Bereit zum Abflug: Britisches Oberhaus verabschiedet Rishi Sunaks Ruanda-Gesetz

Bereit zum Abflug: Britisches Oberhaus verabschiedet Rishi Sunaks Ruanda-Gesetz

Er hat es geschafft: seine Pläne können durchgeführt werden. „Wir sind bereit. Kein ausländisches Gericht wird uns daran hindern, die Flüge zu starten,“ schreibt Suniak stolz auf X.

Nach endlosem Gerangel mussten sich gestern am späten Abend die Abgeordneten, die gegen das Gesetz sind bzw. es abändern wollten, geschlagen geben. Die Kapitulation erfolgte nach fünf Runden „Ping-Pong“ im Parlament, in denen die Vorschläge zwischen den Kammern hin- und hergeschoben und Änderungsanträge abgelehnt wurden.

Die letzte verbleibende Änderung sah vor, dass eine unabhängige Überwachungskommission den afrikanischen Staat für sicher erklären sollte, bevor Migranten dorthin geschickt werden könnten. Auch diese Forderung wurde in letzter Instanz gestrichen.

Die Aufmerksamkeit richtet sich nun darauf, ob Rishi Sunak sein „Versprechen“ einhalten kann, die ersten Abschiebeflüge bis Juli durchzuführen.

„Deals wie mit Ruanda haben gravierende Konsequenzen“, schreibt dazu PRO Asyl.

PRO ASYL verurteilt Versuche der Auslagerung des Flüchtlingsschutzes wie den der britischen Regierung als Verstoß gegen die internationale Verantwortungsteilung, der sich Staaten mit der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet haben. In der Praxis führen solche Deals regelmäßig zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen, wie etwa Abschiebungen trotz drohender Gefahren für Leib und Leben („refoulement“ genannt) oder auch willkürliche Inhaftierungen. In England zeigt sich zudem, welche negativen Auswirkungen solche Politikansätze bereits heute haben – selbst wenn noch keine einzige Person nach Ruanda abgeschoben wurde:

•         Seit einer Gesetzesänderung 2023 ist das britische Innenministerium verpflichtet, Asylanträge als unzulässig abzulehnen, da andere Länder für die in England ankommenden Schutzsuchenden sicher seien. Das führt dazu, dass Tausenden Menschen der Schutz verweigert werden wird, obwohl sie absehbar nie nach Ruanda abgeschoben werden können. Die Zahl nicht bearbeiteter Asylanträge ist seit 2020 – dem Start der Ruanda-Politik – stark gestiegen. Amnesty International spricht deswegen auch davon, dass die britische Regierung mit ihrem Plan schon jetzt das englische Asylsystem ruiniert habe.

•         Neben den menschenrechtlichen Gründen gegen die Abschiebungen gibt es auch ganz praktische Gründe, warum der Plan scheitern wird: Laut Medienberichten kann Ruanda aktuell nur circa 300 Personen pro Jahr aufnehmen. Das sind weniger als 0,5 Prozent der Menschen, die 2023 in England um Asyl nachgesucht haben. Für die britischen Aufnahmestrukturen wird der Deal also keinen spürbaren Unterschied machen.

•         Gleichzeitig sind die Kosten für die Zusammenarbeit mit Ruanda und die Abschiebungen enorm: Laut des nationalen Rechnungshofs würde England die Umsetzung des Deals über eine halbe Milliarde Euro kosten. Selbst wenn niemand abgeschoben werden sollte, hat die britische Regierung Ruanda die Zahlung von über 430 Millionen Euro versprochen.

•         Die Angst davor, nach Ruanda abgeschoben zu werden, hat schon jetzt einen massiven Einfluss auf die psychische Gesundheit von schutzsuchenden Menschen im Vereinigten Königreich. Seit 2020 gab es doppelt so viele Suizide von Asylsuchenden in Flüchtlingsunterkünften, als in den vier Jahren zuvor.

•         Laut dem britischen Refugee Council führt die Angst vor Abschiebungen nach Ruanda dazu, dass Schutzsuchende versuchen auf noch gefährlicheren Wegen nach England zu kommen, um nicht von den Behörden entdeckt zu werden. Statt Asyl zu beantragen, leben sie in der Illegalität, um nicht inhaftiert und abgeschoben zu werden. So meiden Geflüchtete bereits jetzt den Kontakt zu lebenswichtigen gesetzlichen Dienstleistungen und selbst zu Wohltätigkeitsorganisationen. Damit steigt die Gefahr von Missbrauch und Ausbeutung“.