DAS-Afrika-Pressespiegel KW 5/2024: Risse und Brücken

DAS-Afrika-Pressespiegel KW 5/2024: Risse und Brücken

Burkina Faso, Mali und Niger verkünden Austritt aus der ECOWAS: Am Sonntag kündigten Burkina Faso, Mali und Niger per Fernsehansprache ihren sofortigen Austritt aus der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) an. In einer gemeinsamen Erklärung begründeten die drei Militärregierungen ihren Schritt mit dem Versagen der ECOWAS, Terrorismus in der Region erfolgreich zu bekämpfen und kritisierten die von der Regionalorganisation verhängten Sanktionen gegen ihre Regime infolge der verfassungswidrigen Machtwechsel als illegal und inhuman.

Gleichzeitig warfen sie dem Block vor, die Prinzipien der Gründerväter der ECOWAS verraten zu haben, sich von ausländischen Kräften beeinflussen zu lassen und zum Nachteil ihrer Mitgliedstaaten und deren Bevölkerung zu handeln. Inzwischen wurde die ECOWAS auch offiziell von allen drei Staaten über ihren Wunsch, den Block zu verlassen, informiert. Gemäß Artikel 91 des ECOWAS Statuts kann ein Austritt allerdings nur über einen Zeitraum von einem Jahr erfolgen.

Der Schritt der drei Militärregierungen kommt nicht überraschend. Trotz Verhandlungsbemühungen über eine Wiederaufnahme der Staaten in die Wirtschaftsgemeinschaft nach deren Suspendierung infolge von Putschen verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Juntas und der Regionalorganisation kontinuierlich. Grund hierfür waren vor allem die harten Sanktionen, insbesondere gegen Mali und Niger. Die Fronten verhärteten sich zudem weiter, nachdem die ECOWAS unter dem Vorsitz von Nigerias Präsident Bola Tinubu Niger nach dem Putsch im Juli 2023 mit einer militärischen Intervention drohte, sollte Nigers demokratisch gewählter Präsident Mohamed Bazoum nicht wieder eingesetzt werden. Burkina Faso und Mali kündigten daraufhin an, das Nachbarland im Fall einer Militärintervention der ECOWAS militärisch zu unterstützen.

Im September vergangenen Jahres gründeten Burkina Faso, Mali und Niger zudem die sog. Allianz der Sahel-Staaten (Alliance des États du Sahel, AES), um die militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu stärken, nachdem man zuvor gemeinsam aus dem von Frankreich unterstützten Militärbündnis G5-Sahel ausgetreten war. Erst am vergangenen Donnerstag war zudem ein geplantes Verhandlungstreffen zwischen einer ECOWAS Delegation und Vertreterinnen und Vertretern der Militärregierung Nigers in der nigrischen Hauptstadt Niamey geplatzt. Nigers Premierminister Ali Lamine Zeine warf der ECOWAS hierauf Böswilligkeit vor, diese wiederum rechtfertigte das Nichterscheinen der Delegation mit einem technischen Defekt am Flugzeug.

Auf die öffentliche Austrittsbekundung Burkina Fasos, Malis und Nigers hin betonte die ECOWAS in einer Stellungnahme am Sonntag, dass sie sich weiterhin für eine Verhandlungslösung mit allen drei Ländern einsetzen werde. Moussa Faki Mahamat, Vorsitzender der Kommission der Afrikanischen Union (AU), rief beide Seiten zum Dialog auf und bot die Unterstützung der AU an. In der Bevölkerung der drei Sahelstaaten gab es unterdessen vor allem unter der radikalen Anhängerschaft große Zustimmung für das Verlassen der Regionalorganisation. Am Sonntag wurde u.a. in Nigers Hauptstadt der Austritt auf den Straßen gefeiert. Geschäftsleute äußerten sich hingegen besorgt, denn ein tatsächlicher Austritt hätte weitreichende wirtschaftliche Folgen. Innerhalb der ECOWAS gilt freier Personen- und Warenverkehr – ein Austritt würde entsprechend auch die Wiedereinführung der Visumspflicht und von Handelszöllen mit sich bringen, was wiederum zu einer Verteuerung von Konsumgütern in den drei Binnenstaaten führen würde. Zahlreiche Menschen könnten mit dem Austritt zudem ihre Jobs verlieren.

Burkina Faso stellt beispielsweise rund 15% der Gesamtbelegschaft der ECOWAS. Gleichzeitig können Burkina Faso, Mali und Niger ab sofort nicht mehr auf Finanzmittel der regionalen Entwicklungsbank EBID (ECOWAS Bank for Investment and Development) zurückgreifen. Fraglich ist nach dem Rückzug aus der ECOWAS zudem der Verbleib der drei in der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA), die die gemeinsame, an den Euro gekoppelte Währung des CFA-Franc, nutzt. Während Malis Außenminister Abdoulaye Diop am Donnerstag bestätigte, man werde auch weiterhin in der UEMOA bleiben, hatte Burkina Fasos de facto Regierungschef Ibrahim Traoré bereits angedeutet, man werde einen Rückzug aus der Währungsunion in Erwägung ziehen.

Auch für die ECOWAS sind die Folgen des Austritts enorm, galt die Regionalorganisation mit ihren 15 Mitgliedern lange Zeit als das Erfolgsmodell regionaler wirtschaftlicher Integration in Afrika. Mit dem Rückzug von Burkina Faso, Mali und Niger – alles drei Gründungsmitglieder der Regionalorganisation – wird nun jedoch die Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der ECOWAS, die bereits unter sechs Staatsstreichen innerhalb von drei Jahren gelitten hatte, weiter beeinträchtigt. Darüber hinaus ist der Rückzug der drei Sahelstaaten aus der Regionalorganisation auch ein Rückschlag für Deutschland und die EU im Konkurrenzkampf mit Russland um Einfluss in der Region. Die Sicherheitslage in den Sahelstaaten ist weiterhin volatil und mit dem Rückzug aus der ECOWAS wird man sich nach neuen Partnern umschauen müssen. Alle drei Staaten haben bereits eine militärische Zusammenarbeit mit Russland – ob und in welchem Umfang diese nun ausgeweitet wird, bleibt abzuwarten.

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