Organhandel in Westafrika: Horror in Nigeria und Sierra Leone

Organhandel in Westafrika: Horror in Nigeria und Sierra Leone

Innerhalb weniger Tage haben zwei makabre Fälle Westafrika erschüttert. In Nigeria entdeckte die Polizei ein geheimes Leichenschauhaus, in dem Hunderte verstümmelte Körper lagerten. In Sierra Leone deckte eine BBC-Recherche ein Netzwerk des Organhandels zu rituellen Zwecken auf. Diese Enthüllungen werfen entscheidende Fragen über das Ausmaß dieses Phänomens in der Region auf.

Nigeria: makaberer Fund im Bundesstaat Imo
Am Samstag, dem 6. Dezember 2025, führte ein Polizeieinsatz im südöstlichen nigerianischen Bundesstaat Imo zu einer schrecklichen Entdeckung. Unter der Leitung des Polizeikommissars Aboki Danjuma stürmten die Sicherheitskräfte ein illegales Leichenschauhaus in der Gemeinde Umuechem Umuhu entlang der Autobahn Owerri–Aba – einer Straße, die für zahlreiche dort begangene Entführungen bekannt ist.

Beim Betreten der Einrichtung mit dem Namen „Ugwudi Cottage Hospital and Mortuary Services“ stießen die Ermittler auf einen Anblick des Grauens: Hunderte verwesende und zerstückelte Leichen waren dort aufgetürmt. Der Zustand der Körper, die eindeutig manipuliert worden waren, lässt nach Angaben der Behörden auf Aktivitäten im Zusammenhang mit Organentnahmen schließen.

Ein Verdächtiger auf der Flucht
Stanley „Morocco“ Oparaugo, der Eigentümer der Leichenhalle sowie eines nahegelegenen Hotels – des Jessy Best Hotels –, ist der Hauptverdächtige und wird derzeit von der Polizei intensiv gesucht. Beide Einrichtungen, strategisch an der Route gelegen, auf der Entführerbanden ihr Unwesen treiben, wurden auf Anordnung der Landesregierung versiegelt. Zudem konnten bei einer Durchsuchung seines Wohnhauses Beweisstücke sichergestellt werden, während forensische Experten die Spuren am Tatort dokumentierten.

Der Fall reiht sich in eine besorgniserregende Entwicklung ein. Bereits wenige Wochen zuvor hatte die Polizei im Bundesstaat Nasarawa ein mutmaßliches Mitglied eines weiteren Organhandelsnetzwerks festgenommen und drei Opfer befreit. Diese waren mit dem Versprechen von je zwei Millionen Naira für die Abgabe ihrer Nieren angelockt worden. Nigeria erlebt derzeit eine wachsende Welle der Kriminalität, in deren Verlauf Entführerbanden ihre Aktivitäten zunehmend auf rituelle Morde und Organhandel ausweiten.

Sierra Leone: die Schockwelle einer BBC-Recherche
Nur wenige Tage vor dem nigerianischen Fund lösten ähnlich erschütternde Enthüllungen in Sierra Leone ein Beben aus. Eine Untersuchung von BBC Africa Eye deckte ein kriminelles Netzwerk des Organhandels auf, das von okkulten Glaubensvorstellungen genährt wird – ausgelöst durch unerklärliche Vermisstenfälle und das Auffinden verstümmelter Leichen in den Distrikten Kono und Kenema.

Die Recherche zeigt, dass skrupellose Praktiker einen traditionellen Glauben an die Macht traditioneller Medizin (borfima) pervertiert haben. So werden Talismane hergestellt, die angeblich Schutz und Wohlstand verleihen sollen. Diese Kriminellen behaupten nun, menschliche Organe seien die mächtigsten Bestandteile, um politischen Erfolg oder schnellen Reichtum zu garantieren, und haben ein gut strukturiertes System aufgebaut: Zuerst die Auftraggeber aus der politischen oder wirtschaftlichen Elite, dann die Vermittler, die die Entführungen organisieren, und schließlich die „Praktiker“, die die rituellen Handlungen und Organentnahmen durchführen.

Zu den häufigsten Opfern gehören besonders schutzbedürftige Menschen – darunter Kinder, Albinos oder Menschen mit Behinderungen, denen fälschlicherweise mystische Eigenschaften zugeschrieben werden. Mehrfach wurden Leichen gefunden, denen bestimmte Organe fehlten: Herz, Leber, Genitalien, Zunge oder Augen – jeweils entsprechend den Vorgaben bestimmter Rituale.

Ein regionales Übel, das eine koordinierte Antwort erfordert
Die beiden nahezu zeitgleich bekannt gewordenen Fälle verdeutlichen das Ausmaß eines wachsenden kriminellen Phänomens. Ob illegaler Organhandel aus medizinischem Profitstreben oder rituelle Morde im Rahmen fehlgeleiteter okkulter Praktiken – diese Netzwerke nutzen Armut, mangelnde Bildung und Schwächen der Justizsysteme schamlos aus.

In Nigeria wurde der Whistleblower Nnamdi Emeh, der ein Organhandelsnetzwerk unter Beteiligung von Polizisten aufgedeckt hatte, kürzlich mit einem internationalen Preis von Blueprint for Free Speech ausgezeichnet. Dennoch sitzt er seit über zwei Jahren weiterhin in Haft – trotz einer gerichtlich angeordneten Freilassung auf Kaution. (Quelle: afrik.com)