Verfassungsputsch und Wahlen in Togo

Verfassungsputsch und Wahlen in Togo
Foto: ia

– Mit einem „Verfassungsputsch“ umgeht Präsident Faure Gnassingbé (Foto) die Beschränkung auf zwei Mandatsperioden
– Demonstrationen sowie eine unabhängige Wahlbeobachtung wurden unterbunden
– Die Opposition fordert eine Rücknahme der neu beschlossenen Verfassung sowie die Achtung demokratischer Grundrechte und Freiheiten

Am Montag, dem 29. April, fanden in Togo Parlamentswahlen statt. Im Vorfeld wurde eine neue Verfassung beschlossen, die das Land in eine fünfte Republik führen soll. Die entscheidende Änderung besteht in der Transformation von einer Präsidial-Demokratie, in der der Präsident direkt vom Volk gewählt wird und die exekutive Macht innehat, zu einer parlamentarischen Demokratie. Insofern ist nach der neuen Verfassung die staatliche Macht in den Händen der neu geschaffenen Position des Premierministers konzentriert. Dieser kann unbegrenzt wiedergewählt werden, was es Präsident Faure Gnassingbé erlaubt, die verfassungsrechtliche Beschränkung der präsidialen Macht auf zwei Wahlperioden zu umgehen.

Diese weitreichende Änderung der staatlichen Institutionen wurde am Abend des 25. März in einer buchstäblichen „Nacht-und-Nebel-Aktion“ mit einer Enthaltung und einer Gegenstimme vom Parlament beschlossen – ohne vorherige öffentliche Debatte. Eine für den 27. März angesetzte Pressekonferenz der Opposition wurde von staatlichen Sicherheitskräften aufgelöst, konnte jedoch später an einem anderen Ort stattfinden. Die Opposition sowie zivilgesellschaftliche Gruppen verurteilten das Vorgehen der Regierung als „Verfassungsputsch“ und kündigten Demonstrationen für den 11. bis 13. April an. Diese wurden unter dem Vorwand der „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ zunächst verboten und schließlich unterbunden. Zugleich führte die Regierungspartei UNIR mehrere Informationsveranstaltungen mit ausgesuchtem Publikum im Land durch und verschob die ursprünglich für den 20. April vorgesehen Wahlen auf den 29. April. Schließlich wurde die neue Verfassung am 19. April 2024 in zweiter Lesung endgültig verabschiedet.

Mit den nun stattfindenden Parlamentswahlen stehen Oppositionsparteien vor der paradoxen Situation, sich an den Wahlen für die Nationalversammlung einer „Fünften Republik“ zu beteiligen, die sie eigentlich ablehnen. Bei vergangenen Wahlen wurden immer wieder Unregelmäßigkeiten und Fälle von Wahlmanipulation dokumentiert. Damit ist auch dieses Mal zu rechnen. Am 12. April untersagte die Wahlkommission CENI die vorgesehene unabhängige Wahlbeobachtung der katholischen Kirche mit dem Argument einer fehlenden Finanzierung – ungeachtet der Tatsache, dass diese von Ehrenamtlichen durchgeführt werden sollte. Die staatliche Medienaufsicht HAAC gab am 15. April bekannt, die Ausstellung von Akkreditierungen für ausländischer Journalist*innen vorübergehend auszusetzen. Hintergrund ist die Festnahme des französischen Journalisten Thomas Dietrich. Dieser hatte für das Online-Portal Afrique XXI über die neue Verfassung berichtet und in einem auf sozialen Medien veröffentlichten Video Togo als Diktatur bezeichnet. Laut einer Stellungnahme von Reporter ohne Grenzen wurde er „brutal misshandelt“, zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt und schließlich des Landes verwiesen.

Togo wird seit 1967 von der Familie Gnassingbé regiert. Faure Gnassingbé übernahm die Macht 2005 von seinem Vater Gnassingbé Eyadéma. Dem folgten Proteste, bei denen über 800 Demonstrant*innen getötet wurden. Auf erneute Massenproteste 2017/18 reagierte die Regierung mit politischer Repression – bis heute sind über 100 Personen als politische Gefangene inhaftiert. Seit der Einführung eines neuen Versammlungsgesetzes im August 2019 gab es so gut wie keine Demonstrationen mehr in Togo. Nach einem Boykott der Wahlen 2019 sind fast ausschließlich Abgeordnete der Regierungspartei UNIR im Parlament vertreten. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International dokumentieren eine Verschlechterung der Achtung fundamentaler Menschen- bzw. Grundrechte sowie Fälle von Folter inhaftierter Oppositioneller. Gleichwohl besteht seit Juni 2021 eine sogenannte „Reformpartnerschaft“ zwischen Deutschland und Togo.

Afrique-Europe-Interact hat die engen Beziehungen der Bundesregierung zu Togo im Rahmen der wirtschaftlichen und Entwicklungszusammenarbeit bei gleichzeitiger Missachtung von Demokratie und Menschenrechten wiederholt kritisiert – so wurde im September 2022 eine 4-seitige Beilage in der Tageszeitung „taz“ veröffentlicht, in der insbesondere auf die Repression im Zuge der oben erwähnten Massenproteste 2017/18 eingegangen wurde. (PM afrique-europe-interact)