Der Staatsbesuch von Emmanuel Macron in Marokko, der am 28. Oktober 2024 begann, sollte das Verhältnis zwischen Frankreich und Marokko erneuern und große Handelsverträge besiegeln. Doch das Auftreten von König Mohammed VI., der sichtlich geschwächt und auf eine Gehhilfe angewiesen war, hat erneut Fragen über seinen Gesundheitszustand aufgeworfen und Spekulationen über die Zukunft des marokkanischen Throns entfacht. Neben dem französischen Präsidenten traten Kronprinz Moulay El Hassan und Prinz Moulay Rachid, der Bruder des Königs, in den Vordergrund – ein Zeichen dafür, dass eine mögliche Thronfolge näher sein könnte als erwartet.
Anhaltende Sorgen um die Gesundheit von Mohammed VI.
Die Besorgnis um die Gesundheit des Königs ist nicht neu. Bereits im Sommer wurde sein auffälliges Fehlen in den Medien thematisiert, während Lalla Salma und ihre Kinder, Moulay El Hassan und Lalla Khadija, während ihres Urlaubs in Griechenland medienwirksam präsent waren. Während die königliche Familie in Mykonos für Schlagzeilen sorgte, blieb Mohammed VI. in Marokko. Nur wenige verschwommene Bilder von seinen seltenen Ausflügen in M’diq kursierten in sozialen Netzwerken, was die Gerüchte über seinen gesundheitlichen Zustand weiter anheizte.
Die Aufnahmen aus M’diq zeigten einen kaum wiederzuerkennenden König, der in einem Cabrio von einer überraschenden Figur begleitet wurde: Yusef Kaddur, ein marokkanischer MMA-Kämpfer, der offenbar zu einem engen Vertrauten des Königs geworden ist. Diese seltenen und qualitativ schlechten Bilder nähren Spekulationen darüber, dass der wahre Zustand des Königs bewusst verborgen wird.
Yusef Kaddur und die Azaitar-Brüder: Das unkonventionelle Umfeld des Königs
Die Nähe von Mohammed VI. zu Kaddur und den MMA-Kämpfern Azaitar hat in den letzten Jahren viele Fragen aufgeworfen. Diese Beziehungen zu Personen, die weder aus der politischen noch aus der gesellschaftlichen Elite Marokkos stammen, werden unterschiedlich interpretiert. Während einige darin eine Strategie sehen, um bei der jugendlichen Bevölkerung Marokkos populärer zu werden, die sich für Kampfsport begeistert, zeigen sich internationale Beobachter besorgt über den wachsenden Einfluss dieser Personen auf den König. Selbst renommierte Medien wie The Economist haben über die Rolle der Azaitar-Brüder im Umfeld von Mohammed VI. berichtet.
Kronprinz Moulay El Hassan rückt in den Vordergrund
Parallel dazu steigert Kronprinz Moulay El Hassan seine öffentliche Präsenz und festigt damit seine Position als zukünftiger Herrscher des Königreichs. Seine Auftritte an der Seite seiner Mutter Lalla Salma, die trotz der Scheidung vom König eine äußerst beliebte Figur im Land bleibt, sollen Stabilität und Kontinuität innerhalb der Monarchie demonstrieren. In diplomatischen Kreisen wird die zunehmende Sichtbarkeit des Kronprinzen als Zeichen einer sorgfältig vorbereiteten Thronübergabe gewertet.
Wirtschaftliche Verträge und das Dossier Westsahara
Macrons Besuch in Marokko hat auch eine strategische Dimension: Frankreichs Unterstützung im Westsahara-Konflikt im Austausch für bedeutende Wirtschaftsverträge. Rabat drängt Paris auf eine offizielle Positionierung zugunsten Marokkos in diesem sensiblen Streit. Als Gegenleistung wurden bereits am ersten Tag des Staatsbesuchs wichtige Verträge in verschiedenen Schlüsselbereichen unterzeichnet.
Der Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Tanger und Marrakesch unter Beteiligung französischer Unternehmen wie Alstom und Egis ist eines dieser Großprojekte. Auch im Energiesektor, insbesondere bei erneuerbaren Energien, wurden Verträge mit Engie und TotalEnergies abgeschlossen. Diese Abkommen sollen Marokkos Infrastruktur und Wirtschaft stärken, könnten jedoch wegen der umstrittenen Westsahara in Frage gestellt werden.
Rechtliche Hindernisse und internationale Spannungen
Am 4. Oktober 2024 hat der Europäische Gerichtshof zwei Handelsabkommen zwischen Marokko und der EU annulliert, die die Westsahara illegal einschlossen. Diese Entscheidung, die den Rechten der Sahraouis Rechnung trägt, könnte Auswirkungen auf die neuen Abkommen haben. Der Druck auf die EU und ihre Mitgliedsstaaten, ihre Partnerschaften in der Region zu überdenken, wächst.
Ein fragiler Thron und eine ungewisse Zukunft
Während Mohammed VI. zunehmend aus der Öffentlichkeit verschwindet, bereitet sich die marokkanische Monarchie offenbar auf einen geordneten Übergang vor. Die Rolle des Kronprinzen Moulay El Hassan wird zunehmend gestärkt, doch es bleibt abzuwarten, unter welchen Bedingungen er den Thron besteigen wird und welche Rolle die engen Vertrauten seines Vaters in dieser Übergangsphase spielen werden. (Quelle: afrik.com)