Afrika-TV-Tipp: „Wildes Marokko“: Eindrucksvolle „Universum“-Reise durch den Maghrebstaat

Afrika-TV-Tipp: „Wildes Marokko“: Eindrucksvolle „Universum“-Reise durch den Maghrebstaat
Ziege in einem Arganbaum in Marokko

12. April um 20.15 Uhr in ORF 2: Marokko ist ein Land der Gegensätze. Die mehr als 4.000 Meter hohen schneebedeckten Berge des Atlasgebirges teilen das Land in zwei völlig unterschiedliche Welten: einen grünen Nordwesten und eine endlos erscheinende Steinwüste im Süden und Osten. Während Zwergadler, Ichneumons oder Ginsterkatzen in den nördlichen Gebieten aus dem Vollen schöpfen können, braucht die Tierwelt im Süden deutlich mehr Geduld, um satt werden zu können. Hier leben Anpassungskünstler wie die Fenneks, Vagabunden wie die Dornschwanzagamen und Nischenbesetzer wie das Afrikanische Stachelschwein. Sie haben das steinerne Meer und die haushohen Sanddünenlandschaften für sich erobert. Für sie ist die weitläufige Landschaft mit kaum vorhandenem Oberflächentrinkwasser der beste aller Lebensräume, wie die neue „Universum“-Dokumentation „Wildes Marokko“ von Bernhard Rübe am Dienstag, dem 12. April 2022, um 20.15 Uhr in ORF 2 zeigt.

Gerade einmal 14 Kilometer trennen Europa von Afrika durch die Straße von Gibraltar. Viele Zugvögel nutzen diese kurze Passage auf ihrer Route zwischen den beiden Kontinenten. Löffler, Kraniche und Fischadler legen an den Küsten Zwischenstopps ein, zahlreiche Singvögel lassen sich in den blühenden Hochebenen im Nordwesten nieder – manche bleiben sogar, um zu brüten. Singvögel sind bevorzugte Nahrung der Eleonorenfalken. Die Raubvögel folgen ihrer Beute allerdings nicht, sondern passen sie ab. Mehr als 1.500 Falken beziehen Jahr für Jahr eine Inselgruppe vor der Hafenstadt Essaouira. Dort bauen sie ihre Nester und warten, bis der Himmel im September voller Vogelschwärme ist. Diese Spezialisierung auf einen bestimmten Ort und die späte Brut im Herbst machen die Eleonorenfalken jedoch abhängig von äußeren Bedingungen. Immer weniger Zugvögel sind unterwegs, Nahrung wird knapp. Die größte Konkurrenz für den Eleonorenfalken sind mittlerweile die eigenen Artgenossen, die sich frisch gefangene Beute gegenseitig in der Luft abspenstig machen.

Die Straße von Gibraltar trennt zwar die Kontinente, sie ist aber gleichzeitig auch ein Brückenbauer: Sie verbindet den Atlantik mit dem Mittelmeer – und so wie in der Luft die Vögel ihren Routen folgen, eröffnet sich unter Wasser dasselbe Bild. Ein „Meereshighway“ ermöglicht regen Austausch verschiedenster Arten. Von besonderem Interesse ist die Wanderung der Thunfische Richtung Atlantik. Fischer und Orcas liefern sich Jahr für Jahr spannende Wettkämpfe um den besten Fang.

Weiter im Landesinneren bieten Flussufer ideale Lebensräume. Neben zahlreichen Vogelarten tummeln sich Bachschildkröten im seichten Uferbereich. Sie suchen nach verendeten Fischen – eine leichte Beute für die Schildkröte. Wäre da nicht das Ichneumon, das dieselben kulinarischen Vorlieben hat. Das Ichneumon ist in ganz Nordafrika nur hier zu finden. Sonst lebt diese Mangustenart in den afrikanischen Savannen weiter südlich. Nachts streifen Ginsterkatzen durch die Mischwälder. Ihren Ohren entgeht so gut wie nichts. Kleine Wirbeltiere und Insekten müssen besonders auf der Hut sein.

