Potenzialatlas Wasserstoff: Afrika könnte Energieversorger der Welt werden

Potenzialatlas Wasserstoff: Afrika könnte Energieversorger der Welt werdenErste Ergebnisse des BMBF-Projekts „Potenzialatlas Grüner Wasserstoff“ zeigen immense Potenziale einer Wasserstoff-Partnerschaft zwischen Deutschland und Westafrika:  Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat gemeinsam mit dem Innovationsbeauftragten „Grüner Wasserstoff“ Dr. Stefan Kaufmann den „Potenzialatlas Grüner Wasserstoff“ vorgestellt. Dieser Atlas analysiert Potenziale für die Erzeugung und den Export von Grünem Wasserstoff im westlichen und südlichen Afrika.

Grüner Wasserstoff ist ein Schlüsselelement der Energiewende. Mit seiner Hilfe lassen sich Industrie, Flug- und Schwerlastverkehr klimafreundlich gestalten. Allerdings hat Deutschland weder genügend freie Flächen noch genügend Wind- und Sonnenenergie, um seinen Wasserstoffbedarf selbst decken zu können. Deutschland wird daher auch langfristig Grünen Wasserstoff importieren müssen. Zum Beispiel aus West- und Südafrika.

Um herauszufinden, welche Potenziale es für die Produktion und den Export von Grünem Wasserstoff in Afrika gibt, fördert das Bundesforschungsministerium seit 2020 einen „Potenzialatlas Wasserstoff“. Er betrachtet neben den Bedingungen für die Erzeugung Erneuerbarer Energien und der notwendigen Infrastruktur insbesondere die Möglichkeiten einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort. Am Donnerstag, den 20.05., hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erste Atlas-Ergebnisse für die 15 Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) vorgestellt. Sie zeigen: Afrika könnte in Zukunft ein wichtiger Partner für die deutsche Wasserstoffwirtschaft werden.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Allein in Westafrika ließen sich jährlich maximal bis zu 165.000 TWh Grüner Wasserstoff herstellen. Zum Vergleich: Das entspricht 110mal der Menge an Grünem Wasserstoff, die Deutschland 2050 voraussichtlich wird importieren müssen.

Von diesen 165.000 TWh Wasserstoff ließen sich jährlich rund 120.000 TWh für unter 2,50 Euro pro Kilogramm herstellen. Zum Vergleich: Studien gehen davon aus, dass die Kosten für ein Kilo Wasserstoff in Deutschland sogar 2050 noch rund 3,80 Euro betragen werden.

Solar-Energie lässt sich am günstigsten in den nördlichen Regionen Westafrikas erzeugen, Wind-Energie in den südlichen. Wegen der geringen Stromgestehungskosten von Solar-Energie unter 2 Cent pro kWh im Norden Westafrikas sind hier die Kosten für die Herstellung Grünen Wasserstoffs besonders niedrig. Zum Vergleich: Die Stromgestehungskosten mit Erneuerbaren Energien in Westafrika sind rund 30 % niedriger als in Deutschland.

Es ist möglich, Westafrikas örtlichen Energiebedarf zu decken – ohne den Energiebedarf für die Produktion von Grünem Wasserstoff erheblich einzuschränken.

Der Aufbau einer auf Grünem Wasserstoff basierenden Wirtschaft geht sowohl in städtischen als auch ländlichen Regionen Westafrikas mit hohem gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Nutzen einher. Das macht Wasserstoff-Technologien interessant für afrikanische Entscheider aus Politik und Wirtschaft – und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines schnellen Einstiegs in die Wasserstoff-Wirtschaft.

Ab sofort lassen sich erste Variablen des Potenzialatlas für Westafrika in einer interaktiven Karte darstellen. Voraussichtlich im Juni 2021 folgen weitere Daten, beispielsweise zu den Kosten von Meerwasser-Entsalzung, Wasserstoff-Export sowie Energie-/Wasser-Transport. Voraussichtlich im Herbst 2021 folgen zudem Daten für Regionen in Südafrika. (BMBF)

Foto: Pressekonferenz mit der Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek, Dr. Stefan Kaufmann, Innovationsbeauftragter Grüner Wasserstoff,Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft sowie Solomon Nwabueze Agbo, Projektkoordinator zum Thema Aufbau einer Wasserstoffpartnerschaft mit Westafrika. © BMBF/Hans-Joachim Rickel

Was sagen DIE GRÜNEN zum grünen Wasserstoff?
Zum geplanten Aufbau einer Wasserstoffpartnerschaft mit Westafrika erklären Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik und Ingrid Nestle, Sprecherin für Energiewirtschaft:

Uwe Kekeritz:
„Grüner Wasserstoff kann für Länder des globalen Südens zu einer Erfolgsgeschichte werden. Es kommt zu einer Win-Win-Situation, wenn dadurch Deutschland und Europa die Klimaneutralität schaffen und der globale Süden wirtschaftlich davon profitiert. Der Aufbau einer ökologisch und sozial nachhaltigen Wasserstoffproduktion in Ländern, die noch fast ausschließlich von fossilen Energien abhängen, oder in denen große Teile der Bevölkerung noch gar keinen Zugang zu Strom haben, ist aber alles andere als trivial.

Ein Potentialatlas für Westafrika ist ein guter erster Schritt. Für einen Erfolg müssen aber zahlreiche Bedingungen erfüllt sein: Es braucht Partnerschaft auf Augenhöhe mit den Staaten, aber auch mit den von Produktionsanlagen unmittelbar Betroffenen Menschen. Zudem sind die Sicherung der Wasserversorgung gerade in oftmals von Wasserknappheit betroffene Staaten, die Teilhabe oder die Herstellung einer eigenen Energieversorgung bei Strom und Kraftstoffen und natürlich auch eine faire Beteiligung an den monetären Gewinnen nötig.

Die Bundesregierung muss diese und weitere Aspekte zur Bedingung machen. Anderenfalls drohen – wie allzu oft in der Vergangenheit – die Länder des globalen Südens als billige Rohstofflieferanten geradezu post-kolonial ausgebeutet zu werden. Wir begrüßen daher, dass die Ministerin diese Bedingungen an den Anfang ihrer Ausführung gestellt hat. Es darf aber nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben.

Ingrid Nestle:
„So richtig und wichtig derartige energiepartnerschaftlichen Projekte sind, werden diese durch ein zu oberflächiges Vorgehen gefährdet. Bisher hat die Bundesregierung noch immer keine klaren sozialen und ökologischen Kriterien für den Import von grünem Wasserstoff festgelegt. Hier muss dringend nachgebessert werden. Während vor allem die riesigen Produktionsmöglichkeiten für günstigen grünen Wasserstoff betont werden, bleiben die Transportfrage und dessen Kosten weiterhin unklar.

So groß das afrikanische Potenzial im Bereich grüner Wasserstoff sein mag, wird es in diesem Jahrzehnt noch nicht möglich sein, die weltweit zahlreichen Importanfragen befriedigen zu können. Bis dahin sollten wir umsichtiger mit dem kostbaren Energieträger umgehen. “