Uganda: Wenn Hexerei die politische Bühne betritt

Uganda: Wenn Hexerei die politische Bühne betritt

Kurz vor den Wahlen greifen ugandische Politiker zunehmend auf Zauberer und traditionelle Heiler zurück – ein faszinierendes Geflecht aus Macht und uralten Glaubensvorstellungen tritt zutage.

Im Schatten der Macht: Die Heiligtümer des Einflusses
In Uganda wird Macht nicht nur an den Wahlurnen ausgefochten – sondern auch in traditionellen Heiligtümern, fernab der öffentlichen Aufmerksamkeit. Viele Kandidaten, darunter auch hochrangige Persönlichkeiten, konsultieren Heiler, Medien und traditionelle Zauberer, um sich einen mystischen Vorteil im Machtkampf zu verschaffen. „Ich gebe ihnen Medizin, damit sie gewinnen“, sagt die bekannte Praktikerin Rose Mukite aus Kampala ganz offen. Hexerei wird so zu einem strategischen Werkzeug – einer Form von okkultem Lobbyismus.

Dabei geht es längst nicht nur um Glauben – das Phänomen verändert das Verhalten. Einige ugandische Politiker vermeiden es, anderen die Hand zu geben, aus Angst, durch körperlichen Kontakt verflucht zu werden. Dieser „spirituelle Krieg“ wird zu einem Teil der politischen Strategie, neben Wahlkampfveranstaltungen, Allianzen und Reden. Wenn die Politik eine Arena ist, dann ist das Heiligtum eine diskrete, aber mächtige Bühne.

Je näher der Wahltag rückt, desto größer wird die Nachfrage. „Viele kommen jetzt wegen der Wahlzeit“, bestätigt Rose Mukite. Rituale werden durchgeführt, um einen Sieg zu sichern oder den Gegner zu schwächen. Was lange als Randphänomen galt, kehrt heute zurück in das Zentrum der Machtlogik – bleibt dabei aber meist öffentlich geleugnet oder verborgen.

Der Spagat zwischen offizieller Religion und Volksglauben
Uganda ist mehrheitlich christlich geprägt, Religion spielt eine zentrale Rolle im öffentlichen Leben. Politiker beten öffentlich, besuchen Messen, fasten und rufen in ihren Reden Gott an. Doch privat greifen viele von ihnen auf esoterische Praktiken zurück – ohne dies jemals zuzugeben. Religiöser Synkretismus ist tief in der kulturellen Geschichte des Landes verwurzelt.

Religiöse Autoritäten verurteilen diese geistige Doppelmoral. Der Rückgriff auf Hexerei sei unvereinbar mit christlichen Dogmen – und dennoch bleibt er bestehen. „Ich glaube an das Christentum, nicht an solche Praktiken“, betont Peace Khalayi, Parlamentskandidatin. Doch wie Forscher zeigen, spiegelt diese offizielle Haltung nicht immer das private Handeln der Entscheidungsträger wider.

Präsident Yoweri Museveni, seit fast vier Jahrzehnten an der Macht, hat seine Wertschätzung für afrikanische Traditionen, einschließlich der Zauberer, nie verheimlicht. Ohne es zu propagieren, pflegt er das Bild eines Anführers, der in den lokalen Kulturen verwurzelt ist – im Gegensatz zu einem westlich geprägten Modernismus, der oft als entfremdet gilt. Diese Positionierung stärkt seine Popularität besonders in ländlichen und traditionell geprägten Bevölkerungsschichten.

Eine politische Glaubensfrage – mystisch und strategisch
Wie der Forscher Steven Masiga betont, lässt sich ein Wahlsieg nie mit Sicherheit vorhersagen. In dieser Ungewissheit suchen ugandische Politiker nach möglichst vielen „Versicherungen“ – materieller wie spiritueller Art. Zauberer werden zu inoffiziellen Beratern in einer politischen Welt, in der das Unsichtbare ebenso schwer wiegt wie das Sichtbare.

Die meisten Politiker bestreiten öffentlich jeglichen Kontakt zu solchen Praktiken – aus Angst vor Spott oder Rufschädigung. Doch hinter den Kulissen reiht sich ein Besuch im Heiligtum an den nächsten. Hexerei ist keine Randerscheinung, sondern durchdringt weite Teile des politischen Wettbewerbs – gut versteckt hinter rationalen oder religiösen Erzählungen.

Das heutige Uganda wird von zwei gegensätzlichen Kräften durchzogen: Einerseits der Wille zur Modernisierung und Demokratisierung – andererseits eine tiefe Verankerung in alten Machtstrukturen, in denen das Übernatürliche ein zentrales Element der Legitimität bleibt. Das Ergebnis ist eine hybride Demokratie, in der Wahlkämpfe nicht nur an den Urnen, sondern auch an Altären ausgetragen werden – zwischen politischen Slogans und geheimen Ritualen. (Quelle:africtelegraph)