
Ende des Abkommens über afrikanische Exporte in die USA, explodierende Zölle, gezielte Ausnahmen – wie die einseitigen Entscheidungen Washingtons den afro-amerikanischen Handel neu gestalten.
Seit dem Auslaufen des African Growth and Opportunity Act (AGOA) am 30. September – eines symbolträchtigen Abkommens, das über 25 Jahre hinweg afrikanischen Produkten einen bevorzugten Zugang zum US-Markt garantierte – hat sich das Handelsgefüge zwischen den USA und Afrika schlagartig verändert. Ab sofort sind sämtliche afrikanische Exporte in die Vereinigten Staaten zollpflichtig, mit Strafzöllen von bis zu 30 % für einige Länder. Eine strategische Wende, die die Trump-Administration bereits im April eingeleitet hatte, deren volle Auswirkungen sich jedoch erst seit August zeigen. Das Ergebnis: Rückgang der Exporte, Arbeitsplatzverluste, sinkende Investitionen – aber auch eine Neuverteilung der geoökonomischen Kräfte auf dem Kontinent.
❝ Eine afrikanische Spaltung zwischen Verlierern und Gewinnern ❞
Das Ende des AGOA und die Einführung differenzierter Zollbarrieren haben den Kontinent in zwei Lager gespalten: Die Verlierer, meist Länder mit industrieller oder landwirtschaftlicher Produktion, und die Gewinner, die dank ihrer Rohstoffexporte profitieren. Zu den am stärksten betroffenen Ländern zählen: Südafrika (30 % Strafzoll; -65 % Autoexporte im Juni, -80 % im Juli; knapp 1 Milliarde US-Dollar Verluste in sieben Monaten), Kenia und Lesotho (der Textilsektor bricht ein – der Großkonzern United Aryan entließ bereits 1 000 Mitarbeitende), Algerien, Tunesien und Libyen (Zölle von 27–30 % auf Produkte mit geringer Wertschöpfung). „Südafrika ist eindeutig der große Verlierer der US-Zollreform“, analysiert Nomsa Dlamini, Ökonomin bei der Standard Bank. „Das Wachstum wird sich dieses Jahr halbieren – auf kaum 0,9 %“, warnt sie.
Mineralien als geostrategische Trümpfe und Umgehungsinstrumente
Doch nicht alles ist düster. Seit dem 5. September sind durch ein von Donald Trump unterzeichnetes Executive Order bestimmte strategische Mineralien – darunter Uran, Gold, Wolfram und Graphit – von allen Zöllen befreit. Ziel ist es, die kritische Versorgung der USA in Zeiten wachsender Rivalität mit China zu sichern.
Das erweist sich als Glücksfall für mehrere Länder: Demokratische Republik Kongo: +1 Milliarde US-Dollar an Exporten in die USA (April–Juli 2025), Äthiopien: +95 % Exportwachstum, Kenia: +22 % (ohne Textilsektor).
„Die amerikanische Zollpolitik folgt nun einer selektiven, strategischen Logik, in der Mineralien den Baumwollsektor ersetzen“, erklärt Éric Mbogho, Analyst für Wirtschaftsspionage bei der Afrikanischen Wirtschaftskommission (CEA).
Eine doppelschneidige Handelspolitik
Hinter diesen Entscheidungen steht eine bewusste US-Agenda:
– Schutz der eigenen Industrie,
– Fokussierung auf nationale Wertschöpfungsketten,
-Sicherung strategischer Lieferketten, aber auch diplomatischer Druck auf afrikanische Partner.
Einige Beobachter sehen darin ein verkleidetes Instrument amerikanischer Einflussnahme.
Für die afrikanischen Staaten bleibt die Lage kompliziert:
– Mehr exportieren – aber was?
– Sich nach Asien orientieren – zu welchem Preis?
– Die afrikanische Freihandelszone (AfCFTA) stärken – mit welchen Mitteln?
„Der wahre Test ist die afrikanische Resilienz“, urteilt Wanjiru Mugambi, kenianische Diplomatin. „Diese Krise kann die Exportdiversifizierung beschleunigen und den innerafrikanischen Handel stärken.“
Auf dem Weg zu einer neuen afro-amerikanischen Handelsordnung?
Die von der Trump-Administration verhängten Strafzölle markieren das Ende einer Ära – und den Beginn einer asymmetrischen, sektoral ausgerichteten Handelsbeziehung, in der ausschließlich US-Interessen dominieren. Afrika wird nicht mehr als Einheit, sondern als Mosaik aus Rohstoffquellen, politischen Risiken und fragmentierten Märkten betrachtet.
Damit wird wirtschaftliche Intelligenz zu einem entscheidenden Faktor: Afrikanische Staaten müssen lernen, zu verhandeln, vorauszudenken und US-Entscheidungen zu beeinflussen.
Zwischen erzwungener Anpassung und struktureller Chance
Kurzfristig schwächen Trumps Zölle die industriell oder agrarisch geprägten afrikanischen Volkswirtschaften. Mittelfristig könnten sie den Kontinent jedoch dazu zwingen, sich wirtschaftlich neu zu erfinden, regionale Allianzen zu vertiefen und strategische Ressourcen besser zu nutzen. In Handelspolitik wie in Geopolitik gilt: Ungleichgewicht kann ein Hebel sein – wenn es in Strategie verwandelt wird. (Quelle: adiac-congo)