DAS-Afrika-Pressespiegel KW 14/2024: Verfassung im Fokus

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Parlament in Somalia verabschiedet Verfassungsänderungen – Puntland zieht sich vorläufig aus Föderalstaat zurück: Das somalische Parlament hat am vorigen Samstag einstimmig Änderungen an den ersten vier Kapiteln der 2012 beschlossenen Übergangsverfassung des Landes zugestimmt. Die halb-autonome somalische Region Puntland zog daraufhin am Sonntag ihre Anerkennung der föderalen Regierung zurück und forderte ein vollständiges Referendum über geplante Änderungen der Verfassung.

Die Verfassungsreform war ein zentrales Wahlkampfversprechen des Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud und wurde dem Zweikammer-Parlament von der Independent Constitutional Review and Implementation Commission (CRIC) im Februar vorgelegt. Laut der Regierung verfolgen die Verfassungsänderungen das Ziel, das bislang durch Clan-Rivalitäten und politische Fragmentierung gekennzeichnete Land zu stabilisieren und den langwierigen Konflikt zwischen Präsidenten- und Premierministeramt zu entschärfen.

Im Mai 2023 wurde diesbezüglich eine Vereinbarung zwischen der Regierung und Vertreterinnen und Vertretern der Bundesstaaten erzielt, welche die Reform einleitete.

Konkret sehen die jetzt beschlossenen Verfassungsänderungen die Wiedereinsetzung eines Präsidialsystems mit allgemeinen und direkten Wahlen vor, das nach der Machtübernahme des Diktators Siad Barré 1969 aufgehoben worden war. Der Präsident soll dadurch nicht mehr wie bislang durch das Parlament, sondern direkt von der Bevölkerung gewählt werden. Zudem kann der Präsident den Premierminister selbstständig ernennen und absetzen, wobei er nicht mehr wie bislang auf eine Vertrauensabstimmung durch das Parlament angewiesen ist. Damit verbunden ist auch die Abschaffung des derzeit bestehenden Modells der Machtverteilung, bei dem den vier größten Clans des Landes eine gleichberechtigte Vertretung im Parlament zukommt. Weitere Änderungen umfassen die Herabsetzung der Volljährigkeit („age of maturity“) von 18 auf 15 Jahre, die Umbenennung von regionalen „Präsidenten“ in regionale „Anführer“ und die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten von vier auf fünf Jahre. Verschoben wurde hingegen die Entscheidung über die vorgeschlagenen Religionsbestimmungen.

Die Annahme der Verfassungsänderungen rief heftige Kritik hervor, wobei insbesondere darauf verwiesen wurde, dass Präsident Mohamud mit der Reform die eigene Macht ausweite und seine Amtszeit um ein Jahr verlängere.

So erklärte die seit 1998 halb-autonome Region Puntland am Sonntag, die Regierung in Mogadischu habe durch die Änderungen die bislang geltende Übergangsverfassung aufgekündigt und eigenmächtig durch eine neue ersetzt. Dadurch gelte in Puntland nun die Regionalverfassung von 2009, welche es Puntland erlaube, sich unabhängig zu regieren, solange die föderale Verfassungsreform nicht in einem landesweiten Referendum angenommen wurde.

In einer separaten Erklärung am Samstag kritisierte eine Gruppe einflussreicher somalischer Politikerinnen und Politiker, darunter die ehemaligen Premierminister Hassan Ali Khaire und Omar Abdirashid Ali Sharmarke, den Präsidenten Mohamud scharf für die Verfassungsänderung. Auch die ehemaligen Präsidenten Sharif Sheikh Ahmed (2009-2012) und Mohamed Abdullahi Mohamed (genannt „Farmaajo“) (2017-2022) warnten, die Änderungen könnten das fragile Machtgleichgewicht im Land stören. International sorgte insbesondere die Herabsetzung der Volljährigkeit auf 15 Jahre, während das Alter für Strafmündigkeit weiterhin bei 18 Jahren liegen soll, für Kritik. So warnte Human Rights Watch bereits am Freitag vor der Annahme des Entwurfs, dass dieser den verfassungsmäßigen Schutz von Kindern schwäche und Mädchen einem größeren Risiko der Kinderheirat sowie der Genitalverstümmelung aussetze. Die Annahme der Reform stünde im Widerspruch zu den Verpflichtungen Somalias im Rahmen der Convention on the Rights of the Child der Vereinten Nationen, die Kinder als unter 18-jährig definiert.

Die Ankündigung Puntlands sowie die breite Kritik an der Reform reihen sich für Präsident Mohamud in eine Liste politischer Probleme ein. So spitzten sich im Januar die Spannungen zwischen Somalia und dem de facto autonomen Staat Somaliland, der sich 1991 einseitig für unabhängig erklärt hatte, nach einem Hafen-Abkommen zwischen Äthiopien und Somaliland zu. Am Donnerstag verwies Somalia den äthiopischen Botschafter des Landes und schloss das äthiopische Konsulat in Puntland, nachdem Repräsentantinnen und Repräsentanten der semi-autonomen Region zu einem Treffen nach Addis Abeba gereist waren. Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die vorübergehende Abspaltung Puntlands auf die für den 30. Juni angesetzten Kommunalwahlen, bei denen erstmals die neue Verfassung das Wahlverfahren bestimmen soll, haben wird.

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