*Volker Seitz: Enormer Nachholbedarf an Energieversorgung in Afrika

*Volker Seitz: Enormer Nachholbedarf an Energieversorgung in Afrika
Generatoren übernehmen teilweise 40% der Stromversorgung

Die chronische Unterversorgung an umfassender und verlässlicher Elektrizität ist ein zentrales Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung auf dem ganzen afrikanischen Kontinent. Rund 580 Millionen Menschen, das sind etwa 40 Prozent aller Afrikaner, haben laut der Internationalen Energieagentur (IEA) keinen Zugang zu elektrischem Strom. Wo eine Stromversorgung grundsätzlich möglich ist, ist diese oftmals unzuverlässig oder unverhältnismäßig teuer. In entlegenen, dünn besiedelten Gebieten lohnt sich der Ausbau zentraler Stromnetze aus wirtschaftlicher Sicht nicht.

Energiearmut ist sowohl für die wachsende Mittelschicht in den großen Städten wie auch auf dem Land ein großes soziales Problem. Selbst innerhalb Subsahara-Afrikas gibt es dabei erhebliche Unterschiede: während zum Beispiel in Südafrika über 80 Prozent mit Strom versorgt werden, sind es in Südsudan nicht einmal neun Prozent der Bevölkerung.

In vielen afrikanischen Städten kommt es regelmäßig zu Stromausfällen. Auch in Südafrika wird derzeit täglich für mehrere Stunden der Strom abgestellt. Surren der Dieselgeneratoren zur Eigenversorgung ist besonders in Nigeria ein allseits vertrautes Geräusch. Dort laufen 40 Prozent der Stromversorgung über Generatoren.

„Der Kontinent mit den reichsten Solar-Ressourcen der Welt hat nur fünf Gigawatt an Solaranlagen installiert, weniger als ein Prozent der weltweiten Summe“ schreibt die IEA in ihrem Africa Energy Outlook 2022. Solarenergie könnte jedoch – sofern sie auf lokale Gegebenheiten angepasst ist – die Energieform der Zukunft für den Kontinent sein.

Die Folgen davon, dass in vielen afrikanischen Ländern die Menschen keinen Zugang zu Strom haben, sind wenig erfreulich. 51 Prozent der Stadtbewohner, aber nur 7,5 Prozent der Landbewohner werden mit Energie versorgt. Etwa ein Drittel aller Krankenhäuser und Schulen in Subsahara-Afrika müssen ohne elektrischen Strom auskommen. Die ständigen Stromausfälle führen dazu, dass z.B. Geschäfte ihre Nahrungsmittel nicht kühlen können oder Tankstellen, Geldautomaten, Kühlschränke, elektrische Wasserpumpen und Alarmanlagen nicht funktionieren. Ohne eine solide Stromversorgung gibt es auch keine Anreize für langfristige Investitionen.

Am Äquator wird es jeden Tag gegen 18.00 Uhr schlagartig dunkel. Das bedeutet, Erwachsene können nach Einbruch der Dunkelheit nicht arbeiten und Kinder keine Hausaufgaben machen. Ärzte operieren im Schein von Taschenlampen. Kranke sterben, weil Medikamente sich nicht kühlen lassen. Es gibt kein Internet, Telefone können nicht aufgeladen werden. Die prekäre Situation in vielen afrikanischen Ländern ist meist ein hausgemachtes Übel, also Ergebnis schlechter und in wirtschaftlicher Hinsicht inkompetenter sowie gegenüber der Bevölkerung gleichgültiger Regierungsführung. Und überall dieselbe Veruntreuung öffentlicher Gelder, dieselben kleinen Arrangements, dieselben Tricks, derselbe Klientelismus und die Kultur der Straffreiheit.

Wie es anders geht, zeigen wieder einmal Botswana, Ruanda, Seychellen und Mauritius. Erfreulicherweise machen aber auch Ghana und Kenia Fortschritte bei der Versorgung der Bevölkerung mit Elektrizität. (*Volker Seitz, Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 11. Auflage 2021 – Bild von Sergei Tokmakov, Esq. https://Terms.Law auf Pixabay)