Mavis Owusu-Gyamfi ist Präsidentin und CEO des African Center for Economic Transformation. Bei der Hamburg Sustainability Conference 2024 spricht sie sich für einen grünen Umbau der afrikanischen Volkswirtschaften und einen flexibleren Ansatz für den Schuldendienst aus. In diesem Interview mit der GIZ erklärt sie ihre Beweggründe.
Frau Owusu-Gyamfi, wir erreichen die Nachhaltigkeitsziele nicht. Offensichtlich tut unsere Lebensweise dem Planeten und den Menschen nicht gut. Sind unsere Volkswirtschaften schuld?
Die derzeitige Struktur unserer Volkswirtschaften funktioniert nicht. Das Wirtschaftswachstum, das in den letzten hundert Jahren in den meisten Teilen der Welt zu beobachten war, ging auf Kosten unseres Klimas, der Natur und der Biodiversität, weil es mit einer starken Abhängigkeit des verarbeitenden Gewerbes und der Industrie von fossilen Brennstoffen verbunden war. In Afrika haben wir jetzt die beispiellose Chance, alles anders zu machen und die Entwicklung voranzutreiben, ohne unseren Planeten zu zerstören.
Wie sollten sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Volkswirtschaften aussehen?
Aus afrikanischer Sicht geht es zunächst darum, etwas gegen die enorme Energiearmut und Unterbeschäftigung auf dem Kontinent zu unternehmen. Länder wie Namibia und die Demokratische Republik Kongo verfügen über riesige Ressourcen für Sonnen- und Windenergie sowie über die Mineralien, die für eine grüne Industrialisierung erforderlich sind. Diese Länder benötigen Technologie, Kompetenzen und Finanzmittel, um ihre Ressourcen zu nutzen, grüne Lösungen für die Welt zu entwickeln und zugleich die Lebensgrundlagen ihrer Bevölkerung zu verbessern.
Sie beraten die Regierungen afrikanischer Länder wie Ghana, Mosambik und Ruanda. Welche Länder machen gute Fortschritte und welche haben Schwierigkeiten?
Wie unser African Transformation Index zeigt, sind die afrikanischen Volkswirtschaften heute im Durchschnitt schwächer diversifiziert und im Export weniger wettbewerbsfähig als im Jahr 2000. Sie sind größtenteils stark vom Export von Rohstoffen abhängig, was ihre Resilienz gegenüber wirtschaftlichen und sozialen Schocks – wie der COVID-19-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine – beeinträchtigt. Zugleich wird ihre wirtschaftliche Erholung durch innenpolitische Herausforderungen weiter erschwert: hohe Schulden, ein stagnierendes Wachstum, Arbeitslosigkeit – vor allem unter jungen Menschen und Frauen –, Armut und Ungleichheit. Hinzu kommt, dass die öffentlichen Finanzen oftmals zu knapp sind, um grundlegende Sozialausgaben zu finanzieren.
Was raten Sie Ländern mit knappen Haushaltsmitteln?
Wir haben hier vier Empfehlungen. Erstens sollten diese Länder großes Augenmerk auf ihre Haushaltsdisziplin sowie die Effizienz und Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben legen. Zweitens sollten sie ihre Einnahmen steigern, indem sie die Steuerbasis erweitern, für mehr Gerechtigkeit und Effizienz bei der Erhebung von Steuern sorgen und gegen illegale Finanzströme vorgehen. Drittens sollten sie ihren Schuldendienst umstrukturieren, sodass er Ausgaben für das Gesundheitswesen, Bildung, Armutsbekämpfung und andere wesentliche Prioritäten nicht im Wege steht. Viertens sollten sie in die Transformation investieren und dabei den Schwerpunkt nicht nur auf das Wachstum legen, sondern auf die fünf Säulen des wirtschaftlichen Erfolgs: Diversifizierung, Wettbewerbsfähigkeit im Export, Produktivität, Technologie und das Wohlergehen der Menschen – wir nennen das kurz Growth with DEPTH.
Sie setzen sich für eine andere Wahrnehmung Afrikas ein. Kann die Hamburg Sustainability Conference deutlich machen, was Afrika zu bieten hat?
Afrika ist kein Problem, das es zu lösen gilt – wir sind Teil der Lösungen von heute. Afrika muss sich größeres Gehör verschaffen, seine Repräsentanz erhöhen und mehr Einfluss auf globale Entscheidungen haben. Es ist zu begrüßen, dass die Konferenz dafür Raum bietet. Ich hoffe, die Hamburger Konferenz wird für die Nachhaltigkeit