
Der ehemalige tunesische Präsident Moncef Marzouki hat die Debatte über die Einheit des Maghreb neu entfacht, indem er eindringlich zur Versöhnung zwischen Marokko und Algerien aufruft. Vor dem Hintergrund des diplomatischen Bruchs zwischen den beiden Nachbarländern plädiert er dafür, politische Differenzen – insbesondere die Frage der Westsahara – hinter sich zu lassen und zugunsten einer gemeinsamen regionalen Vision zu handeln. Seine Botschaft versteht sich als Appell an Vernunft und Solidarität: Die Union des Arabischen Maghreb müsse wiederbelebt werden, um eine gemeinsame Zukunft auf Grundlage von Brüderlichkeit und Zusammenarbeit aufzubauen.
Marzouki äußerte sich kürzlich zu den angespannten Beziehungen zwischen Rabat und Algier. In einer auf Facebook veröffentlichten Erklärung schrieb er, „der Moment sei gekommen für eine historische Versöhnung zwischen Brüdern“, und bezog sich damit auf Marokko und Algerien, deren diplomatische Beziehungen seit 2021 unterbrochen sind. Er erklärte weiter, es sei an der Zeit, „das Hindernis des Streits um die Sahara zu überwinden“, und verwies damit auf das sensible Thema der Westsahara. Sein Aufruf erfolgt kurz nach der Verabschiedung einer Resolution des UN-Sicherheitsrates, der den von Marokko vorgeschlagenen Autonomieplan als Grundlage zukünftiger Verhandlungen unterstützt. Dem ehemaligen Präsidenten geht es jedoch nicht nur um die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen den beiden Staaten. Er fordert auch die Wiederbelebung der derzeit brachliegenden Union des Arabischen Maghreb (UMA) und möchte sie „aus dem Wiederbelebungsraum herausholen“. Marzouki betont fünf grundlegende Freiheiten, die die Bürger des Maghreb genießen sollten: Bewegungsfreiheit, Niederlassungsfreiheit, Arbeitsfreiheit, Eigentumsfreiheit und das Recht, an lokalen Wahlen teilzunehmen.
Der diplomatische Kontext zwischen Rabat und Algier Diese Freiheiten seien sowohl Rechte der Völker als auch Pflichten der Staaten, betont er. Seine Vision überschreitet daher den politischen Rahmen und setzt auf eine echte soziale und menschliche Union, die auf Solidarität und Zusammenarbeit beruht. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Marokko und Algerien sind seit August 2021 unterbrochen, nachdem Algier die Beziehungen zu Rabat wegen „feindseliger Handlungen“ abgebrochen hatte. Dies führte zur Schließung der Land- und Luftgrenzen und verschärfte die Spannungen in einer Region, die bereits durch den Westsaharakonflikt belastet ist.
In diesem Kontext richtete Marokkos König Mohammed VI. kürzlich eine Botschaft an den algerischen Präsidenten Abdelmadjid Tebboune und rief zu einem „brüderlichen und ehrlichen Dialog“ auf. Der marokkanische Monarch äußerte den Wunsch, neue Beziehungen aufzubauen, „die auf Vertrauen, Brüderlichkeit und guter Nachbarschaft beruhen“. Beobachter sehen diese Worte als Zeichen einer möglichen Öffnung und diplomatischen Entspannung.
Internationale Vermittlung und geopolitische Herausforderungen Parallel zu diesen positiven Signalen haben die USA ihre Bereitschaft erklärt, eine Annäherung zwischen beiden Ländern zu erleichtern. Steve Witkoff, US-Sondergesandter für den Nahen Osten, erklärte, Washington arbeite aktiv an einem Friedensabkommen zwischen Marokko und Algerien und hoffe auf Fortschritte in den kommenden zwei Monaten. Diese amerikanische Vermittlung werde von Saudi-Arabien unterstützt, das eine diskrete, aber entscheidende Rolle spiele. Das gemeinsame Engagement beider Mächte könnte einen günstigen Rahmen für die Wiederaufnahme des Dialogs bieten.
Der Konflikt um die Westsahara bleibt jedoch der Kern der Spannungen. Marokko verteidigt seinen Autonomieplan unter marokkanischer Souveränität, eine Position, die Washington seit 2020 unterstützt. Algerien hingegen hält am Grundsatz der Selbstbestimmung des sahrauischen Volkes fest. Die internationale Diplomatie versucht nun, eine dauerhafte und ausgewogene Lösung zu finden, um den Maghreb zu stabilisieren und die regionale Zusammenarbeit zu stärken.
Warum diese Annäherung für Marzouki entscheidend ist Eine Versöhnung zwischen Marokko und Algerien hätte weitreichend positive Folgen. Die Wiedereröffnung der Grenzen würde wirtschaftlichen und menschlichen Austausch wieder ermöglichen – besonders in den grenznahen Regionen. Sie könnte der Union des Arabischen Maghreb, die seit Jahren blockiert ist, neuen Schwung verleihen.
Auf regionaler Ebene würde eine Einigung die Stabilität und Sicherheit im Maghreb stärken, insbesondere angesichts der Herausforderungen in der Sahelzone und in Libyen. Außerdem eröffnete sie neue Entwicklungsperspektiven für die beiden wichtigsten Volkswirtschaften Nordafrikas. Marzouki betont, dass diese Versöhnung eine historische Notwendigkeit sei und „der einzige mögliche Weg“, um eine gemeinsame Zukunft zu gestalten. (Quelle: afrik.com)