Burkina Faso: Jugendliche auf der Suche nach einer Perspektive

Burkina Faso: Jugendliche auf der Suche nach einer Perspektive
Lokal hergestellter Saft kommt gut an

In Burkina Faso sind die politischen Herausforderungen, die innere Sicherheit wieder herzustellen, enorm. Die Regierung hat mittlerweile in harten Kämpfen ein Stück der Kontrolle zurückgewinnen können. Dennoch, Dschihadisten, Terroristen und Banditen haben die Kontrolle über ganze Regionen übernommen. 40 % des Landes sind nicht unter Kontrolle des Staates. Mehr als 4000 Schulen bleiben aus Angst vor den Terrorangriffen geschlossen. Dörfer sind leer und nicht bewohnbar, die Häuser abgebrannt, das Vieh gestohlen.

Der Drogen-, Waffen- und Menschenhandel sind lukrativ. Die betroffene Bevölkerung rätselt, wer hinter diesen viel Elend verursachenden Anschlägen steckt. Darauf finden sie keine Antwort. Aufgrund der Abwesenheit staatlicher Strukturen vor Ort, bleibt alles im Bereich der Vermutungen.

Aus Furcht vor dem Terror sind ca. 10% der knapp 21 Millionen Einwohner, auf der Flucht.

Terroranschläge, fehlende Präsenz der staatlichen Institutionen in den von den Terroristen besetzen Gebieten, erschweren die Situation der Jugendlichen auf der Suche nach einer bezahlten Beschäftigung.

A., ein Jugendlicher, war Kühehüter. Seine Bezahlung bekam er in Form von Milch. Das verlockende Angebot von 300.000 FCFA (457,-Euro), ein Mobiltelefon und ein Motorrad als Einstand für die Rekrutierung in eine der terroristischen Einheiten hat er bedenkenlos angenommen. Später bekam er ein Gewehr und eine militärische Ausbildung. Die Spuren zu ihm haben sich verloren.

Der Aufruf der Regierung, sich von den Dschihadisten zu trennen, ist auf keine große Resonanz gestoßen.

Wiederbelebt wurde der Appell vom April 2020 zur der Verteidigung für das Vaterland (VDP). Neue Interessenten:innen begeisterten sich für diese Initiative. Sie registrierten sich in einem aufwändigen Prozess mit Personalausweis und Geburtsurkunde. Diese Freiwilligen sollen ihre Gemeinde verteidigen. Eine Art von Entschädigung von 60 000 FCFA (91,-Euro) wird jedem gezahlt, ein Moped wird ihnen gestellt. Die militärische Ausbildung von 14 Tagen sollen sie in die Kriegsführung einbinden. Kritik wird laut, dass einige der Freiwilligen ihre Aufgaben nicht wahrnehmen und zusätzliche Gewalt gegen die Zivilbevölkerung anwenden.

Ein Beispiel aus der Projektarbeit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) „Pro Emploi“ (Für Beschäftigung)

Die unsichere Situation hat direkte Auswirkungen auf die Aktivitäten der zahlreich im Land vertretenen ausländischen Organisationen. Eine Lösung wird darin gesehen, direkt mit den Jugendlichen und Frauen zu arbeiten oder die Durchführung bestimmter Aktivitäten (finanzielle Zusammenarbeit, lokale Subventionierung) an inländische Strukturen zu delegieren. Die Sitzungen und Schulungen werden in regionale Hauptstädte verlagert. Die Zusammenarbeit mit lokalen Strukturen und Akteuren, die das Umfeld kennen, fokussiert sich auf Verbände, Genossenschaften, Nichtregierungsorganisationen, die die Projektaktivitäten direkt umsetzen. Diese Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen, sowie von Existenzgründern erleichtert den Zugang zum Markt. Der Focus liegt dabei auf Frauen und Jugendlichen. Lokale Ausbilder und Experten sollen mitwirken beim Aufbau einer entsprechenden Plattform, der Organisation von Praktikumsplätzen und Jobbörsen.

L. O. ist 28 Jahre, sie wohnt in Stadtteil Kamboisin, nicht weit von der ehemaligen Kaserne der Franzosen, circa 20 km vom Stadtzentrum entfernt. Angefangen hat sie 2019 mit der Verarbeitung von Mangos und Hibiskus. Nach einer fachspezifischen Ausbildung in Bobo-Dioulasso 2021, organisiert vom Projekt, verbesserte sie ihre Arbeitsweise und füllt ihre Produkte jetzt in Flaschen ab. Zudem hat sie ihr Angebot erweitert und transformiert Tamarinde, Ingwer, Baobab, Mangos, Bananen und Ananas zu Säften, Sirup, Nektar, Cocktails und Konfitüre. Das Basismaterial für die Verarbeitung hat sie sich gekauft und immer wieder, insbesondere nach Ausbildungssequenzen, ergänzt.

Der Ausbilder ist in Bobo-Dioulasso, ca. 400 km von Ouagadougou. Für Frau O. gibt es jederzeit die Möglichkeit, den Ausbilder zu kontaktieren. Manche Ausbildungseinheiten werden online angeboten. Eine WhatsApp-Gruppe ermöglicht es sich, je nach Bedarf auszutauschen, Fragen zu stellen und gegenseitig von den Erfahrungen zu profitieren. In dieser Gruppe können alle Teilnehmer, Trainer und das Organisationsteam über bewährte Praktiken und Geschäftsangelegenheiten sprechen und Tipps, Fragen und Empfehlungen weitergeben.

Frau O. besitzt ein Zertifikat, das sie nach einer Ausbildung erhalten hat, zusätzlich gewann sie den Preis unter den vier Besten der Ausbildungsgruppe. Sie arbeitet mit zwei Angestellten, die eine vorgeschriebene „Gesundheitskarte“ besitzen. Für sie, so betont sie, ist die Hygiene bei der Herstellung und eine gute Qualität der Basisprodukte wichtig. Aus Mangel an Angeboten ist eine Bioqualität zurzeit nicht möglich, eine lückenlose Zertifizierung ist nicht absehbar. Die Mischung aus Zucker, Früchten und Wasser ist auf den Flaschen angegeben, allerdings ohne genauere Mengenangaben, das bleibt das Geheimnis der Produzentin. Das Datum der Produktion und die Mindesthaltbarkeit sind angegeben, ebenso wie die Information, ohne Zusatzstoffe, 100 % natürlich. Auf Wunsch ihres Kundenkreises stellt sie auch Produkte ohne Zucker her.

Frau O. ist zufrieden mit dem Zugang zum Markt, sie verkauft ihre Produkte in Geschäften, Getränkemärkten, an private Kunden:innen. Sie nimmt personalisierte Bestellungen für Hochzeiten und Geburtstage an. Auf Nachfrage liefert sie ihre Produkte nicht nur in die Stadtteile von Ouagadougou, sondern auch in andere Provinzen von Burkina Faso. Sie macht Werbung für ihre Produkte beim lokalen Radiosender Kanal 3, um auf diese Weise ihre Produktpalette bekannter zu machen.

Frau O. hat im Rahmen des Projektes“Pro Emploi “ der GIZ an Qualifizierungsmaßnahmen und an einem Praktikum in einem Lebensmittelverarbeitenden Betrieb teilgenommen. Durch den ständigen Kontakt mit dem fachlichen Ausbilder, den Kolllegen:innen nutzt sie die Gelegenheit sich Informationen und Unterstützung für ihre Aktivitäten zu holen. (Theresa Endres, Foto:ia)