Madagaskar: Eltern müssen Besitztümer zu verkaufen, um den Schulanfang zu finanzieren

Madagaskar: Eltern müssen Besitztümer zu verkaufen, um den Schulanfang zu finanzieren

Am Montag, den 8. September, begann für tausende madagassische Schüler das neue Schuljahr. Ein sehnlich erwarteter Moment für die Kinder, die sich freuen, nach langen Wochen der Langeweile oder wenig erfreulicher Hausarbeit wieder in die Klassenzimmer zurückzukehren. Für ihre Eltern hingegen bedeutet der Schulanfang Kopfzerbrechen, da sie mit steigenden Schulgebühren und höheren Kosten für Schulmaterial konfrontiert sind. In diesem Jahr blieb vielen besonders verletzlichen Haushalten nichts anderes übrig, als ihre Alltagsgegenstände zu verkaufen, um ihre Kinder in die Schule schicken zu können, berichtet RFI.

In Antananarivo ist der Mittelstreifen der Hauptverkehrsader des Viertels „67ha“ – einem der größten Arbeiterviertel der Hauptstadt – voller denn je. Wacklige Kleiderschränke, durchgesessene Sofas, abgenutzte Decken: Mitten in diesem Durcheinander verhandelt ein Familienvater mit einem Möbelhändler. Er hofft, „Fernseher und Kühlschränke“ verkaufen zu können.

„Fernseher nimmt man eher in Petite Vitesse [beliebter Markt der Hauptstadt, Anm. d. Red.], aber ich könnte vielleicht Ihren Kühlschrank nehmen“, erwidert der Händler. „Brauchen Sie ein Foto, um ihn zu sehen?“ – „Ja, natürlich, zeigen Sie mir.“ Der Vater, dessen vier Kinder wieder zur Schule gehen, hat keine Wahl: „Meine Kinder gehen wieder zur Schule, und ich weiß nicht, woher ich das Geld nehmen soll. Ich bin gezwungen, Dinge vom Land zu holen, um sie hier zu verkaufen. Denn das Gehalt reicht nur für das Essen. Ich will, dass meine Kinder wie alle anderen sind. Was verkauft ist, ist verkauft. Später kaufe ich wieder, wenn ich es mir leisten kann.“

Ökonomen sprechen von „Entkapitalisierung“: den Verkauf von Besitztümern, um unmittelbare Bedürfnisse zu decken – ein Zeichen extremer Armut.

Eine Armut, die immer sichtbarer wird
Narindra, seit acht Jahren Möbelhändler im Viertel, beobachtet die Zunahme solcher Fälle: „Seit Januar kommen immer mehr Leute zu unseren Ständen. Das Leben wird immer schwieriger. Es sind Menschen aus allen Schichten, aber alle haben Probleme. Manche verkaufen wegen des Schulanfangs, andere, um eine Krankenhausbehandlung oder eine Beerdigung zu bezahlen. Früher kam niemand, um uns Kochtöpfe, Eimer oder Teller anzubieten. Aber dieses Jahr sind es viele.“

Laut einem 2024 veröffentlichten Bericht der Weltbank ist die städtische Armutsquote in Madagaskar in den letzten zwanzig Jahren von 42 % auf 55 % gestiegen. In der Hauptstadt bleibt das Ausmaß des Phänomens mangels aktueller Statistiken jedoch schwer zu beziffern.