Buchtipp: Ken Kweku Nimo „Afrika in Mode“

Buchtipp: Ken Kweku Nimo „Afrika in Mode“

Einen aufschlussreichen Blick auf Afrika und seine Mode vermittelt diese Publikation. Mode, ein schillernder Begriff, entschlüsselt in mehreren Kapiteln als ein Spiegelbild verschiedener Kulturen und sozialer Herkunft. Eng verknüpft ist sie mit dem Streben nach Anerkennung, Ansehen und Status in fast jeder Gesellschaft.

Das Buch erläutert die Geschichte der afrikanischen Mode unter den Gesichtspunkten Handel, Kultur, Kolonialismus und Globalisierung. Der Autor verweist darauf, dass Mode ein gesellschaftliches Phänomen sei. Er setzt es gleich mit dem unverwechselbaren Kleidungsstil und Schmuck, den die Kulturen und sozialen Schichten prägen. Der Einfluss des Handels, der reiche Austausch über die regionalen und territorialen Grenzen verweist auf ein sehr weitverzweigtes Netz von Beziehungen, dasbereits vor der Ankunft der Europäer existiert hat.

Wie sich die afrikanische Mode im vorkolonialen Afrika durch den Transsaharahandel und den transatlantischen Handel verändert hat, vermittelt dieser Abschnitt sehr anschaulich.

Der Transsaharahandel im 11. und 16. Jahrhundert machte Hafenstädte in Marokko; Oualata in Mauretanien immer reicher. Luxusgüter, neue Technologien, Indigo-Farbstoffe, Produkte aus dem Baumwollanbau, aus Spinnereien, Webereien, Färbereien und Stickereien wurden vermarktet. Bedeutende Handelsstädte wie Djenne; Timbuktu und Gao in Songhai und Kaya bei den Mossi sind Zeugnisse dieser Entwicklung. Tiefgreifende Veränderungen hat jedoch der brutale Handel mit Sklaven ausgelöst.

Ken Kweku Nino zeigt auf, dass bei jedem Ereignis, wie Geburt, Pubertät, Heirat und Tod, die Kleidung eine wichtige Rolle spiele. Sie unterscheide sich je nach Alter, Tätigkeit, Familienstand und sozialer Zugehörigkeit. Bei Erntefesten, bei Riten von Kind zum Erwachsenen ist der Kleidungsstil ein wichtiger Bestandteil.

Eines der wirksamsten Instrumente des Kolonialismus sei, so der Verfasser dieses Buches; die Frage der Kleidung. Christliche Missionare sowie lokale Strafverfolgungsbehörden versuchten mit ihren aggressiven Mitteln, ihren Vorstellungen entsprechende Normen für Bekleidung durchzusetzen. Die Basler Mission ließ nur Menschen zum Gottesdienst und zum Schulbesuch zu, die westliche Kleidung trugen. Die französische Kolonialmacht sah in der traditionellen Kleidung die Notwendigkeit, die Bevölkerung durch ihre mitgebrachte Kleidung zu „zivilisieren“. Afrikaner, die sich von ihren Traditionen trennten, konnten die französische Staatsbürgerschaft erlangen. Doch auch Widerstand manifestierte sich gegen diese Vereinnahmung des europäischen Stils. Sapeure (gut Angezogene) aus dem Kongo protestierten, sie schlenderten in westlicher Kleidung durch die Stadtteile der Armen. Ein Protest gegen das Erbe des Kolonialismus.

In Westafrika setzte sich die neue Mode rasch durch. Der Autor erklärt es damit, dass der Erfolg der aus Europa kommenden Textilien auf die Vorliebe der Bevölkerung für bunte Stoffe treffe. Das habe die Übernahme des neuen Kleiderstils bei jungen Erwachsenen angekurbelt.

Im Kapitel Globalisierung werden Auswirkungen des weltweiten Handels aufgezeigt, der eine starke Konkurrenz mit massiven Einbußen für den afrikanischen Markt zur Folge hat und

beschrieben, wie Frankreich sich durch die Produkte aus Afrika, seien es Farbstoffe, Gummiarabikum, Elfenbein, Harthölzer und Gold, zu einer reichen Luxusnation der Mode und des Kunsthandwerkes entwickelt habe.

Afrikanische Mode fand Beachtung in der westlichen Kultur durch Migration und durch informelle Handelswege. Viel Aufmerksamkeit erfahren in der Modewelt die Kostüme afrikanischer Könige. Leopardendruckkleider, die Streifen von Zebras und Tigern sind nach wie vor aktuell.

Spannend nachzulesen sind die verschiedenen Bedeutungen der verwendeten Textilien sowie die vielfältigen Formen der Verarbeitung. Der Autor erklärt, dass Muster bestimmten Persönlichkeiten vorbehalten sind. Oder dass spezielle Anordnungen von Mustern böse Geister abhalten sollen. Besondere Schutzkraft wird dem Bogonlanfini, entwickelt vom Volk der Mande, zugeschrieben. Sehr geschätzt ist diese Bekleidung bei Jägern und traditionellen Führern in Mali und Guinea.

Im Dogonland, Mali, wird bevorzugt Baumwolle für die Bekleidung verwendet. Weitere Beispiele dieses eindrucksvollen Könnens sind die einheimische Produktion von Seide in Nigeria, die Technik des Brokatierens bei den Peul oder Fulani, eine Technik der andalusischen Mauren. Auch Kente, der gewebte Stoff aus dem ehemaligen westafrikanischen Königreich Ghana, ist ein lebendiges Zeugnis.

