Volker Seitz*: Lichtblick in Liberia?

Volker Seitz*: Lichtblick in Liberia?
Joseph Boakai

Ein friedlicher Machtwechsel nach einer geordneten Wahl ist in Afrika nicht selbstverständlich. Im kleinen westafrikanischen Liberia ist er gelungen: In der Stichwahl setzte sich in dem 5,3-Millionen-Einwohner-Staat mit einem Vorsprung von 20.500 Stimmen knapp der Oppositionskandidat und frühere Vizepräsident Joseph Boakai (Foto) durch.

Subsahara-Afrika gilt immer noch als Problemfall unter den Weltregionen. Schlagzeilen über Militärputsche (allein seit 2020 kam es in West- und Zentralafrika sowie dem Sudan zu neun gewaltsamen Machtwechseln), Korruption, Wahlfälschungen und Krankheiten bestimmen das mediale Bild. Langzeitdemokratien wie Botswana (über 50 Jahre Frieden) und Mauritius sind keine Schlagzeile wert.

Umso mehr freut es mich, wenn es positive Ereignisse von dem geschundenen Kontinent zu berichten gibt: Der frühere Weltfußballer und amtierende Präsident von Liberia, George Weah, hat Größe gezeigt und verantwortungsvoll seine Wahlniederlage eingestanden. Friedliche Machtwechsel nach einem knappen Wahlausgang wie jetzt in Liberia sind in anderen Ländern wie z.B. Uganda und Kamerun undenkbar.

In einer Wahl-Autokratie wie Kamerun – ein Land, das ich gut kenne – ist die Bereitschaft, eine Niederlage bei demokratischen Entscheidungen hinzunehmen, nicht weit entwickelt. Der vorzeitige Abtritt des greisen Präsidenten Paul Biya (90 Jahre alt und seit 1982 an der Macht) wird ausgeschlossen. Der letzte Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl 2018, Maurice Kamto (69), wurde wegen „Aufruhr und Beleidigung des Präsidenten“ angeklagt. Nach seiner Inhaftierung wurde er unter Hausarrest gestellt. Biya verteidigt wie auch der Präsident von Uganda, Yoweri Museveni (79 und regiert seit 1986), seine Machtposition mit allen Mitteln.

Der neu gewählte Präsident von Liberia, Joseph Boakai (78) wird sein Amt im Januar 2024 antreten. Er war bereits unter der Vorgängerin von George Weah, Ellen Johnson Sirleaf, 12 Jahre lang Vizepräsident und kandidierte 2017 erstmals gegen Weah.

In einem BBC-Interview kündigte Boakai einen kompromisslosen Kampf gegen die Korruption an. Das sagt zwar jeder Politiker in Afrika, aber Boakai gilt in seinem Land als integer. Auch wolle er in den ersten hundert Tagen seiner Amtszeit sicherstellen, dass kein Auto mehr im Schlamm steckenbleibe. (Große Teile des Straßennetzes in Liberia sind in einem desolaten Zustand). Die landwirtschaftliche Produktion müsse erhöht werden und die Lebensmittelpreise müssten sinken. (Aus früheren Tätigkeiten gilt er als Agrarexperte.) Es wäre dem Land und seiner Bevölkerung zu wünschen, dass es einen Neuanfang bekommt.

„Schaun mer mal, dann sehn mer scho.“

(Quelle: achgut.com, mit freundlicher Genehmigung des Autors *Volker Seitz, Botschafter a.D., Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 11. Auflage 2021)