister für Kunst und Kultur, anschließend bis 2023 der erste Minister für Sport, Kunst und Kultur.

Der Schatten politischer Einflussnahme
Die Karriere Mthethwas war nicht frei von Kontroversen. Der schwerwiegendste Vorwurf stammte aus seiner Zeit als Polizeiminister und wurde kürzlich spektakulär neu belebt. Vor nur zwei Wochen hatte der Polizeikommissar der Provinz KwaZulu-Natal, Nhlanhla Mkhwanazi, während seiner Aussage vor der Madlanga-Untersuchungskommission erklärt, Mthethwa habe politischen Druck ausgeübt, um die Ermittlungen gegen Richard Mdluli einzustellen – den ehemaligen Chef des Kriminalgeheimdienstes, dem vorgeworfen wurde, zwischen 2008 und 2012 geheime Polizeifonds missbraucht zu haben. „Wenn Sie von politischer Einflussnahme sprechen – das war die schlimmste, die ich je erlebt habe“, sagte Mkhwanazi während seiner Aussage. Diese öffentlich geäußerten Vorwürfe heizten erneut Debatten über die Praktiken der Zuma-Regierung und Mthethwas Rolle darin an.

Zuletzt geriet Mthethwa in den Mittelpunkt einer Kontroverse, die seinem öffentlichen Image erheblich schadete. 2022 verteidigte er ein Projekt, das vorsah, in Pretoria im Freedom Park einen 100 Meter hohen Fahnenmast für 22 Millionen Rand (etwa 1,2 Millionen Euro) zu errichten. Er hatte das Projekt mit der Begründung verteidigt, es handle sich um ein Denkmal für die südafrikanische Demokratie. Doch die öffentliche Reaktion war heftig. Die Medienpersönlichkeit Bonang Matheba forderte offen seine Entlassung und bezeichnete ihn als „nutzlos“. Der Gewerkschaftsverband Cosatu verurteilte das Projekt als „Beleidigung der Arbeiter“ und schamlose Verschwendung öffentlicher Gelder. Kritiker warfen ihm vor, während der Covid-19-Pandemie die Künstler nicht ausreichend unterstützt zu haben, obwohl er Millionen für ein symbolisches Projekt ausgeben wollte. Unter dem öffentlichen Druck musste der Minister eine vollständige Überarbeitung des Projekts ankündigen, das schließlich nie umgesetzt wurde.

Offene Fragen
Im Dezember 2023, wenige Monate nach dem Ende seiner Ministerzeit, wurde Mthethwa zum südafrikanischen Botschafter in Frankreich ernannt. Für manche Beobachter wirkte dieser Pariser Posten wie eine elegante Art, einen politisch unbequem gewordenen Mann ins Abseits zu stellen. Doch sein Mandat dauerte nur kurz, bevor ihn die Anschuldigungen der Madlanga-Kommission wieder einholten.

Der Tod von Nkosinathi Emmanuel Mthethwa hinterlässt viele offene Fragen. Unter welchem Druck stand er wirklich? Haben die jüngsten Vorwürfe ihn so belastet, dass sie ihn in die Verzweiflung trieben? Fürchtete er weitere Enthüllungen?

Seine Ehefrau gab an, am Vorabend eine „beunruhigende Nachricht“ von ihm erhalten zu haben. Deren Inhalt ist bislang jedoch nicht bekannt. Warum wurde ein gesichertes Fenster aufgebrochen? Handelte es sich um eine geplante Tat oder um eine spontane Verzweiflungshandlung? Ist Selbstmord die einzige plausible Erklärung?

Ein widersprüchliches Vermächtnis
Ungeachtet aller Kontroversen wird Mthethwa in der südafrikanischen Geschichte als Anti-Apartheid-Kämpfer in Erinnerung bleiben, der sein Leben dem Land widmete. Doch seine Laufbahn spiegelt auch die Widersprüche der Macht des ANC in der Zeit nach der Apartheid wider: Vorwürfe politischer Einflussnahme auf die Justiz, symbolträchtige Großprojekte ohne Bezug zur sozialen Realität, enge Verbindungen zur von Korruption geprägten Zuma-Ära. Wie viele andere südafrikanische Politiker leben womöglich ebenfalls unter dem Druck von Geheimnissen, die eines Tages wieder auftauchen könnten? Die Einsetzung zahlreicher Untersuchungskommissionen zu den Zuma-Jahren bringt nach und nach das Ausmaß institutioneller Missstände ans Licht. Nkosinathi Emmanuel Mthethwa hinterlässt eine Ehefrau und Kinder – sowie ein Land, das weiterhin nach einem Gleichgewicht zwischen Gerechtigkeit, Versöhnung und Wahrheit sucht. (Quelle: afrik.com)