DAS-Afrika-Pressespiegel KW 6/2024: Entgrenzung der Macht

DAS-Afrika-Pressespiegel KW 6/2024: Entgrenzung der Macht

Proteste nach verschobenen Präsidentschaftswahlen im Senegal: Das senegalesische Parlament verschob am Montag die Präsidentschaftswahlen vom 25. Februar auf den 15. Dezember dieses Jahres. Präsident Macky Sall, dessen verfassungsmäßig letzte Amtszeit am 2. April ausläuft, soll die Regierungsgeschicke bis zur Wahl weiterleiten. Der Abstimmung war am Samstag eine Rede von Macky Sall vorausgegangen, in der dieser die Verschiebung der Wahl angekündigt und mit angeblicher Korruption im Verfassungsrat und der anhaltenden Kontroverse um die von diesem veröffentlichte Kandidatenliste begründet hatte.

Während der Parlamentsdebatte kam es am Montag zu Tumulten im Plenarsaal, die im Versuch einiger Oppositionspolitikerinnen und -politiker gipfelten, die Abstimmung durch die Besetzung des Hauptpodiums zu verhindern. Nachdem die Beteiligten durch Sicherheitskräfte entfernt worden waren, stimmten 105 der 165 Abgeordneten für das Gesetz, womit die notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit erreicht wurde. In dem ursprünglich eingereichten Gesetzentwurf war zunächst der 25. August als neuer Wahltermin angegeben, unmittelbar vor der Abstimmung wurde das Datum aber auf den 15. Dezember geändert.

Zeitgleich mit den Unruhen innerhalb der Nationalversammlung versammelten sich rund 100 Menschen vor dem Gebäude, um gegen die Verschiebung der Wahl zu protestieren. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Versammelten vor und es kam zu mehreren Verhaftungen. Während Teile der Opposition die Verschiebung der Wahl begrüßten – so war es z.B. die Parti Démocratique Sénégalais (PDS), die bereits vor Salls Rede aufgrund des Ausschlusses ihres Präsidentschaftskandidaten Karim Wade einen Antrag auf eine Verschiebung der Wahl gestellt und auch für das Gesetz gestimmt hatte – kritisierten andere Oppositionsparteien die Verabschiedung des Gesetzes scharf und sprachen von einem Verfassungscoup.

Kritische Stimmen gab es auch von Seiten der Zivilgesellschaft, die Sall eine verfassungswidrige Verlängerung seiner Amtszeit vorwerfen. Drei Kandidaten der Opposition reichten bereits eine Verfassungsklage gegen das Gesetz ein, zwei weitere kündigten an, diesem Beispiel folgen zu wollen. Auf die Proteste in der Hauptstadt reagierte die Polizei mit einem Großaufgebot an Kreuzungen und öffentlichen Plätzen, um Versammlungen bereits im Keim zu ersticken.

Von Sonntagabend bis Dienstag schaltete die Regierung außerdem das Mobilfunknetz ab; dem privaten Fernsehsender Walf Television wurde nach eigenen Angaben die Lizenz entzogen, nachdem er bereits am Sonntag aus dem Programm genommen worden war. Wie der Sprecher der verbotenen Oppositionspartei Patriotes africains du Sénégal pour le travail, l’éthique et la fraternité (PASTEF) (Pressespiegel KW 31/2023) mitteilte, wurden zudem im Laufe des Dienstags drei Abgeordnete der Oppositionskoalition Yewwi Askan Wi zeitweise festgenommen. Auch Journalistinnen und Journalisten berichteten, gewaltsam von der Berichterstattung abgehalten worden zu sein.

International zeigten sich viele Staaten und Organisationen besorgt über die Vorgänge. So forderte Moussa Faki Mahamat, Vorsitzender der Kommission der Afrikanischen Union (AU), die senegalesische Regierung auf, transparente Wahlen so früh wie möglich abzuhalten. Ebenso mahnte die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) eine rasche Rückkehr zum regulären Wahlkalender im Einklang mit der Verfassung an und hielt am Donnerstag in der nigerianischen Hauptstadt Abuja eine Dringlichkeitssitzung ab.

Auch die USA kritisierten die Verschiebung der Wahlen und nannten die Abstimmung im Parlament angesichts der Bedingungen, unter denen diese stattfand, als nicht legitim. Wie auch Deutschland verwiesen die USA auf die demokratische Tradition des Compact-with-Africa-Mitglieds und forderte die Regierung auf, die Präsidentschaftswahlen im Einklang mit der Verfassung und den Wahlgesetzen abzuhalten.

Die Rating-Agentur Moody’s ermahnte derweil, dass eine längere Verzögerung der Wahl die weitere wirtschaftliche Konsolidierung des Landes behindern könnte, während Human Rights Watch die aktuellen Maßnahmen der Regierung als Teil eines schon seit längerer Zeit andauernden harten Vorgehens gegen Opposition, Medien und Zivilgesellschaft kritisierte.

Bereits im März war es, damals angeführt von dem beliebten Oppositionspolitiker Ousmane Sonko, zu Protesten gekommen; im Juni 2023 erlebte das Land, das bisher als Leuchtturm der Demokratie und  Stabilitätsanker in Westafrika galt, die gewaltvollsten Proteste seit Jahrzehnten. Die Verschiebung der Wahl um fast 10 Monate heizt die innenpolitisch angespannte Situation weiter an. Nachdem die Lage im Land am Dienstag und Mittwoch durch das große Polizeiaufgebot vergleichsweise ruhig geblieben war, rief eine Koalition von rund 40 Bürger-, Religions- und Berufsgruppen am Donnerstag zur Massenmobilisierung und einer Großdemonstration am kommenden Dienstag auf. Eine Entscheidung zu den eingereichten Klagen wird innerhalb eines Monats erwartet.

Simbabwes Regierungspartei ZANU-PF gewinnt Zweidrittelmehrheit im Parlament: Simbabwes Regierungspartei Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU-PF) sicherte sich bei den Nachwahlen am Samstag eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Nach Angaben der Nationalen Wahlkommission (ZEC) konnte sich die ZANU-PF von Präsident Emmerson Mnangagwa in allen sechs Wahlkreisen, in denen nachgewählt wurde, erfolgreich gegen die Oppositionspartei Citizens’ Coalition for Change (CCC) durchsetzen …

Und sonst?Am Sonntag verstarb der namibische Präsident Hage Geingob nach einem kurzen Kampf gegen Krebs im Alter von 82 Jahren im Lady Pohamba Hospital in der Hauptstadt Windhoek. Geingob, der seit 2015 im Amt war, galt weit über Afrika hinaus als anerkannter Staatsmann, der sich für die Sichtbarkeit Namibias auf internationaler Bühne einsetzte …

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