Das Färben, so wird in diesem Buch ausgeführt, ist ein wesentlicher Bestandteil der afrikanischen Handwerkskunst. Das Zusammenbinden oder -nähen, um bestimmte Muster zu erzeugen, oder das Stempeln von Wachsmustern auf Baumwollstoff, gehören dazu.

Schmuck ist ein wichtiges Element des vollständigen Kleidungsstils in afrikanischen Gesellschaften. In Nordafrikas Kultur wird Silber wegen seiner Reinheit dem Gold vorgezogen. In Westafrika ist Gold und in Benin Messing das am meisten geschätzte Material für mannigfaltige Schmuckschöpfungen.

Im Kapitel zwei, überschrieben mit dem neuen Afrika, stellt der Autor die produktivsten Designer vor, sie alle arbeiten von Afrika aus. Die Generation Couture, so wie Ken Kweku Nimo sie nennt, wird verehrt, da es ihnen gelang, einen unschätzbaren Beitrag zur Rekonstruktion der afrikanischen Identität und zur weltweiten Verbreitung afrikanischer Mode zu leisten. Bebilderte Modelle der Designer wie Foloshade Thomas-Fahm, Chris Seydou, Alphadi, Oumuo Sy, Pathé Ouedraogo; Kofi Ansah, Marianne Fassler, lassen die Reichhaltigkeit ihrer Arbeit erkennen. Zu jedem dieser vorgestellten Modeschöpfer wird ein kurzer Lebenslauf hinzugefügt.

Hervorgehoben wird in diesem Artikel, dass Luxus bleibende Werte, Seltenheit, Handwerkskunst, Qualität und Kultur beinhaltet. Luxus ist schwer fassbar, subjektiv geprägt und abhängig von sozioökonomischen und kulturellen Kontexten.

In Afrika ist es ein ständig steigender Markt für Luxusgüter, verknüpft mit dem reichen kulturellen Erbe. Vom Reichtum an Gold und Diamanten kann Afrika nur geringfügig profitieren.

Der Autor sieht in Afrika trotz aller Krisen nicht nur wegen der jungen Bevölkerung, der Verstädterung, der Verbreitung von Technologien ein enormes Wachstumspotential u.a. in der Modeindustrie. E-Commerce offeriere weitere Möglichkeiten, das Modegeschäft zu beleben.

Afrikanischer Luxus könnte sich durch digitale Kommunikationsplattformen einen neuen Markt erschließen. Afrikanische Modeschauen, Africa Fashion International, die Lagos und Accra Fashion Week sowie FIMA im Niger werden erwähnt. Die Filmindustrie, wie der Film Black Panther, Kollektionen von Dior, mit afrikanischen Designern; Unternehmen und Models, trugen zu mehr Aufmerksamkeit für die afrikanische Modewelt, bei.

Der Verfasser betont, dass Konsumenten der heutigen Zeit Nachhaltigkeit, Markenauthentizität und den Wert des Handwerks schätzen. Improvisation ist ein weiteres Merkmal vieler afrikanischer Kulturen; sie können somit in Zeiten des Überflusses wie auch der Knappheit erfolgreich sein. Kooperation und Partnerschaften zwischen Marken und Interessengruppen, sowie Innovationen gehören ebenso zu einem Bündel von erfolgreichen Entwicklungsphasen.

Der Fokus im Kapitel drei liegt auf neuen Talenten in Afrika. Zeitgenössische afrikanische Luxusmode wird auf den Seiten 97 bis 113 in ausdrucksstarken Fotoaufnahmen gezeigt. Das Spektrum reicht von bestickten Kleidern, über Federn als Schmuck, ein mit Perlen besetztes Hochzeitsgewand, über Taschen und Kopfbedeckungen aus diversen Materialien. Alle angeregt von der Schönheit von Traditionen und der Kultur Afrikas.

Es folgen ausführliche Beschreibungen von dreizehn Designern. Im Interview werden ihnen sechs Fragen gestellt, was inspiriert sie zu ihrer Marke, wie beeinflusst die Kultur ihr Schaffen, was motiviert sie mit einheimischen Materialien und Textilien zu arbeiten, was ist Luxus für Sie; gibt es afrikanischen Luxus, hat Afrika einen Wettbewerbsvorteil durch die Einzigartigkeit der einheimischen Textilien … Ihre ausführlichen, verständlichen, ideenreichen und nachdenklich machenden Antworten auf diese Fragen dokumentieren ihren Alltag und vermitteln Einblicke in ihre Zukunftsperspektiven. Auch dieses Kapitel ist reich bebildert mit den Kreationen der vorgestellten Designer.

Es lohnt sich, diese Publikation aufmerksam zu lesen. Es ist wie eine Entdeckungsreise der verschiedenen Entwicklungen und Veränderungen. Ken Kweku Nimo macht diese Reise mit seinen Schilderungen und Geschichten und seiner differenzierten Sichtweise zu einer kurzweiligen Lektüre.

Wer sich intensiver mit diesem Thema beschäftigen will, dem bietet das Buch eine reichhaltige Sammlung von umfangreichen Kenntnissen zum Thema Mode in Afrika.

Glossar, Bibliografie, Bildnachweise finden sich im Anhang. (Theresa Endres)

Ken Kweku Nimo
Afrika in Mode
Luxus, Handwerk und textiles Erbe
200 Seiten
2023 Midas Collection
39,00 Euro
ISBN 978-3-03876-244-7