Senegal: Vor hundert Jahren wird Sembène Ousmane geboren

Senegal: Vor hundert Jahren wird Sembène Ousmane geboren
Afrikas „Filmhauptstadt“ Ouagadougou / Burkina Faso hat ihm zu Ehren eine Statue im Stadtzentrum errichtet.

Geboren wurde der Senegalese Sembène Ousmane Anfang Januar 1923. Das genaue Datum ist nicht bekannt. Er war einer der bedeutendsten Schriftsteller und Filmemacher seiner Zeit. Im Zweiten Weltkrieg Soldat in der französischen Armee („Tirailleur Sénégalais“), später Arbeiter bei Citroën und im Hafen von Marseille.1956 veröffentlichte er seinen ersten Roman, „Der schwarze Hafenarbeiter“.

Bis zum 40. Lebensjahr war der Autodidakt Schriftsteller. Da er aber auch die ungebildeten Schichten erreichen wollte, begann er nach einem Studium in Moskau Filme zu drehen, in denen er Traditionen, die den Aufbau einer gerechten Gesellschaft behindert, teils satirisch, teils in Gleichnisform kritisiert. Mit seinen Büchern und Filmen, die sich gegen Polygamie, Zwangsehe und Unterdrückung der Frau mittels des Islam wenden, macht er sich keine Freunde.

Er ist auch der Erste, der die Versklavung/Verkauf von Afrikanern durch ihre Häuptlinge auszusprechen wagt. Es wird ihm übelgenommen, dass er die schwarzen Profiteure der Nachkolonialzeit benennt. In einem Interview mit dem französischen kommunistischen Parteiorgan L’Humanité sagte er am 15. Mai 2004: „In vierzig Jahren seit der Befreiung (vom Kolonialismus) haben wir mehr Afrikaner getötet als durch den Sklavenhandel getötet wurden.“ („En plus de quarante ans d’indépendance au Sénégal, nous avons tué plus d’Africains que depuis le début de l’esclavage.) Das konnte keinem der neureichen Regime in Afrika gefallen.

Er gilt als Pionier und eigentlicher Begründer des Films südlich der Sahara. Er wurde zum wichtigsten Autorenfilmer in Afrika. Seine Filme wurden in Europa, den USA, Osteuropa, jedoch kaum in afrikanischen Kinos und im TV gezeigt. Sie sind jedoch in Frankreich auf DVD erhältlich. Seine Filme zeigen das Alltagsleben, und er hielt bis ins hohe Alter (er ist 2007 gestorben) an der Kritik an den Macht- und Einkommenseliten, die kein Interesse am Schicksal ihrer Völker haben, fest.

Sein letzter Film „Moolaade“ wurde 2004 in Cannes uraufgeführt und mit dem Preis „Certain Regard“ ausgezeichnet. Es geht um eine Frau, die die Mädchen des Dorfes vor genitaler Verstümmelung schützt und um Meinungsfreiheit. In Cannes sagte er anlässlich der Vorführung seines Films:“ Der Gesellschaftskampf gleicht in seiner Härte dem Tod. Doch in Afrika sterben so viele, da kommt es auf einen Toten mehr oder weniger nicht an. Es lohnt sich zu kämpfen, denn Afrika ist im Umbruch. Und für das neue Afrika sind wir die einzig Verantwortlichen.“ (*Volker Seitz)

*Volker Seitz war von 1965 bis 2008 für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“ (dtv).  Inzwischen liegt das Buch aktualisiert und erweitert in elfter Auflage vor.