Weltweit werden noch immer rund 250.000 Kinder zum Kampf mit der Waffe gezwungen. Darunter sind auch viele weibliche Kindersoldaten. Ihre Reintegration in ein ziviles Leben gestaltet sich als besondere Herausforderung, da sie oft doppelt stigmatisiert sind. Darauf macht die internationale Hilfsorganisation World Vision zum Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten aufmerksam.
Die Kinderhilfsorganisation bietet ehemaligen Kindersoldaten und -Soldatinnen in der DR Kongo und im Südsudan Programme unter dem Namen „Rebound“ an, die ihnen den Start in ein ziviles Leben ermöglichen. Das Projekt im Südsudan begann Anfang 2019, im Kongo läuft „Rebound“ seit 10 Jahren. „Rebound“ hat World Vision zusammen mit Wolfgang Niedecken, dem Sänger der Band BAP, gegründet. Niedecken: „Gerade das besondere Schicksal von Kindersoldatinnen wird oft vergessen. Ich bin selbst Vater von zwei Töchtern und habe bei meinen Besuchen der Rebound Projekte immer wieder festgestellt, wie sehr mich die Geschichten der Mädchen und Frauen erschüttern. Ihnen muss in besonderer Weise geholfen werden.“
Ekkehard Forberg, Friedensexperte bei World Vision erklärt: „Im Kongo haben wir die Erfahrung gemacht, dass Kindersoldatinnen vor besonderen Herausforderungen stehen, wenn sie zurück in ein Leben ohne Krieg und Gewalt wollen.“ Und weiter: „Fast alle der rekrutierten Mädchen und jungen Frauen wurden in ihrer Zeit bei den Milizen vergewaltigt und mussten als Sexsklavinnen dienen. Das stigmatisiert sie in den Augen der Bevölkerung doppelt, als Kämpferinnen und als missbrauchte Frauen.“
In den „Rebound“-Projekten wird in der psychologischen Betreuung deshalb besonders auf Schuldkomplexe und Schamgefühle der Frauen und Mädchen eingegangen. Jede Dritte von Ihnen benötigt zudem medizinische Betreuung, da sie während ihrer Zeit bei den Milizen oder als Zwangsprostituierte in den Bordellen des Ostkongo schwanger geworden sind. Damit sie auch als junge Mütter die „Rebound-Programme durchlaufen können, bietet World Vision tagsüber eine Kinderbetreuung an. Die Betreuerinnen – erfahrene Mütter aus der Region – geben den Teilnehmerinnen zudem Ratschläge für die Kindererziehung und Pflege.
Ein weiterer Baustein für die Reintegration von Kindersoldatinnen ist die Unterbringung in Gastfamilien. Viele der ehemaligen Kämpferinnen wurden von ihren Familien verstoßen oder haben ihre Eltern in Kämpfen verloren. Auch die damals 16jährige Adija hatte keinen Kontakt mehr zu Verwandten, als sie, schwanger und krank, in das „Rebound“-Zentrum im Osten des Kongos flüchtete. „Hier habe ich tatsächlich eine neue Heimat gefunden“, sagt Adija. „Und ich kann bei „Rebound“ eine Ausbildung zur Schneiderin machen.“
Neben der psychologischen Hilfe sind schulische und berufliche Ausbildungen Schwerpunkte des „Rebound“-Projektes. Bislang konnten rund 2.000 Kinder und Jugendliche in den Projekten ausgebildet werden, in Berufen, die in der Region gefragt und mit wenig finanziellen Mitteln umsetzbar sind. Ekkehard Forberg: „Als berufstätige Mitglieder der Gemeinschaft erfahren die Absolventinnen dann auch Anerkennung und Respekt in ihrem Umfeld. Das hilft, Stigmatisierungen abzubauen und es verändert auch das traditionelle Rollenverständnis in der Region.“
So ergreifen immer mehr der Absolventen und Absolventinnen für sie untypische Berufe. Unter den Teilnehmenden des aktuellen Jahrgangs befinden sich zum Beispiel kommende Motorradmechanikerinnen und sieben Friseurinnen. (World Vision)