Fischmehl- und Fischölexporte aus Westafrika nach Europa entlarven ein zerstörerisches Nahrungsmittelsystem

Fischmehl- und Fischölexporte aus Westafrika nach Europa entlarven ein zerstörerisches Nahrungsmittelsystem
© Greenpeace / Pape Diatta Sarr

Dakar, Senegal: Jedes Jahr tragen europäische Unternehmen zu einer tragischen Umleitung von frischem Fisch bei, der für die Ernährungssicherheit von über 33 Millionen Menschen in der westafrikanischen Region unerlässlich ist. Zu diesem Schluss kommt ein neuer Bericht von Greenpeace Afrika und Changing Markets,” Feeding a Monster: How European aquaculture and animal feed industries are stealing food from West African communities”.

Der Bericht enthüllt, wie jedes Jahr mehr als eine halbe Million Tonnen kleiner Fische entlang der Küste Westafrikas entnommen und zu Futtermitteln für die Aquakultur und Landwirtschaft, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika und Tierfutterprodukte außerhalb des afrikanischen Kontinents verarbeitet werden.

„Die Fischmehl- und Fischölindustrie und alle Regierungen und Unternehmen, die sie unterstützen, berauben im Grunde die lokale Bevölkerung ihrer Lebensgrundlage und ihrer Nahrung. Dies verstößt gegen internationale Verpflichtungen zu nachhaltiger Entwicklung, Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit und Gleichberechtigung“, sagte Dr. Ibrahimé Cissé, Senior Campaigner bei Greenpeace Afrika.

Der Bericht basiert auf einer Untersuchung der Handelsbeziehungen von Fischmehl und Fischöl (FMFO) zwischen der FMFO-Industrie in Westafrika und dem europäischen Markt. Er umfasst Händler, Aqua- und Agrofeed-Firmen in Frankreich, Norwegen, Dänemark, Deutschland, Spanien und Griechenland. Er untersucht auch die Lieferkettenbeziehungen zwischen Meeresfrüchte-Verarbeitern/Vertreibern und Zuchtfischproduzenten, die in den letzten Jahren Aquafeed von Firmen bezogen haben, die in den westafrikanischen FMFO-Handel involviert waren, und bekannten Einzelhändlern aus Frankreich (Carrefour, Auchan, E. Leclerc, Système U, Monoprix, Groupe Casino), Deutschland (Aldi Süd, Lidl, Kaufland, Rewe, Metro AG, Edeka), Spanien (Lidl Espana) und Großbritannien (Tesco, Lidl, Aldi).

„Exporte von Fischmehl und Fischöl nach Europa rauben den Küstengemeinden die Lebensgrundlage, indem sie die Bevölkerung einer wichtigen Nahrungsquelle und Einkommensquelle berauben. Europäische Aquafeed-Unternehmen und Einzelhändler können dieses wichtige Menschenrechts- und Umweltproblem nicht länger ignorieren. Jetzt ist es an der Zeit, die Lieferketten zu überdenken und die Verwendung von Wildfängen in Zuchtfischen und anderen Tieren schnellstmöglich einzustellen, um diese Fischpopulationen für zukünftige Generationen zu erhalten“, sagte Alice Delemare Tangpuori, Campaigns Manager, Changing Markets.

Die Recherchen von Greenpeace und Changing Markets bestätigen eine rasante Ausweitung der FMFO in den letzten Jahren, insbesondere in Mauretanien, wo 2019 70 Prozent der Fischölexporte in die EU gingen. Die Regierungen von Mauretanien, Senegal und Gambia haben es bisher versäumt, ihre gemeinsame Ressource an kleinen pelagischen Fischen angemessen zu bewirtschaften und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf Nahrung und Lebensunterhalt für die betroffenen Gemeinden zu gewährleisten, einschließlich der handwerklichen Fischerei, die weiterhin gegen die FMFO-Fabriken protestieren.

„In der kalten Jahreszeit, die derzeit im Senegal herrscht, ist es sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, Sardinellen an den üblichen Stellen zu finden. Die Folgen für die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit der Menschen vor Ort sind katastrophal, ebenso wie für das Gleichgewicht der Nahrungskette im Meer“, sagt Dr. Alassane Samba, ehemaliger Forschungsdirektor und Leiter des Ozeanographischen Forschungszentrums Dakar-Thiaroye im Senegal.

Harouna Ismail Lebaye, Präsident der FLPA (Artisanal Fishing Free Federation), Sektion Nouadhibou, in Mauretanien, hat eine deutliche Botschaft an Unternehmen und Regierungen, die in die FMFO-Beschaffung involviert sind: „Eure Investitionen berauben uns unserer Fischereiressourcen, eure Investitionen lassen uns verhungern, eure Investitionen bedrohen unsere Stabilität, eure Fabriken machen uns krank … Es ist an der Zeit, jetzt aufzuhören.“

Greenpeace Afrika und Changing Markets fordern Unternehmen, politische Entscheidungsträger und Regierungen auf, nicht mehr auf genusstauglichen Fisch aus Westafrika zu verwenden, um die Nachfrage nach Fischmehl und Fischöl in der Europäischen Union und Norwegen zu decken. (Greenpeace)