Das internationale literaturfestival berlin [ilb] lädt Einzelpersonen, Schulen, Universitäten, Kulturinstitutionen und Medien ein, am 29. September 2022 an einer »Weltweiten Lesung« aus Salman Rushdies Werken teilzunehmen – von »Mitternachtskinder«, »Die satanischen Verse«, »Joseph Anton« bis zu seinen neuesten Büchern »Sprachen der Wahrheit« und »Victory City«. Mit der Lesung soll ein Zeichen für die Freiheit der Literatur und des öffentlichen Wortes sowie für die Solidarität mit dem Autor gesetzt werden, der Opfer eines grausamen Attentats wurde.
Zu den Erst-Unterzeichner:innen zählen: Adonis [Syrien/ Frankreich], Breyten Breytenbach [Südafrika], Amir Hassan Cheheltan [Iran], Robert Hass [USA], Elfriede Jelinek [Österreich], Sergei Lebjedev [Russland/ Deutschland], Bernard-Henri Levy [Frankreich], Yang Lian [China/ Großbritannien], Alberto Ruy Sánchez [Mexiko], Peter Schneider [Deutschland], Wole Soyinka [Nigeria] und Janne Teller [Dänemark].
Die Autorin Madame Nielsen schlägt vor, dass wir bis zum 29. September überall im öffentlichen Raum »Die Satanischen Verse« mit uns tragen sollten, dass wir das Buch überall aufschlagen und lesen, in Cafés, Parks und der U-Bahn. Elfriede Jelinek regt Autor:innen an, Auszüge davon auf den eigenen Websites zu platzieren, falls die Rechte hierfür jeweils erworben werden können
Auch wenn die konkreten Hintergründe des Attentats und das Motiv des Täters noch nicht geklärt sind, scheint klar, worauf sie vermutlich zurückgehen: auf die Fatwa, die der iranische »Revolutionsführer« Ayatollah Khomeini 1989 gegen Rushdie erlassen hat. Sie forderte die Tötung des in Indien geborenen, britischen Schriftstellers, weil er mit den »Satanischen Versen« angeblich den Islam, den Koran und den Propheten Mohammed beleidigt habe. Bis heute hat das iranische Regime den Aufruf zur Ermordung des Autors nicht zurückgenommen, ebenso wenig wie das Kopfgeld, das es damals auf ihn ausgesetzt hatte. Die wichtigen Medien im Iran applaudieren derzeit dem Attentäter.
Salman Rushdie musste deshalb jahrelang unter intensivem Polizeischutz leben. Mehr als 20 Jahre lang ging man davon aus, dass keine Gefahr mehr für sein Leben bestehe. Doch diese Annahme hat sich durch das blutige Attentat in New York auf schockierende Weise als trügerisch erwiesen. Es macht deutlich, dass die Bedrohung der elementaren Menschenrechte und Freiheiten virulent ist. Der Anschlag auf Rushdie fällt in eine Zeit, in der die demokratische Welt von immer aggressiveren autoritären Mächten unterschiedlichster Prägung in die Defensive gedrängt, wenn nicht – wie in der Ukraine – durch offenen Krieg und ein unglaubliches Ausmaß an Gewalt mit Tod und Zerstörung überzogen wird.
Es ist daher dringend geboten, entschlossen aufzustehen und Recht und Menschenwürde zu verteidigen. Mit der Lektüre seiner Romane und Essays können freiheitsliebende Menschen in aller Welt ein Zeichen setzen, dass sie sich von Gewaltandrohungen nicht einschüchtern lassen und sich keinem Versuch beugen, Gedanken in Wort, Schrift und Bild zu unterdrücken oder auszulöschen.
Die Lesungen können überall stattfinden, auch privat im kleinen Kreis, in einer Schule, in einer Kultureinrichtung oder im Radio. Personen und Institutionen, die sich mit einer Lesung am 29. September beteiligen möchten, werden gebeten, uns folgende Informationen zukommen zu lassen: Organisatoren, Ort, Zeit, teilnehmende Akteure, Veranstaltungssprache, ggf. Link zu Ihrer Website. Die E-Mail-Adresse lautet: worldwidereading@literaturfestival.com. Wir bitten die Veranstalter, die Rechte für Lesungen selbst zu klären. (ilb)