
Madagaskars Präsident Rajoelina entlässt Regierung: Am Montag verkündete Madagaskars Präsident Andry Rajoelina die Absetzung der Regierung. Nachdem er bereits am Freitag den Energieminister entlassen hatte, reagierte der Präsident damit erneut auf die weiter eskalierenden Proteste, die sich seit einer Woche in der Hauptstadt Antananarivo und mehreren anderen Städten fortsetzen. Auslöser für diese waren anhaltende Strom- und Wasserausfälle, die teilweise bis zu 12 Stunden am Tag andauerten.
In einer Fernsehansprache entschuldigte sich Rajoelina dafür, dass die Regierungsmitglieder nicht die Erwartungen des Volkes erfüllt haben, versprach einen Kurswechsel der öffentlichen Verwaltung und kündigte mehr Dialog mit der Bevölkerung, insbesondere mit jungen Menschen, an, wodurch sie sich an der Entwicklung ihres Landes beteiligen können sollen. Gleichzeitig lud der Präsident alle ein, die das Land voranbringen wollen und qualifiziert seien, sich innerhalb der gegebenen 3-Tages-Frist für das Amt des Premierministers zu bewerben. Bis zur Ernennung der neuen Regierung bleiben alle bisherigen Mitglieder interimsmäßig im Amt.
Den Demonstrierenden geht dies nicht weit genug, die Proteste halten weiterhin an. Sie werden maßgeblich von jungen Menschen getragen, die nicht nur die unzureichende Versorgung kritisieren, sondern auch Korruption und Missmanagement der Politik. Ein Zusammenschluss junger Aktivistinnen und Aktivisten, der sich „Gen Z“ nennt, fordert nach der Absetzung der Regierung weiterhin den Rücktritt des Präsidenten. Es werden zudem Forderungen nach der Auflösung des Senats, der Wahlkommission und des Obersten Gerichts laut. Die Bewegung mobilisiert überwiegend über soziale Medien und ist stark von anderen jugendgeführten Protesten in Ländern wie Nepal, Indonesien und Kenia inspiriert. Die Opposition hat sich den Forderungen nach dem Rücktritt des Präsidenten ebenfalls angeschlossen und kündigte an, in keiner Regierung mitzuarbeiten, solange Rajoelina an der Spitze des Landes stehe. Rajoelina selbst schloss seinen Rücktritt in der Fernsehansprache jedoch bereits kategorisch aus.
Im Zuge der Demonstrationen kam es zu schweren Ausschreitungen. Laut des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen (UN) seien bisher rund 100 Menschen bei den Protesten verletzt worden und 22 Menschen gestorben, teilweise durch den Einsatz von staatlichen Sicherheitskräften bei Demonstrationen, jedoch auch Unbeteiligte, die Opfer von Plünderungen und Bandengewalt im Schatten der Proteste wurden. Die Regierung weist die Todesfälle als nicht belegt zurück. Die UN-Organisation forderte die madagassische Polizei dennoch dazu auf, auf unverhältnismäßige Gewalt zu verzichten. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Afrikanischen Union sowie der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) äußerten ihre Besorgnis über die Lage und riefen zu Dialog und Deeskalation auf.
Hintergrund der Eskalation ist eine tiefgreifende strukturelle Krise: Der staatliche Strom- und Wasserversorger Jirama arbeitet mit veralteter Infrastruktur und gilt als ineffizient. Die derzeit schwerste Dürre seit vier Jahrzehnten beeinträchtigt zusätzlich die Wasserkraftproduktion, die einen Großteil der Stromversorgung abdeckt. Die daraus resultierenden Stromabschaltungen betreffen nicht nur private Haushalte und die Wirtschaft, sondern auch die erst im vergangenen Jahr fertiggestellte, für den öffentlichen Nahverkehr gedachte Seilbahn in der Hauptstadt.
Seit der Unabhängigkeit 1960 kam es wiederholt zu Massenprotesten und politischen Umstürzen, darunter 2009, als Rajoelina erstmals durch einen Aufstand an die Macht gelangte. Seit seiner umstrittenen Wiederwahl 2023 (Pressespiegel KW 41/2023) sieht er sich zunehmender Kritik ausgesetzt. Beobachterinnen und Beobachter sprechen nun von der schwersten Herausforderung für seine Autorität und der größten Protestwelle seit Jahren.
Eskalierende Proteste in Marokko
Am späten Mittwochabend kam es auch in Marokko bei andauernden Demonstrationen zu tödlichen Auseinandersetzungen. Laut staatlichen Medien fielen dabei zwei Menschen Schussverletzungen zum Opfer, nachdem die Polizei das Feuer auf eine Gruppe von Personen eröffnete, die versucht hatten, eine Polizeistation in Lqliâa in der Nähe der Küstenstadt Agadir zu stürmen. Zuvor soll die mit Messern bewaffnete Gruppe in eine Einrichtung der Sicherheitskräfte eingedrungen sein und sie in Brand gesetzt haben …
Und sonst?
Am Samstag wurde die simbabwische Schriftstellerin NoViolet Bulawayo mit dem Best of Caine Award ausgezeichnet. Dieser einmalige Ehrenpreis markiert das 25-jährige Bestehen des Caine Prize for African Writing, einem mit 10.000 Britischen Pfund dotierten Preis für englischsprachige Kurzgeschichten afrikanischer Autorinnen und Autoren, und würdigt das herausragendste Werk aus der Geschichte des Preises …
HIER geht es direkt zum detaillierten wöchentlichen Pressespiegel, in dem Sie eine umfangreiche Linksammlung zu weiteren afrikapolitisch relevanten Nachrichtenbeiträgen finden. (Deutsche Afrika Stiftung – DAS)