
Seit 2008 koordiniert die föderale Agentur Rossotrudnitschesstwo („Russische Häuser“) die kulturelle und bildungspolitische Präsenz Moskaus im Ausland. In Afrika hat sich dieses Netzwerk im Zuge der jüngsten diplomatischen Neuausrichtungen verdichtet und bietet Sprachkurse, Stipendien und mediale Aktivitäten an. Das erklärte Ziel: die Meinungen afrikanischer Eliten und Jugend für die außenpolitischen Interessen Russlands zu gewinnen.
Rossotrudnitschesstwo, gegründet 2008, ist die russische Agentur für humanitäre Zusammenarbeit und für die Verwaltung der Russischen Wissenschafts- und Kulturzentren (RWKZ) zuständig. Offiziell bewegen sich ihre Aufgaben im klassischen kulturellen Rahmen: Russischunterricht, Förderung von Kunst, Hochschulkooperation. Auf den ersten Blick ähnelt das dem Ansatz des Institut français oder des Goethe-Instituts – den Säulen der europäischen Soft Power.
Der Unterschied liegt in der politischen Steuerung und der Finanzierung. Die „Russischen Häuser“, direkt dem Außenministerium unterstellt und großzügig aus dem föderalen Haushalt finanziert, sind darauf ausgelegt, die Informationsräume im Ausland zugunsten russischer Interessen zu beeinflussen. Entsprechend werden ihre wachsende Präsenz und Bedeutung in Afrika mit Argwohn betrachtet.
Instrumente der Information – und Desinformation
Lange Zeit spielte das russische Kulturinstrumentarium in Afrika nur eine Nebenrolle. Nach dem Russland-Afrika-Gipfel in Sotschi (2019) hat es jedoch an Bedeutung gewonnen. Die öffentliche Diplomatie wurde ausgebaut – in einem Umfeld, in dem andere Einflussinstrumente wie Wagner, RT und Sputnik die Bühne betreten hatten. Historisch gesehen erbte Russland sieben RWKZ, die zwischen 1945 und 1989 eröffnet wurden (Kongo-Brazzaville, Tansania, Sambia, Tunesien, Marokko, Äthiopien, Ägypten). Die meisten wurden in „Russische Häuser“ umbenannt, mit einem Logo, das auf den Kreml verweist, mit einem gemeinsamen Mandat: die russische Sprache und Kultur zu verbreiten sowie Stipendien und Studienprogramme zu verwalten.
Das offizielle Netzwerk soll heute 86 Niederlassungen weltweit umfassen, darunter mehrere in Nord- und Subsahara-Afrika. Daneben entstehen „nichtstaatliche“ Ableger über Partnerschaften mit bestehenden lokalen Strukturen: Einige Eröffnungen fallen mit jüngsten politischen Annäherungen zusammen (zentrales Sahelgebiet: Mali, Burkina Faso, Niger; außerdem Äquatorialguinea, Somalia, Sierra Leone, Tschad). Verschiedene Vereine bemühen sich um offizielle Anerkennung – wie das bereits von der russischen Botschaft geförderte Russische Kulturzentrum in Yaoundé, das nun eine formelle Zulassung durch Rossotrudnitschesstwo anstrebt.
Die wichtigste Zielgruppe ist klar: die Jugend und die administrativen Eliten. Angesichts des hohen demografischen Drucks auf Afrikas Hochschulsysteme sind Stipendien das entscheidende Argument. Russischkurse werden angeboten, oft verbunden mit der Vergabe von Studienplätzen an russischen Universitäten. Für das akademische Jahr 2024-2025 sollen mehr als 26.000 afrikanische Studierende ein Stipendium erhalten haben, während Moskau 2023 angab, 34.000 afrikanische Studierende zu beherbergen – doppelt so viele wie 2019 (17.000).
Deutlicher Anstieg afrikanischer Studierender in Russland
Dies entspräche etwa 8 % der 430.000 afrikanischen Studierenden im Ausland und stärkt die Attraktivität Russlands gegenüber den USA (57.000 im Studienjahr 2022-2023) und der EU (282.000 im selben Jahr). Diese Zahlen, die aus russischen Quellen stammen, sind Teil einer Strategie zur Aufwertung des Hochschulangebots und zur Förderung von Berufsperspektiven.
Der Einfluss wird auch über die Medienebene ausgebaut. Inhalte von RT (Dokumentationen, Reportagen) werden in einigen Russischen Häusern gezeigt. So wurde der Film „Battle for Africa“ unter dem Banner einer „multipolaren“ Weltanschauung vorgeführt – eingebettet in einen antikolonialen Diskurs, der Moskaus Außenpolitik rechtfertigt. Die Kooperation mit der „RT Academy“ verstärkt diese Dimension weiter und macht die Russischen Häuser zu Kanälen für die Verbreitung der strategischen Erzählung des Kreml.
Schließlich verdeutlicht die Struktur von Rossotrudnitschesstwo die enge Verzahnung von Kultur und Staat: Die Leitung stammt aus dem Umfeld der Partei Einiges Russland und der hohen Beamtenschaft, die Direktoren werden vom Kreml ernannt und abberufen. Diese zentrale Steuerung stellt sicher, dass Prioritäten und Botschaften in den afrikanischen Niederlassungen konsequent überwacht werden.
Kurz gesagt: Die „Russischen Häuser“ sind weit mehr als eine reine Kulturschau. Sie verbinden Bildungsoffensive, Rekrutierung von Studierenden, Alumni-Netzwerke und Mediennarrative. Dieses langfristig angelegte Geflecht soll eine nachhaltige Einflussnahme auf die Entscheidungsträger von morgen ermöglichen – ein bewusst eingesetztes Soft Power-Instrument im Dienst einer globalen geopolitischen Strategie. (Quelle : afrik.com)