Algier, im Juni 1940: Während Frankreich kurz vor dem militärischen Aus stand und die Pariser Bevölkerung vor der vorrückenden deutschen Wehrmacht floh, blieb die algerische Hauptstadt von Luftangriffen und deutscher Besatzung verschont. Das von Frankreich beherrschte Algerien schloss sich vom Sommer 1940 bis zum Sommer 1943 mit großer Begeisterung der vom Vichy-Regime unter Marschall Philippe Pétain propagierten „Révolution nationale“ an.
Dieses Frankreich sollte General Maxime Weygand repräsentieren, während des deutschen Vormarschs Oberbefehlshaber der französischen Armee, dann Verteidigungsminister unter Pétain. Anfang Oktober 1940 wurde er zum obersten Vertreter der Pétain-Regierung in Nordafrika ernannt. Er sollte die Politik von Vichy umsetzen, angefangen bei der strengen Anwendung des sogenannten „Judenstatuts“, dem in Algerien die Aufhebung des Décret Crémieux vorausging. 1870 hatte dieses Gesetz, benannt nach Adolphe Crémieux, die algerischen „eingeborenen Israeliten“, wie es hieß, zu französischen Staatsbürgern erklärt.
Durch die Aufhebung wurden die Juden aus der Armee und von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen: Lehrer, Richter, aber auch Journalisten und Filmschaffende. Neue Gesetze legten Quoten für Ärzte und Rechtsanwälte fest. 3.500 jüdische Beamte wurden entlassen. Auch jüdische Schüler und Studenten waren von erniedrigenden und diskriminierenden Maßnahmen betroffen.
Immer wieder wurden Aktionen „zur Säuberung der nationalen Gemeinschaft“ gefordert. Nach der erbarmungslosen Logik, Juden vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen, organisierte Algier – genau wie die Vichy-Regierung – die Beschlagnahmung und „Arisierung“ von Unternehmen, Vermögen und Wertgegenständen der Juden.
Zudem errichtete die Vichy-Regierung mehrere Konzentrationslager in Algerien. In Bedeau, südlich von Sidi Bel Abbès, wurden die ersten jüdischen Zwangsarbeiter interniert. Nach der Landung der Amerikaner im November 1942 erwarteten viele die Abschaffung des sogenannten „Judenstatuts“, doch dies geschah zunächst nicht. Erst knapp ein Jahr später, im Oktober 1943, annullierte Charles de Gaulle schließlich die Abschaffung des Crémieux-Dekrets. Gegen den hartnäckigen Widerstand seitens der europäischen Bevölkerung, die weiterhin auf ihren Privilegien beharrte.
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