Buchtipp: Lolá Ákínmádé Âkerström: In allen Spiegeln ist sie Schwarz

Buchtipp: Lolá Ákínmádé Âkerström: In allen Spiegeln ist sie SchwarzDrei Lebenslinien von Frauen unterschiedlicher Art präsentiert die in Lagos geborene, in die USA ausgewanderte und jetzt in Stockholm lebende Autorin. Die drei Frauen treffen kurz in der schwedischen Hauptstadt Stockholm aufeinander. Wie zufällig kreuzen sich ihre Wege in ihren neuen Lebensbereichen. Jede versucht sich zurechtzufinden, in einer für sie nicht vertrauten Umgebung. Allen gemeinsam ist, sie möchten, mit ihren Geschichten, ihren Erfahrungen und ihren Erlebnissen, als Schwarze, gehört, gesehen und anerkannt werden.

 Kemi, mit Preisen ausgezeichnete Marketingspezialistin, wird von einer bedeutenden Marketingfirma nach Schweden abgeworben. Dort soll sie als Abteilungsleiterin für Diversität und Inklusion arbeiten. Ihre Aufgabe wird es sein, der Marketingfirma ein neues Image von Weltoffenheit zu erschaffen. In Amerika gibt Kemi viel für diese Karriere auf. Sie genießt das Umworbensein und freut sich auf ihre neue, für sie interessante Arbeitsstelle. Voller Elan stürzt sich Kemi in ihren herausfordernden Auftrag. Konfrontiert wird sie mit der allgegenwärtigen Distanz ihrer Kollegen:innen. Der Freund des Inhabers der Firma wird ihr Vorgesetzter in ihrem Arbeitsfeld, mit dem Argument, mehr nordische Akzente in die Werbung einzubringen. Sie fühlt sich zunehmend unwohl in ihrem Umfeld. Kemis Traum von einer erfolgreichen beruflichen Laufbahn bekommt immer mehr Risse. Alternativlösungen für sich zu entwerfen, geraten zusehends beschwerlicher.

Brittany-Rae arbeitete als Flugbegleiterin, als sie Jonny, den Inhaber der Werbefirma begegnet. Er wirbt heftig um sie. Sie verlässt ihren Freund und ihre Familie und zieht nach Stockholm. Dort erlebt sie eine Welt voller Luxus, sowie die permanente Betreuung durch das Hauspersonal. Brittany-Rae fühlt sich nicht wohl in dieser Umgebung. Sie wird schwanger, erlebt die überschwängliche Freude ihres Mannes, den sie mit einigem Unbehagen geheiratet hat. Sie leidet unter der massiven Ablehnung seiner Eltern, die mit der Wahl ihres vergötterten Sohnes nicht einverstanden sind. Diese lehnen jeden Kontakt auch zu ihrem Enkelkind strikt ab. Erst durch ihre Schwägerin erfährt Brittany-Rae auf Druck ihrer Schwiegermutter, warum ihr Mann dieses besitzergreifende Verhalten zeigt. Sie möchte in ihren Stärken und Schwächen, als Persönlichkeit, wahrgenommen werden. Ihren Platz zu finden, wird für Brittany-Rae immer bedeutsamer.

Muna musste aus Somalia fliehen. Ihre Mutter und ihren Bruder verlor sie auf der Flucht. Sie ertranken. Ihren Vater ist unter den Trümmern des beschossenen Hauses gestorben. Sie beantragt Asyl in Schweden, sie wohnt, mit anderen Nationalitäten, am Rande von Stockholm in einem Flüchtlingsheim. Muna möchte sich, nach ihren traumatischen Erlebnissen, dazugehörig fühlen. Sie ist allein. In Ahmed, dessen Dorf in Kurdistan, Nordsyrien, total zerstört wurde, findet sie einen Gesprächspartner. Auch er ist allein, sie freunden sich an.
Ahmeds Asylantrag wird abgelehnt. Er zieht sich immer mehr zurück. Bevor er sich umbringt, übergibt er Muna einen Beutel mit den streng gehüteten Überbleibseln seines Lebens.
Mit viel Mut und Engagement versucht Muna voller Verzweiflung, ihre Existenz zu verändern. Sie sucht nach verlässlichen sozialen Beziehungen. Die zahlreichen bürokratischen Hürden lassen dieses Ziel immer unwahrscheinlicher erscheinen.

Greifbar und einprägsam geschildert ist es der Autorin gelungen, Einblicke in die Lebensgeschichten von drei Frauen anschaulich darzulegen. Jede von ihnen setzt sich auf ihre Art und Weise mit den sie umgebenden Bedingungen auseinander. Das macht diese Neuerscheinung zu einer spannenden Lektüre von Lebensgeschichten. (Theresa Endres)

Lolá Ákínmádé Âkerström
In allen Spiegeln ist sie Schwarz
Roman, aus dem Englischen von Yasemin Dincer
Orlanda Verlag, Berlin, 2023
ISBN 978-3-949545-37-5
EURO 24,00