
Nigeria steht erneut im Fadenkreuz der Trump-Regierung. Der US-Präsident hat dem Land kürzlich mit einer militärischen Intervention gedroht, um die Christen in Nigeria zu schützen, die seiner Ansicht nach gezielten Gewalttaten ausgesetzt seien – unter dem gleichgültigen Blick der Behörden. Nigeria wurde wieder auf die US-Liste der „besonders besorgniserregenden Länder in Bezug auf Religionsfreiheit“ gesetzt, von der es 2021 gestrichen worden war. Bereits zuvor hatte Washington die Bedingungen zur Erlangung von sogenannten „Nicht-Einwanderungsvisa“ für nigerianische Bürger, die in die USA reisen wollen, erheblich verschärft. Ende Oktober gab der Schriftsteller Wole Soyinka außerdem bekannt, dass sein US-Visum annulliert worden sei.
RFI traf in Paris den ersten afrikanischen Literaturnobelpreisträger (1986), der stets eine kritische Stimme gegenüber der Politik Donald Trumps war.
RFI: Glauben Sie, dass Sie eines Tages wieder in die Vereinigten Staaten zurückkehren werden?
Wole Soyinka: Ich bezweifle das sehr. Es ist wenig wahrscheinlich.
Kürzlich haben Sie bekannt gegeben, dass Ihr US-Visum widerrufen wurde. Aus welchen Gründen genau?
Das ist ein altes Problem, das auf die erste Wahl Donald Trumps zurückgeht. Ich unterrichtete damals in den Vereinigten Staaten und beobachtete das Aufkommen einer politischen Rhetorik, die zugleich rassistisch, ausgrenzend und egomanisch war. Und im Allgemeinen äußerst verächtlich gegenüber Einwanderern und sogar gegenüber Ausländern überhaupt. Erinnern Sie sich: Als er an die Macht kam, bezeichnete er eine Reihe von Ländern als „Drecksloch-Länder“, entschuldigen Sie den Ausdruck. Ich hatte das bereits im Wahlkampf erkannt und versprochen, dass ich meine Green Card zerreißen würde, falls dieser Mann an die Macht käme. Genau das habe ich getan.
Aber danach haben Sie trotzdem ein neues Visum für die Vereinigten Staaten erhalten?
Ja, denn kurz nachdem ich meine Green Card zerstört hatte, erhielt ich Post vom amerikanischen Finanzamt. Man teilte mir mit, dass ich steuerlich überprüft werden sollte. Also ging ich zur US-Botschaft in Nigeria und erklärte dort, dass ich meine Aufenthaltserlaubnis zerstört hatte, aber nicht als Betrüger oder Flüchtiger gelten wollte. Ich beantragte ein neues Visum, um auf dieses Schreiben reagieren zu können.
Ist es dieses Visum, das nun annulliert wurde?
Ja. Dieses Mal habe ich mich nicht einmal öffentlich geäußert. Ich wurde direkt ins Visier genommen – wie andere auch. Ich erhielt einen generischen Brief des Konsulats, denselben Brief, den auch andere Nigerianer – und ich bin sicher auch Bürger anderer Länder – bekommen haben. Darin wurde ich aufgefordert, zu einem Gespräch zu erscheinen, weil, ich zitiere, „sich seit der Ausstellung Ihres Visums Änderungen ergeben“ hätten. Man verlangte, dass ich mich mit meinem Reisepass beim Konsulat melde. Ich bin dafür zu beschäftigt, und ich wusste sehr gut, dass sie ihre Entscheidung ohnehin schon getroffen hatten. Also bin ich nicht hingegangen. Seit Donald Trump wieder an der Macht ist, werden Einwanderer in den USA auf offener Straße aufgegriffen, in Restaurants und sogar in Schulen. Ich möchte nicht mit dem assoziiert werden, was die amerikanische Gesellschaft unter Donald Trump geworden ist.
Vor Kurzem hat Donald Trump neue Aussagen über Nigeria gemacht. Seiner Meinung nach seien Christen im Land Opfer gezielter Gewalt. Was halten Sie davon?
Zunächst einmal ist das arrogant, aber es ist auch zutiefst verantwortungslos. Ich kenne kein Land auf der Welt, das keine Reibungen kennt. Natürlich geht es nicht darum, die Existenz religiöser Extremisten in Nigeria zu leugnen, insbesondere islamistischer Hardliner. Ich sage das offen. Ich habe sogar ein Theaterstück über den Mord an einer jungen Studentin geschrieben, die der Blasphemie beschuldigt, gelyncht und entmenschlicht wurde. Wir wissen, dass es ein Problem gibt. Aber es ist ein äußerst feindseliger Akt, wenn jemand von außen dieses Problem übertreibt.
Es gibt Spannungen, es gibt Gewalt, insbesondere zwischen Bauern und Viehhirten. Hunderte von Menschen wurden in diesem Konflikt getötet. Manchmal spielt Religion eine Rolle, aber oft geht es eher um wirtschaftliche Fragen. Und natürlich sind die Entführungen von Kindern gegen Lösegeld kriminelle Handlungen. Aber einen Aspekt dieses vielschichtigen Problems herauszugreifen und zu behaupten, Religion stünde im Zentrum all dieser Gewalt, ist nicht nur falsch, sondern kriminell. Erinnern Sie sich an die Worte, mit denen er Nigeria mit einer militärischen Intervention drohte. Er sagte, die Amerikaner würden „bewaffnet angreifen“ und das Ganze würde „schnell, brutal und sauber“ verlaufen. Ist das wirklich die Art von Äußerung, die man von einem Staatsoberhaupt erwartet? Ein Staatschef hat kein Recht, simplifizierend zu sein. Und vor allem hat er absolut kein Recht, bestehende Spaltungen weiter zu vertiefen. Es gibt keine Gesellschaft ohne Spannungen – nicht einmal in den Vereinigten Staaten.
Zum guten Schluss: Im Oktober wurde das Nationaltheater von Lagos als Wole-Soyinka-Zentrum für Kultur und kreative Künste wiedereröffnet. Schätzen Sie diese Auszeichnung anlässlich Ihres 90. Geburtstages?
Ja, natürlich ist das eine Ehre. Aber ob ich sie verdient habe, ist eine andere Frage. Vor allem, wenn man – wie ich – sein ganzes Leben lang die verschiedensten Diktaturen durchlebt hat, in denen die Machthaber ihren Namen auf alles Mögliche setzen, sogar auf öffentliche Toiletten. Ich bin gegenüber solchen Dingen gleichgültig. Ich habe mein Leben gelebt, ich habe meine Arbeit getan, und ich bin zufrieden.