Das Rifgebirge im Norden und der Mittlere Atlas im Osten des Landes fungieren als Wolkenfänger und sorgen für genügend Niederschlag im Nordwesten Marokkos. Hier wachsen ausgedehnte Urwälder aus Zedern, Stein- und Korkeichen. In höheren Lagen liegt im Winter ausreichend Schnee. Keine besonders einfache Zeit für die Berberaffen, die hier wohnen. Ihr dichtes Fell schützt zwar vor der Kälte, doch der Speiseplan gestaltet sich recht eintönig. Gräser, Blätter, mit etwas Glück ein paar Eicheln – mehr lässt sich unter der Schneedecke nicht hervorzaubern. Junge Berberaffen sind besonders umsorgt. Die gesamte Gruppe kümmert sich um den Nachwuchs, ein klassisches Familienmodell gibt es nicht.

Südlich des Hohen Atlas breitet sich eine weitläufige Steinwüste aus. Unter der Erde schlummern gut konservierte Meeresfossilien. Sie stammen aus jener Zeit, als die gesamte Landmasse vor Millionen von Jahren noch von Meerwasser bedeckt war. Über der Erdoberfläche sorgen Wind und Sand für ständige Erosion. Die berüchtigten Sandstürme sind für manche Wüstenbewohner sogar Teil ihrer Überlebensstrategie. Silberameisenvölker schwärmen nach Stürmen aus, um herangewehte Insekten zu sammeln. Dass sie ihre Beutezüge bei sengender Hitze vollführen, ist für Silberameisen dank spezieller Proteine kein Problem – ihr Körper kann Temperaturen von mehr als 50 Grad schadlos standhalten. Feine Härchen am Rücken reflektieren die Sonne und geben den flinken Tieren ihre silberne Farbe. An manchen Stellen türmt sich das verwehte Sediment in haushohen Dünen auf – das Erg Chebbi im Südosten ist eine Sanddünenlandschaft von besonderer Schönheit. Sie ist Heimat der Fenneks. Die kleinen Wüstenfüchse sind an ein Leben ohne Trinkwasser gewöhnt und beziehen die nötige Flüssigkeit ausschließlich aus Beutetieren.

Während der letzten Eiszeit durchzogen zahlreiche Flüsse die heutige Steinwüste im Süden und Südwesten Marokkos. Das Wasser schob Geröllmassen mit sich und hinterließ zum Teil steile Geländeeinschnitte – die so genannten Wadis. Tagsüber scheinen die heißen Täler wie ausgestorben, nachts aber erwacht eine unerwartet vielfältige Fauna: Im obersten Stockwerk hausen Afrikanische Goldwölfe in kleinen Höhlen. Nach Sonnenuntergang begeben sie sich auf den Grund der Wadis, um nach Fressbarem zu suchen. Einige Tierarten schützen sich durch Gifte, wie etwa die Hornviper. Sie lauert ihrer Beute auf, indem sie sich im Sand eingräbt und für vorbeiziehende Wüstenspringmäuse kaum sichtbar ist. Andere Nachtschwärmer sind gut getarnt oder tragen Stacheln, wie der hochbeinige Wüstenigel oder das Afrikanische Stachelschwein. Wo dieser Nager im Sand nach Knollen und Wurzeln wühlt, fällt für den Igel meist auch etwas ab – er braucht die flüchtenden Insekten nur noch aufzusammeln. Die Gipfelregionen des hohen Atlas fangen alle Wolken ab, die vom Meer nach Süden ziehen, und sorgen so für die Verwüstung des Südens. Doch letztlich ist das Gebirge auch der einzige Wasserspender für die gesamte Region, die mit wenigen Zentimetern Regen pro Jahr auskommen muss. Im Atlas sammeln sich die Niederschläge und kehren als klare Bäche für kurze Zeit in die Wüste ein – entlang ihrer Läufe erwacht die steinerne Welt für wenige Wochen im Jahr zum Blütenmeer. (ORF, Bild von jacqueline macou auf Pixabay)